Kraut und Rübchen - Landkrimi
Schätzen, aber auf den ersten Blick schien alles in Ordnung zu sein. Sogar mein Laptop im Koffer war noch da. Die beiden schauten sich wieder an.
»Dann machen wir uns mal wieder auf den Weg, Frau Rübchen. Wenn Sie noch etwas bemerken, wissen Sie ja, wo Sie uns finden.«
Ich nickte und fühlte mich unter ihren Blicken paranoid. Es war jemand hier gewesen. Ich sah es an Kleinigkeiten, die ich den beiden aber nicht unter die Nase reiben wollte. Die Küchenstühle standen nah an der Tischkante, so, als ob jemand rasch wieder eine Ordnung hatte herstellen wollen, an die er sich zwar nicht erinnerte, die ihm aber richtig erschien. Der Stapel Papiere auf der Fensterbank lag jetzt mit der bedruckten Seite nach unten. Auch das war vorhin nicht so gewesen. Ich erinnerte mich an das Firmenlogo auf dem obersten Briefbogen, das mir bereits beim Sortieren der Post aufgefallen war.
»Ich begleite Sie noch hinaus«, sagte ich und folgte den beiden bis nach draußen.
Unschlüssig wartete ich, bis der Polizeiwagen vom Hof gerollt war, ging zu meinem Auto und zog das Tagebuch aus dem Netz auf der Rückseite des Sitzes.
Im Haus verschloss ich die Tür besonders gründlich und ließ den Schlüssel stecken. Wenn derjenige nicht das gefunden hatte, was er suchte, würde er vielleicht wiederkommen und es erneut versuchen. Zumindest würde der Schlüsselbund dann eine Menge Krach machen. Seltsamerweise hatte ich keine Angst davor, allein hierzubleiben.
Ich rief nach Herrn Hoppenstedt, obwohl mir klar war, dass er diese Nacht voraussichtlich unter der Anrichte verbringen würde. Also öffnete ich eine neue Dose Futter für ihn, stellte das Schälchen vor die Anrichte und bückte mich. Herr Hoppenstedt war nicht zu sehen. Vermutlich hatte er meine Abwesenheit genutzt und sein Versteck gewechselt. Oder die offene Tür, um zu entwischen? Eher unwahrscheinlich. Herr Hoppenstedt war ein erfahrener Wohnungskater, der die Vorzüge einer warmen Couch mit den Jahren zu schätzen gelernt hatte und allem Neuen gegenüber sehr skeptisch war. Sich im Dunkeln vor die Tür zu wagen passte nicht zu ihm. Ich kämpfte einen Schwall übermäßiger Sorge nieder. Selbst wenn. Hier gab es weit und breit keine großen Straßen, Bahngleise oder sonstige Örtlichkeiten, an denen Katzen erhöhten Lebensrisiken ausgesetzt waren. Eines allerdings war sicher: Der Hunger würde ihn früher oder später aus seinem Versteck treiben.
Das Bettzeug roch ebenso nach frischen Blumen und Kräutern wie Marions komplettes Schlafzimmer. Mila Seidenmacher hatte mir versichert, die Wäsche gewechselt zu haben, als sie alles für meine Ankunft vorbereitete. Ich fühlte Kindheit, als ich zwischen die Laken kroch und nach dem Tagebuch griff. Froböss war tot. Hilda hatte ihn erschlagen, bevor er ihre und Agnes’ Zukunft zerstören konnte.
Agnes nahm den Schuldschein und das Geld aus meiner Hand und steckte beides in ihre Schürzentasche. Langsam ging sie zu Froböss. Ich folgte ihr. Wolken zogen über den Himmel, und es schien, als bewegte sich am Hoftor ein Schatten. Ich sah auf, wandte den Kopf und kniff die Augen zusammen, konnte außer dem Braun der Felder aber nichts erkennen.
Wir hoben den Leichnam auf, trugen ihn in die Küche und legten ihn dort auf die Holzbank. Agnes öffnete Froböss’ Mantel, lockerte die Kleidung und ging dann zum Waschzuber, um feuchte Tücher zu holen. Stumm wusch sie das Blut von seinem Gesicht.
»Wir müssen den Arzt benachrichtigen«, sagte sie schließlich und legte ihm einen weiteren Stofflappen über die Stirn. »Und den Pfarrer.«
»Die können nichts mehr ausrichten.« Ich ging zu ihr und packte ihr Handgelenk. Hatte sie begriffen, was geschehen war? Was ich getan hatte? Für sie. Für uns. Oder wollte sie es nicht wahrhaben? Sie blieb stehen, senkte den Kopf und sah auf meine Finger an ihrem Arm.
»Wenn wir sie rufen, sieht es so aus, als ob wir uns nach seinem Sturz um ihn gekümmert haben. Als ob wir alles getan haben, um seine arme Seele zu retten.« Sie kniete sich vor Froböss auf den Boden und zog ihm die Schuhe von den Füßen. »Geh, Hilda. Bring sie hierher.«
Ich tat es.
Die Herren kamen, eilig, bestürzt und schließlich aufgeregt. Auch die Polizei wurde gerufen, alles aufzunehmen und festzuhalten.
Froböss erhielt seinen letzten unverdienten Segen, wurde weggebracht. Das Pferd, dem sie alle Schuld gaben, vergaßen sie. Ich stellte es in unseren Stall, fütterte und tränkte die arme Kreatur. Sollte es hier ein
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