KR156 - Ich entlarvte das Hollywood-Gespenst
Kollegen aus Washington patente Burschen. Sie hießen Asmund Cruis und Robert Wygand. Erst dachten sie, sie hätten uns einen Job weggeschnappt, und waren ein wenig verlegen, aber wir brachten das in der Kantine in Ordnung.
Ich muß gestehen, im Grunde interessierte mich die Filmerei nicht mehr besonders. Ich war mit allen Gedanken bei dem echten Theater, das ich aufzuführen begonnen hatte, und viel mehr als die Tatsache, ob Robert Wygand dem Filmgangster Coole sachgerecht eine reinhaute, beschäftigte es mich, was sich heute abend in der Fox Bar zutragen würde.
Auch der längste Aufnahmetag geht einmal vorbei. Es hätte nahegelegen, die Kollegen Cruis und Wygand über die bevorstehenden Ereignisse zu informieren, aber ich rechnete nicht damit, daß es gleich am ersten Abend eine Schießerei geben würde. Wahrscheinlich würde Purson mit seiner Meute erscheinen, um uns nachdrücklich zu warnen.
Wir gingen trotz unserer Spannung nicht zu früh in die Fox Bar. Wir kamen erst gegen elf Uhr, und wir betraten das Lokal in der Haltung von Leuten, die sich ihrer Sache ganz sicher sind. Schon von der Tür aus sah ich mich um. Ich entdeckte sofort Berry an der Bar, aber ich konnte keine Nasenspitze von Purson, Casturio, Mator oder Kanzeck finden.
Wir schlenderten also zur Bar und nahmen je einen Hocker links und rechts von Berry, so daß wir ihn in der Mitte hatten.
»’n Abend«, sagte ich freundlich.
Ich sah, wie sein Schnurrbärtchen zuckte. Er zwinkerte nervös mit den Augenbrauen. Er tat mir leid. Sicherlich ruinierte ich seine Nerven.
»Guten Abend«, flüsterte er dünn.
Bei der Bardame bestellte ich mir einen Whisky, und erst als ich mir die Hälfte davon einverleibt hatte, fragte ich: »Na?«
Ich hatte mich schon gewundert, daß Berry überhaupt anwesend war, und ich rechnete jetzt mit irgendeiner faulen Ausrede, aber ich fiel fast vom Hocker, als er mir über den Bartisch hinweg ein Kuvert zuschob. Ich brachte mühsam die Haltung auf, den Umschlag anzunehmen und lässig in die Tasche zu stecken, als wäre es mir meine liebe Gewohnheit, anderer Leute sauer verdientes Geld zu kassieren.
Drüben beugte sich Phil weit vor und rollte mit den Augen. Auch er war sprachlos.
Ich hatte mich da in eine höchst unangenehme Situation hineinmanövriert. Dadurch, daß Berry gezahlt hatte, hatte ich praktisch den Tatbestand einer vollendeten Erpressung geschaffen. Ganz beachtlich für einen FBI-Beamten der Vereinigten Staaten, aber noch lange nicht das Schlimmste. Denn jetzt war ich gezwungen, höllisch aufzupassen, daß dem armen Berry von seinen ehemaligen Kassierern nichts Böses geschah. Ich tastete mich vor, inwieweit sie über seinen Wechsel informiert waren.
»Hast du dich doch entschlossen, an beide Parteien zu zahlen?« fragte ich.
Er sah krampfhaft geradeaus und schüttelte nur den Kopf.
»Du zahlst also an Purson beziehungsweise an das Gespenst nicht mehr?«
»Nein«, antwortete er leise.
»Ich hoffe, du hast ihm das gesagt. Ich bin für ehrlichen Handel. Ich möchte, daß er weiß, wer meine Kunden sind, damit er sie nicht mehr belästigt.«
Berry drehte mir mit einem Ruck seinen Kopf zu. Sein Gesicht war schneeweiß.
»Ich denke nicht daran, es ihm zu sagen. Glauben Sie, ich will sterben? Sagen Sie es ihm doch! Sie haben sich doch stark gemacht, mit dem ›Gespenst‹ Schlitten zu fahren. Tun Sie es doch!«
Er schrie bei den letzten Sätzen fast. Ich mußte ihn stoppen.
»Fang nicht einen Tanz an wie neulich«, fuhr ich ihm brutal ins Wort. »Er könnte dir noch schlechter bekommen. Mit Purson werde ich schon fertig. Das laß meine Sorge sein.«
Ich überlegte einen Augenblick.
»Wann erwartet Purson die nächste Rate von dir?«
»Am Mittwoch.«
»Okay. Mittwoch werden wir dich von deinem Filmstudio abholen. Du stehst dann unter Bewachung, damit dir das ›Gespenst‹ nicht eines von deinen langen Haare krümmt. Wiedersehen, mein Freund.«
Wir tranken aus, zahlten und gingen hinaus, aber draußen steckten Phil und ich sofort die Köpfe zusammen.
»Das ist schiefgelaufen«, sagte Phil.
»Verdammt schief«, bestätigte ich. »Ich hätte nie erwartet, daß dieser Idiot tatsächlich an uns zahlt. Was mache ich jetzt mit seinen Dollars?«
»Sieh nach, ob es überhaupt Dollars sind.«
Ich sah nach. Es waren wirklich feine zweihundert Dollar, ich hätte mich gefreut, wenn es Zeitungspapier gewesen wäre. Ein wirklich seltener Fall, daß ein Mann lieber Zeitungspapier als Dollars in der Tasche
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