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Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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und sperr sie anständig weg. Das ist jetzt das dritte Mal in fünf Jahren, dass sie meinen Garten verwüsten. Die Rosen brauchen immer Ewigkeiten, bis sie sich davon erholt haben.« Sie schaute mich kurz über ihre Schulter hinweg an. »Marion hatte sie auch nicht richtig im Griff. Hat die Viecher gehätschelt wie Babys. Dabei ist es Vieh und kein Streichelzoo. Ich hoffe, du siehst das anders.«
    »Ich habe keine große Erfahrung mit …«
    »Dieses ganze Getue um die Katzen und die Hunde und die Pferde und was weiß ich noch alles, das die jungen Leute heute machen, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen«, unterbrach sie mich und nahm mir einen der beiden Stricke, die ich mitgebracht hatte, aus der Hand. »Alles nur verdrängte Kinderliebe. Und dann das Geschrei um das Schlachtvieh. Ein anständiges Steak auf dem Teller haben, aber sich keine Vorstellung davon machen wollen, wie das wohl dahin gekommen ist. Es ist noch keines totgestreichelt worden. Auch nicht, wenn’s Bio ist.«
    »Ich esse kein …« Fleisch, wollte ich sagen, aber sie schimpfte schon weiter.
    »Ich habe meine Hühner früher selbst geschlachtet. Wenn ich ein Tier essen will, muss ich ihm vorher in die Augen sehen können. Sonst ist das nichts. Mein Mann Eugen, Gott hab ihn selig, war Jäger. Der hat auch nicht lange gefackelt, bevor er …« Sie verstummte und blieb in Marilyns Nähe stehen. »Willst du?« Sie hob den Strick an. Ich nickte.
    »Komm her, meine Süße«, flötete ich und hörte hinter mir Margas verächtliches Schnauben, ohne darauf zu achten. Langsam näherte ich mich der weißen Ziege. Zu meinem eigenen Erstaunen ließ sie sich das Seil ohne jeglichen Widerstand um den Hals legen.
    »Und jetzt das rote Luder.« Marga schob mich nach vorne. Auch Rita folgte mir willig. Anscheinend hatten die beiden doch einen gewissen Respekt vor Marga und ihrem Gezeter entwickelt.
    »Es tut mir wirklich leid, was die beiden hier angerichtet haben.« Ich zeigte auf die angeknabberten Rosen, wo anstelle der Blüten nur noch ausgefranste Strünke zu sehen waren.
    »Das sollte es auch, Kind.« Sie stemmte die Hände in ihre kaum erkennbare Taille. »Aber du kannst es wiedergutmachen, wenn du deine Aufgabe etwas konsequenter erledigst als deine Tante. Sie war immer so …« Sie suchte nach einem Wort. »So zaudernd. Hatte zu viele Hemmungen. Dabei ist das wie mit dem Vieh, was muss, das muss.«
    »Was muss?« Ständig redeten alle von einer Aufgabe, die ich von Marion übernehmen sollte. Vielleicht würde mir diese Quasselstrippe ja etwas mehr davon erzählen. »Was für eine Aufgabe?«, fragte ich. Marga blies die Wangen auf und schaute mich über den Rand ihrer Brille hinweg erstaunt an.
    »Was für eine Aufgabe?«, wiederholte sie.
    »Genau. Das war meine Frage.« Ich baute mich vor ihr auf. Jane und Rita stellten sich rechts und links an meine Seite wie kleine Leibwächter und meckerten leise.
    »Du weißt es nicht?«
    »Nein. Ich weiß es nicht. Und langsam geht es mir auf den Nerv, dass alle immer nur Andeutungen machen, aber nicht damit rausrücken, wenn ich nachfrage. Ich will endlich wissen, was ihr damit meint.«
    »Ach Kind.« Über Margas Gesicht huschte der Schatten eines Lächelns. »Wenn es dir noch keiner gesagt hat, werde ich sicher nicht diejenige sein, die damit anfängt.« Sie schob mich zur Gartentür, wartete, bis die beiden Ziegen hinter mir hergetrottet waren, und schloss dann mit Nachdruck das Törchen. »Alles zu seiner Zeit«, murmelte sie, drehte sich um und ging auf das Haus zu. »Alles zu seiner Zeit.«
    Angerl heiratete Gregor bleich und mit rot geweinten Augen am vorbestimmten Tage in der Dorfkirche. Ich kniete weit hinten beim Gesinde, denn nichts anderes war ich in den Augen der meisten. Auch wenn die Dörfler meine Heilkünste zu schätzen wussten, durfte ich doch nicht neben Agnes und Johannes in einer der vorderen Bänke sitzen.
    Auf der rechten Seite stand ein junger Mann, ballte unentwegt seine Hände zu Fäusten und ließ Angerl keinen Moment aus den Augen. Starr und steif hielt er sich, seine Lippen bewegten sich stumm bei den Gebeten. Als die Frischvermählten sich vom Altar abwandten und durch den Mittelgang der Kirche zogen, blieb er als Einziger stehen und beteiligte sich nicht am Abklopfen des Bräutigams, das nun mit großem Aufwand begann. Viele der Anwesenden zogen unter den Kirchenbänken dicke Knüttel hervor, die sie zuvor aus Sackleinen gestopft hatten, und stürzten sich mit

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