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Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport

Titel: Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Hartwig
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Spezialeinrichtung auf den konkreten Notfall eingerichtet war, wird man bald auf den Punkt Kostenreduzierung stoßen. Es waren nicht genug Leute da, und die da waren, hatten alle Hände voll zu tun. Die Technik war da, aber sie war nicht einsatzfähig. Wenn man noch tiefer nachforscht, wird man sehen, dass es eine Kostenreduzierung gibt, die geradezu Kosten produziert, irreparable Humankosten und empfindliche Dauerkosten für unser Sozialsystem. Es will niemand wissen, dass die Abteilungen völlig unterbesetzt sind, hier wie in den meisten Kliniken dieses Landes. Nach der Devise »Es wird schon gutgehen« wird Personal reduziert bis auf ein Minimum. Geht dann etwas daneben, dann wird es als »Einzelfall« deklariert. So viele »Einzelfälle« gibt es gar nicht, dass nicht selbst der Blindeste den Systemfehler fühlt. Aber kaum wird das Problemfeld Personalreduzierung im Ärzte- und Pflegebereich der Kliniken wieder einmal thematisiert, kommt eine politische Blindschleiche wieder mit dem Dummschwätz daher, man müsse das doch differenziert sehen, es gebe gewiss eine Reihe von Einzelfällen, aber daraus könne man doch keine pauschalen Schlüsse ziehen. Das Äußerste, zu dem man sich in dieser geistigen Wattewelt versteht, ist der Ruf nach einer »umfassenden Studie«.
    Alex hat davon nichts, auch nicht seine Eltern. Ich wehre mich auch dagegen, dass man jetzt wieder allein den Ärzten und Pflegern die Schuld in die Schuhe schiebt. Meine Meinung ist klar. Solche schrecklichen Unfälle gab es schon immer und wird es immer geben. Menschen sind eben keine Maschinen. Wenn aber die Schuldfrage gestellt wird, so mache ich in erster Linie eine Gesundheitspolitik haftbar, die das Geld an der falschen Stelle ausgibt und heilungs- und hilfewillige Ärzte, Schwestern und Pfleger zu rotierenden Zombies macht, die manchmal ihren Aufgaben auch dann nicht nachkommen könnten, wenn sie den Kniff mit der Bilokation heraushätten. Schuld hat, wer Rahmenbedingungen schafft, in denen eine ordentliche Medizin und Pflege nicht mehr zu leisten ist. Schuld sind diejenigen, die nur nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit operieren und ärztliche und pflegerische Fehler dabei in Kauf nehmen. Das finde ich menschenverachtend.
    Schauen wir auf Alex, auf seine Familie und dann darüber hinaus auf uns alle. Neben den humanen Aspekten der Geschichte muss hier auch einfach der Kostenfaktor benannt werden. Alex ist teilweise an den Rollstuhl gebunden. Solange Alex lebt, wird er Hilfe und Unterstützung in seinen täglichen Abläufen benötigen. Gestützt kann er wenige Schritte laufen, aber nur mit Prothesen und Stützschienen. Da er sich im Wachstum befindet, ist er auf eine Dauerversorgung mit Heil- und Hilfsmitteln angewiesen, z.B. wenn sich seine Rollstuhlgröße ändert, oder wenn er andere Schienen für Arm und Bein benötigt.
    Auf einer zweiten Ebene müssen wir das familiäre Drama der Familie betrachten. Den Eltern, die keine Reichtümer besitzen, wird eine gewaltige finanzielle Last auferlegt. Durch die immer stärker werdenden Kürzungsmaßnahmen der Krankenkasse macht man sie zu Dauerbittstellern für die lebenslang erforderlichen Therapien. Gerade die physiotherapeutischen Maßnahmen, wie Ergotherapie und Krankengymnastik, haben sich längst zur nervlichen Belastung für alle Beteiligten ausgeweitet.
    Auszug aus einem Schreiben einer Mitarbeiterin in einer Werbeagentur: »( …) bin beruflich vorbelastet, da ich mich leider nur mit Marketing für Kliniken befassen muss. Aktuell geht es bei uns um das Thema ›Zuweisermarketing‹, das die privaten Kliniken bestens verstehen und längst umsetzen. Die ›Kleinen‹ und die ›Kommunalen‹ hinken noch etwas hinterher. Ich kann Ihnen, Frau Hartwig, nur bestätigen: Sie haben recht, es geht im Gesundheitswesen nicht um Patient oder Arzt. Die Klinikbetreiber wollen den ›Kunden‹, wollen seine Wertschöpfung und ihre eigene Gewinnmaximierung (…).«

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9. Kostendämpfung II
    Mein Platz ist im »Keramikstudio«
    Z wei Worte begleiteten über Wochen sein Leben. Vorsorge und Früherkennung! Er fühlte sich völlig gesund und schob den Termin zur Darmuntersuchung ewig und drei Tage vor sich her. Seine Frau drängte ihn, und so kam es eines Morgens doch zur Untersuchung im Uniklinikum. Um 13 Uhr sollte ihn seine Frau abholen. Um 11 Uhr bekam sie den Anruf, sie solle bitte kommen, ihr Mann werde gleich auf die Station verlegt. Diagnose: Darmkrebs!
    Die Operation wurde kurzfristig

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