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KR114 - Ich und der Mord im Jazz

KR114 - Ich und der Mord im Jazz

Titel: KR114 - Ich und der Mord im Jazz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich und der Mord im Jazz
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zu mir etwas Ähnliches gesagt, und es war sogar in gewisser Weise begründet. Gestern war Wiely wieder betrunken. Nun, er ist tot, und ich will nicht mehr sagen, als daß er einen höchst undisziplinierten Lebenswandel führte. Er gefährdete damit allmählich unser Auftreten. Außerdem hielt ich es für ein gutes Werk, ihm einmal ganz ernsthaft ins Gewissen zu reden. Ich ging nach der Vorstellung in seine Garderobe, die auf der anderen Seite liegt…«
    Ich nickte. »Ich weiß.«
    Sie sah mich erstaunt an und fuhr fort: »… Und hielt ihm eine freundschaftliche Predigt. Möglich, daß ich sagte, er sei doch an sich ein so netter Kerl, und es sei schade um ihn, wenn er so weitermache. Ich merkte schließlich, daß er meine Bemühungen mißverstand und — betrunken, wie er war — sich mir in…« sie zog die Brauen zusammen, »… plumper Weise zu nähern versuchte. Ich gab ihm eine Ohrfeige. Er lachte. Ich resignierte und ging. Er folgte mir bis auf die Straße. Dort spielte sich dann das ab, was Tonio Danti und dieser… Piresh…«
    »Parish!«
    »Was also Tonio Danti und Piresh schilderten.«
    »Was ist mit diesem Danti? Er ist rasend verliebt in Sie, eine Tatsache, die ich… durchaus verständlich finde, denn ich…«
    Sie sah mich an und fragte: »Ja?«
    »Ich…«
    Ich räusperte mich und fuhr fort: »Ich frage mich, ob er es getan hat?«
    Sie blickte mich an und schien nicht gehört zu haben, was ich gesagt hatte.
    Ich räusperte mich noch einmal und sagte: »Das ist Blödsinn, natürlich hat er es getan. Ich wollte auch ganz etwas anderes sagen.«
    »Ja?«
    »Gehen wir erst einmal«, schlug ich vor.
    Sie hatte dunkelblondes Haar, graue Augen, sie… Ich habe das wohl schon einmal gesagt, und es ist ja auch nichts sonderlich Erwähnenswertes, aber ich habe nur einmal ein solches Haar gesehen, und ich habe nur einmal solche grauen Augen gesehen, und ich habe nur einmal eine solche Frau gesehen.
    Ich schloß ihre Garderobentür und trat auf sie zu.
    Später gingen wir dann aber doch noch. Der Abend mit ihr ließ all das vergessen, was vorher geschehen war.
    Ich erinnere mich an eine italienische Weinstube, in der wir saßen und lachten und Spaghetti zu essen versuchten und wieder lachten.
    Und ich erinnere mich an eine Tanzbar auf dem Dach eines Hochhauses.
    Wir waren an die Brüstung getreten.
    Gedämpft klang aus dem Dachpavillon die Tanzmusik.
    Kein Mensch außer uns draußen. Wir hatten immerhin Dezember.
    Wir nahmen keine Notiz von der Kälte, wir nahmen keine Notiz von dem weitgestreckten lichtflimmernden Rund New Yorks, wir nahmen keine Notiz von der kühn und elegant über den Hudson gespannten Brooklyn Bridge, wir nahmen ganz sentimental Notiz von den Sternen über uns.
    »Sing dieses Lied, Dorothy!« sagte ich. Sie hatten im Tanzpavillon Dorothys Schlager intoniert.
    Sie sang die zweite Strophe von »Wait and See«.
    »My heart will still be true, when stars on high have flickered out like candles in the sky.«
    Mir fiel Phil ein, der sich in diesem Augenblick bestimmt wieder an einen Film mit einer besonders kritischen Szene erinnert hätte.
    Aber mir waren Phil, Film und alles außer ihr im Augenblick egal.
    Man kann nicht immer darauf achten, ob die Situation, in der man sich befindet, besonders originell ist.
    Vielleicht hört die Sentimentalität da auf, wo man anfängt, wirklich glücklich zu sein.
    Und glücklich war ich.
    ***
    Wir fuhren schnell vor Mantegnas Villa vor, und wir gingen schnell durch das offenstehende Tor auf das Haus zu.
    Mr. High, Peters, der Steuerfahnder, und ich hatten im ersten Wagen gesessen.
    Hinter uns kamen noch vier von unseren Leuten.
    Mantegna war überraschenderweise zu Hause.
    Er kam uns im Morgenmantel entgegen und machte auf, wohlgelaunt und frisch rasiert.
    Er stank zehn Meter gegen den Wind nach einem aufdringlichen Rasierwasser oder nach irgendeinem Haarpflegemittel.
    Hinter ihm kam, Zigarette im Mund, ein mittelgroßer Mann mit Stirnglatze und Schnurrbart.
    Als er mich sah, wollte er kehrtmachen.
    »Bleiben Sie doch ein wenig!« bat ich ihn.
    »Zwei Polizisten hätte ich noch als Höflichkeitsbesuch verstehen können, aber nun gleich sieben! Was wollen Sie, meine Herren?«
    Mr. High wies Mantegna ein Papier vor: »Sie sind im Besitz einer Waffe, Mr. Mantegna?«
    Der Brasilianer blickte mich an und sagte: »Ja, Mr. Cotton hat Sie durchaus richtig unterrichtet.«
    »Was machen Ihre beiden Einbrecher?« fragte ich. »Sind Sie wieder gesund?« Mantegna

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