Kraut und Rübchen - Landkrimi
Nichts. Stille. Wenn jemand eingebrochen war und noch hier sein sollte, verhielt er sich ruhig. Vielleicht wäre es eine gute Idee, ein bisschen Lärm zu machen und so meine Ankunft deutlich anzuzeigen? Vielleicht wäre es aber auch eine noch bessere Idee, die Polizei zu rufen, bevor irgendein Eindringling mir sein Brecheisen über den Schädel ziehen konnte, und nicht wie ein Idiot im billigen Film der Gefahr direkt in die Arme zu laufen.
»Rübchen«, flüsterte ich ins Handy, als ich mich wieder nach draußen und bis ins Auto geschlichen hatte.
»Wer ist da?« Die Stimme am anderen Ende klang müde. »Bitte sprechen Sie deutlich, damit ich Sie verstehen kann.«
Ich räusperte mich.
»Rübchen«, wiederholte ich laut. Es gab ja eigentlich auch keinen Grund zu flüstern. »Katharina Rübchen. Ich glaube, bei mir ist eingebrochen worden.«
»Wo sind Sie?«
»Vor meinem Haus. Ich sitze im Auto.«
»Bleiben Sie dort, bis die Kollegen eintreffen. Ist noch jemand im Haus?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe bisher nicht nachgesehen und habe es auch nicht vor.«
»Gut«, sagte die Stimme, und es beruhigte mich, obwohl ich mir nicht darüber im Klaren war, was genau sie für gut befand. Dass ich nicht wusste, ob sich noch Einbrecher im Haus aufhielten, oder meine Weigerung, das zu überprüfen. Ich nannte die Adresse und richtete mich auf eine längere Wartezeit ein. Die Wege auf dem Land sind ja bekanntlich etwas länger, und nicht jedes Kaff hat seine eigene Polizeistation, aber zu meinem großen Erstaunen dauerte es keine drei Minuten, bis der Streifenwagen in den Hof einbog. Zwei Polizisten stiegen aus, blickten sich um und kamen dann zu meinem Wagen. Ich ließ die Seitenscheibe herunter.
»Alles in Ordnung?«
Ich nickte.
»Sind Sie Frau Rübchen?«
Erneutes Nicken.
»Hat in der Zwischenzeit jemand das Haus verlassen?«
»Nein.«
»Dann schauen wir jetzt nach.« Sie drehten sich um und gingen auf das Haus zu.
Wenn mich nicht alles täuschte, zog der Rechte der beiden eine Waffe und entsicherte sie. Ich stieg aus dem Auto.
»Herr Hoppenstedt –«, sagte ich, unterbrach mich aber, weil ich ahnte, dass es zu Irritationen führen könnte, »mein Kater ist im Haus. Bitte erschießen Sie ihn nicht irrtümlich.«
Der Linke wandte sich um und warf mir über die Schulter einen Blick zu, der genau die richtige Mischung aus »Jetzt beruhigen Sie sich mal, wir haben alles im Griff« und Augenverdrehen war. Es dauerte fünf Minuten, bis sie wieder vor mir standen.
»Wir haben niemanden gefunden. Im Haus sieht es auch nicht nach einem Einbruch aus. Nichts ist durchwühlt oder auffallend durcheinander. Sind Sie sicher, dass Sie die Haustür abgeschlossen haben und sie nicht durch einen Windstoß aufgesprungen sein kann?«
»Sehr sicher.« Ich fuhr die Seitenscheibe wieder nach oben und stieg aus. »Konnten Sie denn keine Einbruchspuren an der Tür oder am Rahmen feststellen?« Die beiden wechselten einen Blick, verschränkten synchron die Arme und schüttelten dann, ebenfalls gleichzeitig, den Kopf.
»Nein. Keine Einbruchspuren«, sagte der eine.
»Wenn Sie die Tür«, sagte der andere und betonte das »wenn« sehr deutlich, »ganz sicher verschlossen haben, muss der Einbrecher einen Zweitschlüssel gehabt haben und damit ins Haus gekommen sein. Wissen Sie von einem Zweitschlüssel?«
»Nein.« Ich dachte nach. »Ich habe das Haus von meiner Tante geerbt und bin erst heute hier angekommen. Aber ich werde die Nachbarin fragen. Vielleicht weiß sie etwas.«
»Wie heißt Ihre Nachbarin?«
»Mila Seidenmacher.«
»Hat Frau Seidenmacher vielleicht einen Schlüssel?«
»Das kann sein.«
Der eine Polizist legte die Hand auf das Wagendach. »Dann ist es doch vielleicht möglich, dass sie nach dem Rechten sehen wollte?«
»Nein. Bestimmt nicht. Mila Seidenmacher war die ganze Zeit bei mir. Sie hat mich abgeholt und mich mit auf das Dorffest genommen. Sie kann Ihnen höchstens bestätigen, dass ich wirklich abgeschlossen habe.«
Der andere Polizist lachte. »Wir brauchen keine Zeugenaussagen, Frau Rübchen, höchstens die Versicherung. Immerhin handelt es sich hier nicht um Mord.« Er deutete mit der flachen Hand in Richtung Haus und ließ mir den Vortritt. »Am besten wäre es, wenn wir jetzt noch einmal gemeinsam ins Haus gehen und Sie uns sagen, ob etwas fehlt.«
»Nichts«, sagte ich, nachdem sie mit mir jeden Raum betreten und ich mich umgesehen hatte. Ich kannte zwar nicht alle von Marions geheimen
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