Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport
ist die Krankenkasse verpflichtet, für die Schutzschienen aufzukommen. In Zweifelsfällen kann der Abgrenzungskatalog zu Rate gezogen werden. Den Kassen-Sachbearbeiter vor Ort bindet das Regelwerk aber nicht bei seiner Entscheidung. Den Katalog findet man im Internet unter www.vincetz.net/ahdownload/downloads_stationaercfn//arbeitshilfen.
Kampf um den Rollstuhl
Kuriose Kämpfe werden immer wieder um den Rollstuhl geführt. Im vorliegenden Fall geht es um einen 86-Jährigen, der demenzkrank im Pflegeheim lebt. Die Kasse lehnt einen Rollstuhl für ihren Versicherten ab. Die Heimleitung legt Widerspruch gegen den Bescheid ein und begründet ihn: Der Patient, ein Leben lang ein sehr frommer Mensch, besuche intensiv Gottesdienste und die Kapelle und bete dort den Rosenkranz. Er liebe die Natur und fühle sich bei den Spaziergängen über die Felder besonders wohl. Seine Familie, sehr um ihn bemüht, komme regelmäßig, begleite ihn in die Natur und nehme ihn mit zum Kirchgang. Bis zu diesem Antrag auf einen Rollstuhl habe er allein gehen können. Doch nun seien die körperlichen Kräfte am Schwinden. Ein Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ( MDK ) sucht ihn auf und befragt ihn, wo er denn vergangenen Dienstag gewesen sei? Er weiß nicht mehr, dass er in Begleitung seiner Tochter einen Rosenkranz in der Kirche gebetet hat. Er erinnert sich auch nicht mehr daran, dass er am Sonntagnachmittag spazieren war. Dies genügt der Krankenkasse. Sie erklärt: Ein demenzkranker Patient kann nicht selbständig entscheiden, wohin er gehen will. Eine aktive Teilnahme am täglichen Leben findet also nicht mehr statt. Deshalb benötige er auch keinen Rollstuhl! Ein starkes Stück, wie ich finde.
In den AOK -internen Anmerkungen und Bearbeitungshinweisen zur Produktgruppe 18 ist zu lesen: »Durch die Änderung des § 33 SGB V durch das GKV - WSG (Wettbewerbsstärkungsgesetz) besteht nun ein Leistungsanspruch der Pflegebedürftigen, unabhängig vom Rehabilitationspotenzial. Auf diese Weise hielt das Gesetz die zuvor ergangene Rechtsprechung auf. Bei der Rollstuhlversorgung ist daher zunächst zu prüfen, ob damit eine aktive oder passive Teilnahme am Gemeinschaftsleben in einem gewissen Umfang ermöglicht wird. Die Kernfrage ist, ob das Krankenfahrzeug zur Heimausstattung zählt. Hinweise darauf können sein: Der Rollstuhl wird im üblichen Pflegebetrieb verwendet, z.B. ans Waschbecken fahren. Der Rollstuhl wird im Rahmen der aktivierenden Pflege benötigt, z.B. Bewegungsförderung. Der Rollstuhl wird von mehreren Heimbewohnern benutzt.
Wird der Rollstuhl also selbstbestimmt und ausschließlich von einem Versicherten benutzt, bezahlt ihn die Krankenkasse. Wird dem Pflegebedürftigen durch den Rollstuhl eine aktive oder passive Teilnahme am Gemeinschaftsleben in einem gewissen Umfang ermöglicht, zahlt ihn das Heim. In der Rechtsprechung des Sozialgerichtes Mainz, Az. S6K112 197, vom 28. 10. 1997, lautet das Urteil: »In dem Rechtsstreit der Frau XY , vertreten durch den Betreuer Pflegerin XXX gegen AOK Hessen als Beklagte, hat die 6. Kammer des Sozialgerichtes Mainz ohne mündliche Verhandlung am 28. 10. 1997 für Recht erkannt: 1. Der Bescheid vom 4. 07. 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. 09. 1997 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin leihweise einen Krankenfahrstuhl zu überlassen. Ein Rollstuhl ist ein Hilfsmittel, das zu Lasten der Krankenversicherung auch in Alten- und Pflegeheimen zur Verfügung gestellt werden muss.
Tatbestand: Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin leihweise einen Krankenfahrstuhl zur Verfügung zu stellen. Die bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Klägerin lebt im Caritas Altenzentrum. Sie leidet an einer endogenen Psychose, Osteoporose, Sehschwäche, Urininkontinenz und Desorientiertheit sowie einer kompensierten Herzinsuffizienz. Sie erhält seit 01. 07. 1996 Leistungen zur stationären Pflege nach Pflegestufe III des Pflegeversicherungsgesetzes. Ihre behandelnden Ärzte XXX verordneten am 16. 06. 1997 wegen dieser Erkrankung einen Krankenrollstuhl. Laut Kostenvoranschlag der Firma Rehabedarf vom 19. 06. 1997 betragen die Kosten für einen solchen Rollstuhl DM 1 139,55. Mit Bescheid vom 04. 07. 1997 lehnte die Beklagte die Versorgung mit einem Rollstuhl im Wesentlichen mit der Begründung ab, Voraussetzung hierfür sei, dass das Hilfsmittel zu einer Verbesserung der Selbständigkeit führe. Mit der
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