Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
Alchemilla vulgaris  – gehört zur Familie der Rosengewächse. Im Mittelalter glaubte man, dass der Frauenmantel die verlorene Jungfräulichkeit wiederherstellen könne. Heute weiß man um seine gefäßzusammenziehende Wirkung und wendet ihn bei Unterleibsproblemen in der Frauenheilkunde an.

Vier
    Der Stall am unteren Ende des Gartens war größer, als ich erwartet hatte, und wirkte neuer auf mich als der Geräteschuppen direkt daneben. Marion musste ihn nach meinem letzten Besuch bei ihr gebaut und die Ziegen angeschafft haben. Am Hinterausgang hatte ich zwei Paar Gummistiefel und einen Arbeitsoverall entdeckt, die mir beide zwar etwas zu groß waren, aber ihren Zweck fürs Erste erfüllten.
    Der Tierarzt hatte das Haus durch die Vordertür verlassen und wartete beim Stall auf mich. Wenn er mich nicht gerade zu Tode erschreckte, sah er nicht schlecht aus. Groß und mit einer Statur, die ich mir sehr gut beim Kühe-Niederringen vorstellen konnte. Seine dunkelblonden Haare, die ihm vorhin bis auf die Schultern gefallen waren, hatte er jetzt zu einem Zopf zusammengebunden. Ein Bild schwebte vor meinem inneren Auge vorbei und verflüchtigte sich, bevor ich es deutlich sah. Er erinnerte mich an jemanden, aber ich kam nicht drauf. Der Tierarzt knöpfte eine graue Jacke zu, die er sich auf dem Weg hierher übergeworfen haben musste.
    Der Ziegenstall bestand aus zwei Gebäuden, die durch eine Art Innenhof miteinander verbunden waren. Die Ziegen streckten ihre Mäuler durch den Zaun, als sie mich kommen sahen. Es waren kleine Ziegen. Nicht viel höher als meine Knie. Eine rote, eine nahezu weiße und eine schwarze. Der Bock stand abseits, zeigte sich aber ebenfalls sehr interessiert.
    Ich streckte meine Hand durch das Gitter und kraulte die Gescheckte am Ohr.
    »Mach das nicht bei dem Bock.«
    »Warum nicht? Ist er aggressiv?«
    »Nein, das nicht unbedingt. Es ist gerade keine Deckzeit. Dann ist Ludwig ganz erträglich. Aber du würdest den Geruch über Tage nicht mehr loswerden.« Er grinste. »Ziegenböcke tragen ihre Duftdrüsen nicht am After, sondern am Hornansatz.«
    Ich wich ein paar Schritte vom Zaun zurück. Der Tierarzt lachte.
    »Keine Angst. Es ist nicht wie bei Stinktieren. Er wird dich nicht mit seinem Sekret beschießen.«
    Unwillkürlich fiel ich in sein Lachen ein. Es war so herzlich. Ich stutzte und betrachtete ihn genauer. Die dunklen Augen, die Art, wie er seinen Kopf bewegte.
    »Sagen Sie mal, kennen wir uns?« Ich stützte mich auf den Zaun. Er hatte seinen Namen immer noch nicht genannt, sich nur mit »Ich bin der Tierarzt« vorgestellt, von mir als übliche Vorstellungsweise hier auf dem Land interpretiert. Vielleicht war es aber auch einfach so, dass er davon ausging, dass ich ihn kannte. Wieder lachte er.
    »Ich dachte schon, du hättest mich vergessen.«
    Die zweite Variante also. Er blieb neben mir stehen, und in meinem Kopf ratterte die persönliche Männersuchmaschine los. Er kam mir noch bekannter vor, fast vertraut, aber sein Gesicht passte nicht in die Erinnerungsfetzen, und die Stimme auch nicht. Nein.
    Ich sah die rote Ziege an, als ob sie die Antwort wüsste. Sie konnte mir nicht helfen.
    Ich hatte nicht so viele Liebhaber gehabt, als dass ich mich nicht hätte erinnern können. Und Aussetzer, die zu totalen Gedächtnislücken geführt hätten, hatte ich in meinem Leben bisher ebenfalls sorgfältig vermieden. Wo also sollte ich ihn hinsortieren? Der Freund einer Bekannten? Studium? Ich merkte, wie ich rot wurde.
    »Wir kennen uns von früher«, sagte er und brachte mich damit nicht wesentlich weiter. »Aus den Sommerferien hier.« Er strich sich einige Haare aus der Stirn. »Ich bin die kleine Nervensäge, die dich am See immer mit Matsch beworfen hat.«
    Etwas verschob sich in meiner Erinnerung und rutschte an den richtigen Platz. Ein Jungengesicht grinste mich frech an, streckte mir die Zunge raus und verschwand zwischen den Büschen.
    »Alex?« Ich schlug mir mit einer angedeuteten Geste vor die Stirn. »Du bist Alex. Da hätte ich ja auch drauf kommen können. Wie blöd von mir.«
    »Richtig«, antwortete er, ohne sich genauer darüber zu äußern, welche meiner Aussagen er damit bestätigte.
    »Dann bist du also hier in dem Kaff hängen geblieben.« Eine kleine Retourkutsche musste erlaubt sein.
    »Zurückgekommen. Ein feiner Unterschied.«
    »Und wo warst du in der Zwischenzeit? Studieren?«
    »Natürlich. Man wird nicht durchs Zuschauen Tierarzt.« Er ging um das

Weitere Kostenlose Bücher