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Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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und gab sich schließlich einen Ruck. Mit einem Aufseufzen ließ sie sich auf der Bettkante nieder.
    »Richtig.«
    »Was davon? Das war eine Alternativfrage.«
    »Richtig, ich habe das Buch gestern schon gesucht.« Sie seufzte noch einmal. »Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb ich Sie besucht habe.«
    »Nicht?«
    »Nein. Ich wollte mich auch vorstellen. Wie man das halt so macht.«
    »Hier auf dem Land«, ergänzte ich.
    »Ja.« Sie nickte.
    »Warum wollten Sie das Buch haben?«
    »Ich wollte es nicht haben. Ich wollte es wiederhaben . Ich habe es selbst in dem Loch in der Wand versteckt, bevor ich zu Ihnen ins Haus kam, weil ich hoffte, es unauffällig wieder mitnehmen zu können, wenn ich nach Hause gehen würde. Dass Sie es vorher gefunden haben, war Zufall.«
    »Warum haben Sie nicht einfach gesagt, dass es Ihr Buch ist? Und warum haben Sie es versteckt? Ich hätte doch kaum was sagen können, wenn Sie mit einem Buch unter dem Arm in meine Küche spazieren.«
    »Weil ich vorher wissen wollte, wie Sie so drauf sind.«
    »Vor was?«
    »Bevor ich es zurückgebe. Es ist nicht mein, sondern Ihr Buch. Genau genommen ist es Marions Buch.« Sie hob beide Hände. »Also Ihr Buch. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Ich war nervös. Dass ich das Buch in das Loch gesteckt habe, war eine Kurzschlusshandlung. Sie schnaubte. »Meine Güte! Haben Sie noch nie spontan etwas Dummes gemacht?«
    »Doch.« Ich hoffte, sie würde mir nicht ansehen, wie oft. »Wieso hat Sie das nervös gemacht?«
    »Weil ich wissen wollte, was drinsteht.«
    »Das ist kein Grund.«
    »Doch. Ist es. Ich sollte nicht wissen, was drinsteht. Ich hatte Marion gebeten, es mir zu geben. Sie hat aber Nein gesagt.« Sie senkte den Blick, betrachtete das Buch und seufzte. »Sie hat immer gesagt, das Buch sei für Sie bestimmt. Nur für Sie.«
    »Für mich?« Ich sah das Buch an. Es lag auf dem Nachtisch. Dunkel und abgenutzt. »Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Sie hat gemeint, Sie wüssten es dann schon.«
    »Haben Sie es gelesen?«
    »Nicht ganz.« Sie sah mir in die Augen. »Ich habe es lange gesucht, und als ich es schließlich gefunden hatte, rückten Sie an, und ich musste dafür sorgen, dass es zurück an seinen Platz kam.«
    »Sie haben hier aufgeräumt, Staub gewischt und geputzt und haben das Buch lange gesucht? Sie hatten acht Wochen Zeit.«
    »Nein. Die hatte ich nicht.« Sie sah mir in die Augen. Ihre Stimme zitterte, als sie fortfuhr. »Sie können es sich vielleicht nicht vorstellen, aber ich habe um Marion getrauert.« Sie machte eine Pause und senkte den Kopf. »Ich vermisse sie immer noch. Marion war meine Freundin. Meine sehr gute Freundin. Ich konnte nicht einfach in ihr Haus spazieren und alles durchwühlen. Es ging nicht.«
    »Aber irgendwann doch.«
    »Ja, vor ein paar Tagen. Ich dachte, wenn Sie herkommen, würde es Ihnen hier besser gefallen, wenn zumindest alles sauber und aufgeräumt ist.«
    »Ihre Trauer hat Sie am Ende nicht davon abgehalten, Marions Vertrauen zu brechen und sich das Buch trotzdem zu nehmen.«
    Mila lachte bitter. »Ich war traurig. Ja.« Sie wurde lauter. »Aber ich war auch wütend. Warum hat Marion mir das Buch nicht gegeben? Ich war ihre Freundin. Ich war immer hier, wenn sie Hilfe brauchte. Ich habe mit ihr am Küchentisch gesessen und bis in die Nacht geredet. Nicht …« Sie verstummte.
    »Nicht ich«, ergänzte ich. »Nicht die ferne Nichte.« Ich betrachtete sie nachdenklich. »Warum wollten Sie es überhaupt zurückgeben? Ich hätte doch gar nicht gewusst, dass es fehlt.«
    »Ich dachte, Marion hätte Ihnen von dem Buch erzählt und Sie wüssten Bescheid.«
    »Hat sie nicht.« Ich schlug die Decke zurück und schwang die Beine hinaus. »Wo haben Sie es denn gefunden? Hat Marion es versteckt?«
    »Ja und nein.« Sie wiegte den Kopf hin und her.
    »Das heißt was?«
    »Sie hat es versteckt, indem sie es nicht versteckt hat. Da muss man erst einmal drauf kommen.«
    »Wie kann man denn etwas …«, begann ich und runzelte die Stirn, aber sie unterbrach mich.
    »Das ist doch ganz einfach. Wenn ich etwas verstecken will, weil ich weiß, dass andere es suchen, überlege ich mir, wo diese anderen zuerst suchen würden, richtig?«
    Ich nickte und versuchte, ihren verwinkelten Gedanken zu folgen.
    »Also«, fuhr sie fort, »packe ich so ein Buch natürlich nicht in irgendwelche Schubladen, Kisten oder hinter andere Bücher, weil da ja jeder zuerst suchen würde.« So langsam begriff ich, was sie meinte.

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