Korsar meiner Träume
Alicia sich nicht bereits drei Stunden später vor Krämpfen gekrümmt hatte.
Nate hatte Vincent zur Hebamme geschickt, bei der Alicia gewesen war, aber als die beiden zurückkamen, war Nate in Schweiß gebadet, und Alicia war gesund und hielt ihren Sohn im Arm. Es war etwas, was Nate nie wiederholen wollte. Er konnte von Glück sagen, es überhaupt durchgestanden zu haben.
Als Nate sich nun daran erinnerte, wie seine Beine gezittert und sein Herz sich schier überschlagen hatte, als ihm der Säugling in die wartenden Hände rutschte, da stellte er den Anker wieder ab. Ein Anker. Alicia hatte gesagt, an jenem Tag sei er wie ein Anker für sie gewesen.
Er hatte einst geglaubt, auch für Claire ein Anker zu sein, als sie die Hoffnung aufgegeben hatte, dass ihr Vater jemals zurückkommen würde, um sie zu holen. Wenigstens hatte Nate geglaubt, dass es so war. Er hatte ganz gewiss alles getan, was er konnte, um es zu beweisen. Und doch war es nicht genug gewesen. Sie hatte ihm nicht genügend vertraut, nicht genug an ihn geglaubt, um zu warten.
»Blake hat verdammtes Glück«, murmelte er, als er in seinen Mantel schlüpfte.
Irgendjemand beobachtete sie.
Claire schreckte aus dem Schlaf hoch, ihr Herz raste. Sie griff nach dem Messer in ihrem Stiefel, während sie sich kerzengerade aufrichtete. Augenblicklich wurde sie gebremst, da ihr Kopf gegen etwas Hartes schlug.
»Aua!«
Was zum Teufel?, dachte sie, als ihr Sternchen die Sicht raubten.
»Ruhig, ich bin es nur.«
Als sich der letzte Rest des Schlafes verflüchtigte, begann Claires Verstand ordentlich zu funktionieren, und ihre Umgebung wurde ihr bald schmerzhaft bewusst. Sie war an Deck, und das war Nates Stimme neben ihrem Ellenbogen, und ihre Kleider und die Decke waren kalt und nass. Sie hob die Hand, spürte die Wölbung von nassem Holz. Das Rettungsboot.
»Was hattest du da vor, sollte ich mir den Kopf am Rettungsboot aufschlagen?«, fragte sie, als sie sich auf einen Ellenbogen stützte und darauf wartete, dass die weißen Sternchen aus ihrem Blickfeld verschwanden.
»Es regnet. Du musst aus der Nässe heraus.«
Weil es nicht das erste Mal war, dass sie während eines Regens geschlafen hatte, überraschte es Claire nicht, dass es wieder passiert war. Das jahrelange Schlafen im Wald hatte sie, trotz der ungehobelt zusammengebauten Unterschlüpfe, daran gewöhnt, auch unter solchen Umständen zu schlafen.
»Es geht mir gut, Nate.«
»Nein, tut es nicht. Der Wind wird stärker, du wirst krank werden. Geh und trockne dich in meiner Kabine ab.«
Sein Befehlston empörte sie.
»Der Regen macht mir nichts aus, und falls es mir zu kalt wird, werde ich zur Mannschaft unter Deck gehen.«
Er atmete scharf ein.
»Wie willst du denn vor der Mannschaft deine nassen Sachen ausziehen?«
Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen.
»Ich habe nicht die Absicht, nackt vor deinen Männern herumzuspazieren.«
»Claire«, seufzte er, »willst du wirklich eine Erkältung riskieren, während wir nach dem Schatz suchen?«
Der Wind wurde in diesem Moment stärker, so als ob er Nates Argument unterstreichen wollte. Er raste quer über das Deck und peitschte ihr ins Gesicht. Die See spie aus, das Schiff schwankte hin und her.
»Ich kann hier helfen«, antwortete sie, als sie unter dem Boot hervorkroch.
Er griff nach ihr und runzelte die Stirn, als sich seine Finger um ihren nassen Arm legten. Er musste seine Stimme wegen des Windes erheben.
»Hier muss nicht viel getan werden. Ich habe ein paar Männer geweckt, und wir haben bereits Segel gesetzt. Wir können jetzt nur noch abwarten.«
Sein Blick ruhte einige schier endlos lang erscheinende Augenblicke auf ihr.
»Bitte«, fügte er hinzu.
Es war das »Bitte«, das den Ausschlag gab. Und vielleicht die Tatsache, dass sie zu zittern begonnen hatte. Sie nickte und wurde durch ein Lächeln belohnt, das sie von innen her erwärmte. Er führte sie zur Luke und öffnete sie für sie. Sie wünschte ihm gute Nacht und stieg hinab in seine Kajüte und bemerkte erst drinnen, dass er ihr gefolgt war.
»Was -«
»Ich zünde bloß die Kerzen an, Claire.«
Schon bald roch es ein wenig nach Rauch, und die Kerzen tauchten den Raum in ein weiches Licht. Er schob etwas schmutziges Geschirr, die Tinte, eine Schreibfeder und das Pergament in eine Ecke des Tisches. Dann sah er sie an.
Claire konnte nicht übersehen, wie attraktiv er aussah, jetzt, da Regentropfen auf seinem dunklen Haar glitzerten. Obwohl es nichts mit der
Weitere Kostenlose Bücher