Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
Nachfolgerin.
    »Jetzt spinnst du total, Katharina.« Ich legte den Kopf in den Nacken und atmete tief ein. »So ein Schwachsinn. Hanebüchener Unsinn.«
    Ich blickte auf den Boden und ging tastend, wie auf einem schwankenden Schiff, vorwärts, bis ich an einem Baum angekommen war, mich rücklings gegen ihn fallen ließ und langsam daran herunterrutschte. Meine Hand berührte den Boden, und automatisch sah ich nach unten. Ein Urnengrab. Marion Rübchen. Buchstaben und ein Blumenstrauß in eine glatte Oberfläche eingemeißelt.
    »Mila, mach auf!« Ich hämmerte mit den Fäusten an ihre Tür, klingelte erneut Sturm und brüllte ihren Namen. Im Inneren blieb alles still.
    Ich presste meine Nase an die Scheibe ihres Küchenfensters und spähte hinein, konnte aber niemanden entdecken. Nichts regte sich.
    Ich ging um das Haus herum. Ihr Wagen stand im Carport, das Fahrrad fehlte. Der Vogel war ausgeflogen. Der Kies in der Auffahrt knirschte, als ich zurückging und meinen Wutanfall, den ich für sie vorgesehen hatte, wieder mit mir nahm. Mein Blick fiel auf den Garten meiner anderen Nachbarin. Marga. Noch eine von denen, die meinten, mich für dumm verkaufen zu können. Ich stapfte quer über die Wiese. Es war mir vollkommen egal, ob und welche botanischen Kostbarkeiten ich dabei zerstörte. Wichtig war einzig und allein, dass ich jemanden fand, an dem ich meinen Groll über das impertinente Verhalten, das diese Kaffeekränzchen-Schätzchen mir gegenüber an den Tag legten, auslassen konnte. Margas hintere Terrassentür stand offen.
    »Hallo?« Ich postierte mich mitten im Wohnzimmer. Wenn sie glaubten, mit mir solche Mätzchen veranstalten zu können, dann bitte. In voller Breitseite. »Marga?«
    Mir fiel ihr Nachname auf den Stopp nicht ein, aber in Anbetracht der persönlichen Anteilnahme an meinem Leben, vor allem was dessen zukünftigen Verlauf anging, fand ich es nur recht und billig, dass ich mir die vertraute Anrede erlaubte. Beschimpfungen sprachen sich so ebenfalls deutlich besser aus.
    »Ist hier jemand?«, plärrte ich und wartete auf Antwort. Nichts geschah.
    Ich ging in den Flur und lauschte. Im oberen Geschoss hörte ich Stimmen. Unter Missachtung sämtlicher Anstands- und sonstiger Regeln stieg ich die Treppe hoch und schlich mich zu der Tür, hinter der ich sie vermutete. Gemurmel. Ich legte die Hand auf die Klinke, drückte sie behutsam nieder und stieß die Tür auf. Ich wollte den Überraschungseffekt auf meiner Seite wissen, sie mit meiner Entdeckung konfrontieren, bevor sie die Gelegenheit bekamen, sich abzusprechen.
    Ich stolperte ins Zimmer und stand vor Margas Bett. Die rechte Seite zur Tür hin war gemacht. Ein dickes Plumeau bauschte sich über den Rand, verpackt in Bettwäsche mit dezentem Paisleymuster. Die andere Hälfte des geräumigen Doppelbettes war bis auf die mit einem Spannbetttuch bezogene Matratze leer. Außer meinem eigenen Abbild auf den verspiegelten Schranktüren regte sich nichts im Raum. Das Gemurmel der Stimmen war durch Musik abgelöst worden. Schlagermusik aus dem Radio.
    »Mist.« Ich verdrehte die Augen und kam mir ausgesprochen blöde vor. Am helllichten Tag im leeren Schlafzimmer einer Nachbarin zu stehen, die man erst seit wenigen Stunden kannte, weil man glaubte, dass diese an einem Komplott gegen einen beteiligt war, war im besten Fall als exzentrisch zu bewerten. Im schlimmsten als Hausfriedensbruch. Und ich konnte mich noch nicht einmal damit herausreden, dass ich nur nach den Ziegen hatte sehen wollen. Die pflegten zwar in nachbarliche Gärten, aber definitiv nicht in nachbarliche Schlafzimmer einzusteigen.
    Mein Blick fiel auf einen Bilderrahmen neben dem nicht bezogenen Bett. Ein freundlicher, angegrauter Herr lächelte mir entgegen. Er trug eine Brille, deren modischer Zenit seit mindestens zehn Jahren überschritten war, und einen Pullover, auf den der Begriff Vintage erst in einem weiteren Jahrzehnt zutreffen würde. Das schmale schwarze Bändchen am oberen rechten Rand hätte ich beinahe übersehen. Noch einer, auf den das Prädikat Exmann zwar zutraf, aber anders und radikaler als im üblichen Wortsinn.
    Ich ging wieder nach unten, warf einen Blick in das Wohnzimmer, schaute in die Küche und steckte den Kopf sogar ins Badezimmer. Mittlerweile war es mir vollkommen egal, ob mich jemand erwischte.
    Alles sah so aus, als ob Marga jeden Moment durch die Tür treten würde. Eine halb volle Tasse auf der Anrichte, die Zeitung aufgeblättert, ein Teller mit einem

Weitere Kostenlose Bücher