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Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport

Titel: Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Hartwig
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Bürger den Ökonomen:
    Bürger: Die Kfz-Versicherung haftet doch für die Schäden, die ich an anderen Fahrzeugen verursache. Wer Menschen schadet, deckt dies über eine private Haftpflichtversicherung ab.
    Ökonom: Nein, nein. Darum geht es nicht. Sie müssen von den Schäden her denken. Der Grundbeitrag soll die Basisversorgung abdecken, also Schäden an Kopf und Körper, innen wie außen.
    Bürger: Verstehe. Es geht also um eine Vollkaskoversicherung. Die soll es doch aber im Gesundheitsbereich nicht mehr geben.
    Ökonom: Also hören Sie mal. Sie torpedieren jeden Versuch, etwas zu ändern. Noch einmal: Eine Prämie, also ein fixer Geldbetrag, sichert Gesundheitsrisiken ab. Welche, das werden Expertenkommissionen entscheiden. Für alles Übrige kommen Zusatzversicherungen auf.
    Bürger: Ah, ja. Die Vollkaskoversicherung gilt nicht für alle Körperteile. Teilkaskoprämien sind fällig: So wie die Glasscheiben kann man Augenschäden versichern oder Nasenkrankheiten … oder, oder, oder …
    Ökonom: Wollen Sie nicht begreifen? Ein Auto fährt nicht ohne Bremsen. Sie gehören dazu wie der Arm zum Körper.
    Bürger: Aber wenn ich die Reifen und Felgen schrotte, zahlt die Versicherung keinen Cent. Die muss ich extra versichern.
    Ökonom: Genau. Die Zähne, zum Beispiel. Das ist ein klar abzugrenzender Teil. Den deckt die Basisprämie nicht mehr ab. Wer sie richtig pflegt, erhält sie sich bis ins hohe Alter. Für die dritten Zähne springt dann die Extra-Versicherung ein.
    Bürger: Und was, wenn mir einer abbricht, bei einem Unfall, an dem ich keine Schuld trage? Ist das Pech? Lebensrisiko?
    Ökonom: Raus ist raus. Solche Fälle muss die Zusatzversicherung abdecken.
    Bürger: Wann gibt es Rabatte? Bei unfallfreiem Fahren sinkt die Prämie. Ein Nachlass wird auch für Garagenwagen fällig oder wenn nur geübte Fahrer am Steuer sitzen. Im Gesundheitsbereich heißt das doch: Ermäßigung für den, der seinen Körper fit hält. Oder für den, der ihn nicht überbeansprucht?
    Ökonom: Einmal geht es um Vorsorgeuntersuchungen. Für sie kommt ein Stempel ins Check-up-Heft. Das kennen Sie doch vom Zahnarzt. Und damit Sie die Übersicht behalten: Dort brauchen Sie es künftig nicht mehr.
    Bürger: Verschleißteile deckt die Basisversicherung aber nicht ab?
    Ökonom: Natürlich. Da lässt sich nicht scharf trennen, was einer selbst zu stark in Anspruch nimmt oder durch Arbeit abnutzt.
    Bürger: Dann bleibt ja alles beim Alten. Oder wird für gute Ernährung ein Sonderrabatt fällig?
    Ökonom: Sinnvoll wäre das. Aber wer soll das kontrollieren? Da übersteigt der Aufwand die Einsparung.
    Bürger: Pause.
    Bürger: Wie hoch liegt eigentlich mein Restwert? Der hängt doch vom Alter ab wie beim Auto. Oder misst man da meine Fähigkeiten? Und wann lohnt sich eine Reparatur nicht mehr?
    Ökonom: Versicherungsmathematiker könnten dies bestimmt ausrechnen. Aber wer das dann entscheiden soll, ob Ärzte, Krankenkassen oder die Politik dies gesetzlich regelt, muss noch geklärt werden.
    Makaber, der Dialog. Mit jedem, der solche Vorstellungen zum Besten gibt, muss man sie, auf ihn zugeschnitten, zu Ende denken. Er kann selbst seine persönliche Abwrackprämie beziffern. Dann fällt ihm gewiss auf: Menschen sind keine Waren, für die sich ein Preis berechnen lässt. Versuche gab es. Sie scheitern bereits daran, einem Individuum einen Geldbetrag zuzuordnen, der sich gut begründet vom Wert des Mitmenschen unterscheidet. Was der Einzelne anderen bedeutet, entzieht sich jeder geldwerten Festlegung. Da scheitert die Ökonomie an zu vielen Unbekannten im Verlauf eines Lebens.
    Wirtschaftlichen Marktregeln entzieht sich der Gesundheitsbereich ebenfalls. Körperliche, geistige und seelische Gesundheit sind keine Waren, die ein Produzent anbietet, ein Kranker nachfragt, sich durch diverse Offerten einen Überblick verschafft und mit dem günstigen Anbieter für die Leistung einen Preis aushandelt. Menschen zu heilen, Schmerzen zu lindern, psychische Störungen zu therapieren sind stets Versuche, eine Situation zu bessern. Dies schließt Scheitern, marginale Verbesserungen oder Rückfälle ein. Innere und äußere Verletzungen, die krankheitsbedingte Unfähigkeit, das Leben zu bewältigen, bedrohen Menschen immer in ihrer gesamten Existenz.
    Warum gehen Kranke zum Arzt? Ihr Ziel ergibt sich aus ihrem Zustand: Die Beeinträchtigungen, Schwächen, Verletzungen sollen so weit verringert werden, dass sie möglichst wieder am »normalen« Leben

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