KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef
verzerrt und wie erloschen. Seine Rettung war mißglückt, seine letzte Hoffnung zerschlagen.
»Jetzt könnt ihr von mir wissen, was ihr wollt«, sagte er heiser.
»Ach, halt dein Maul«, knurrte Neville.
»Was hilft es, Neville«, sagte ich. »Es ist nichts mehr zu ändern.« Da rafften wir uns auf und gingen hinunter.
Die Cops überschwemmten jetzt das ganze Haus und kamen uns auf der Treppe entgegen. Überall lagen Waffen herum. Wände und Boden zeigten Kugelspuren. Der Mann, den Neville erwischt hatte, als er zu uns heraufkommen wollte, lag auf halber Treppenhöhe, der den ich gleich zu Anfang erwischt hatte, am Ende des Ganges.
Durch die aufgebrochene und von Kugeln zersplitterte Tür betraten wir Mr. Highs Büro. Vorn lag ein dritter Verbrecher mit einem glatten Kopfschuß.
Hinter dem umgestürzten Schreibtisch fanden wir Phil mit einer schweren Brustwunde, aber als ich bei ihm niederkniete, regte er sich ein wenig. Er lebte noch.
Ich flößte ihm einen Schluck Kognak ein, der für solche Zwecke immer in dem Erste-Hilfe-Schrank bereitstand. Er öffnet schwach die Augen.
»Wo ist Mr. High?« flüsterte er.
Ja, wo war unser Chef? Ich hatte keine Hoffnung.
»Nicht da, Phil«, sagte ich traurig.
Er schüttelte kaum merklich den Kopf. »Schleppten ihn mit.« Dann sackte er wieder zusammen und wurde ohnmächtig.
Neville saß auf einem Stuhl und hielt den Kopf in die Hände gestützt. »So ein Pech«, stöhnte er ein über das andere Mal, »so ein verfluchtes Pech.«
Ich rüttelte ihn an der Schulter. »He, Neville, sie haben Mr. High mitgeschleppt.«
»Na und?« schnauzte er.
»Wenn sie ihn mitgenommen haben, dann lebt er noch.«
Endlich begriff er. Wir jagten aus dem Büro in die Fernsprechzentrale, die mit dem Raum des Bereitschaftsdienstes verbunden war. Lesling, der Führer der Bereitschaftstrupps, stellte sich uns in den Weg. »Neville, wir konnten nichts machen…«, begann er, aber Neville schob ihn zur Seite. Er schaltete die Rundspruchanlage ein.
»FBI-Präsident! FBI-Präsident!« gab er das Stichwort. »An alle Polizeistationen. An alle Polizeistationen. Überfall auf das Gebäude des FBI, durchgeführt von Gangstern in…« Er sah mich fragend an. Ich zeigte ihm eine Sechs mit den Fingern. »… sechs Wagen. Sperrt alle Ausfallstraßen New Yorks. Kontrolliert alle Fahrzeuge. Vorsicht! Bande ist schwer bewaffnet! Entführt wurde der Chef des FBI, John D. High.« Er gab eine Personalbeschreibung durch. »Schnellste Mitteilungen an FBI-Hauptquartier«, schloß er.
Er stellte das Mikrofon zurück.
»Vielleicht hilft es«, sagte er leise und inbrünstig.
Langsam bekamen wir ein Bild, wie sich der Überfall abgespielt hatte. Lesling berichtete, daß er und seine Leute beim ersten Geräusch aus der Tür hätten stürmen wollen, . aber Garben aus Maschinenpistolen hätten sie zurückgetrieben. Sie saßen in ihrem Raum wie die Maus in der Falle. Als sie aus den Fenstern wollten, waren sie von der Straße her unter Feuer genommen worden. Die zersplitterten Fensterscheiben bewiesen es.
»Es müssen wenigstens zwanzig Mann gewesen sein«, sagte er.
In Mr. Highs Büro bemühte sich ein Arzt, der mit den Cops eingetroffen war, um Phil. Er untersuchte und verband ihn.
»Er wird durchkommen«, sagte er, und das war uns ein großer Trost.
Ein Krankenwagen war inzwischen herbeigerufen worden. Vorsichtig wurde Phil auf eine Trage gelegt und hinuntergetragen. Ich begleitete ihn bis zum Auto.
Jim Pickford wurde bewacht wie ein sowjetischer Ministerpräsident, als man ihn ins Untersuchungsgefängnis zurückbrachte. Wir achteten sorgfältig darauf, daß er nichts von Mr. Highs Entführung erfuhr. Das hätte seine Bereitwilligkeit zu einem Geständnis sicherlich wieder umgestoßen.
Neville und ich verlegten unseren Aufenthalt in die Zentrale beziehungsweise in den Bereitschaftsraum.
Lesling hatte inzwischen die dienstfreien G-men alarmiert. Einer nach dem anderen kamen sie an. Die Zunge hing ihnen aus dem Hals.
»Zum Teufel mit euch!« schrie Neville. »Jetzt, wo der ganze Zauber vorbei ist, kommt ihr. Wenn es knallt, seid ihr nicht da.« Vor lauter Sorge um seinen Chef war der gute Neville ungerecht.
Ich dachte über die ganze Sache nach. Mein Gefühl hatte mich also nicht betrogen. Die sorgsamen Beobachtungen unseres Hauptquartiers galten nicht mir, sondern der Ausspähung einer Gelegenheit, Pickford zu befreien. Wahrscheinlich hatten sie schon die Absicht gehabt, bei dem Lokaltermin über uns
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