Kraut und Rübchen - Landkrimi
und was sie sagen sollten. Allein Ellen Wintherscheids Reaktion überraschte mich. Sie lachte. Zuerst nur leise, dann laut und herzlich. Eine nach der anderen in der Runde fiel in das Lachen ein, bis sie sich alle die Bäuche hielten. Ich stand wie hypnotisiert.
»Wofür hältst du uns, Katharina? Für Hexen? Für skrupellose Mörderinnen?« Ich nickte. Das Gelächter machte mich noch wütender, als ich ohnehin schon war. »Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Wieso sollte ich nicht? Die Indizien sprechen eine deutliche Sprache.«
»Was bist du? Ein Detektiv oder eine Polizistin? Oder wieso redest du so?« Ellen Wintherscheid lächelte, als sei ich ein begriffsstutziges Kind. »Denn wenn dem so wäre, wärst du äußerst leichtsinnig, dich direkt in die Höhle des Löwen zu begeben.« Sie stand auf, kam auf mich zu und legte mir die Hand auf die Schulter. »Und es ist natürlich Unsinn. Ganz großer Unsinn.« Sie umfasste mich fester und drehte mich so, dass ich den anderen in die Augen sehen konnte. »Traust du uns das wirklich zu?« Ich schluckte. Alle Hinweise deuteten darauf hin. Das Tagebuch, Hildas Taten, diese Geheimniskrämerei, die Blumen auf den Grabsteinen, einfach alles.
»Jetzt denkst du dir, das ist alles so unwahrscheinlich, dass es schon wieder wahr sein muss, richtig?«, fragte sie in sachlichem Ton und ließ mich los.
»Habt ihr eine andere Erklärung?« Ich hörte meine Stimme zittern. Vielleicht hatte sie recht, und ich war wieder über mein Ziel hinausgeschossen. Das passierte mir ja nicht zum ersten Mal. War ich ein weiteres Mal zum Opfer meiner überbordenden Phantasie geworden?
»Natürlich.«
»Ich höre.«
»Vielleicht wäre es das Beste, wenn du uns zuerst mal erklärst, was dich auf diese Idee gebracht hast.« Sie ging um den Tisch herum und setzte sich wieder. Mit der Hand deutete sie auf einen freien Platz in der Runde.
»Ihr seid alle erstaunlich ruhig dafür, dass ich euch gerade als Mörderinnen verdächtigt habe.« Ich sah sie der Reihe nach an. »Mir wäre das nicht egal.«
»Es ist uns auch nicht egal, aber wir sind zumindest nicht überrascht.« Die Witwe des Doktors. »Wir haben es ja auf gewisse Weise selbst provoziert.«
»Provoziert?«
»Wir wollten dich testen.« Eine der beiden Schwestern.
»Testen?«, echote ich wieder und kam mir langsam wie Björn vor. Sie schob den leeren Stuhl neben sich ein Stück nach hinten und klopfte auf die Sitzfläche. Langsam setzte ich mich.
»Ja. Testen. Wir wussten nicht, was Marion dir über uns und unser derzeitiges Problem erzählt hat, und hatten gehofft, du würdest von dir aus etwas sagen.« Mila schnaubte, und ich suchte den Blickkontakt zu ihr. Sie hatte, seit Ellen sie so abrupt unterbrochen hatte, geschwiegen und saß zurückgelehnt auf ihrem Platz. »Wir kämpfen alle gemeinsam gegen ein Projekt, das unser Dorf bedroht.«
»Und das wäre?«
»Das Dorf als Einkaufszentrum«, mischte sich die Rotbezopfte ein. »Sie wollen hier bei uns ein Riesenprojekt realisieren, eine breite Straße durch die Landschaft pflügen und das Ganze auch noch mit einer eigenen Autobahnauffahrt versehen. Shopping-Village nennt sich das dann. Das ist der neueste Hit überall, und die Leute rennen denen andernorts die Bude ein.«
»Wo ist das Problem? So etwas ist doch gar nicht schlecht. Sehr viele Arbeitsplätze hat Kleinhaulmbach ja nun nicht zu bieten.«
»Das stimmt. Und wir hätten auch nichts dagegen gehabt, wenn das Ding auf der grünen Wiese entstanden wäre. Aber sie wollen es mitten ins Dorf setzen. Mehr noch. Sie wollen unsere Häuser dazu umbauen und in Geschäfte umwandeln.«
»Wenn denen niemand sein Haus verkauft, dürfte es doch kein Problem geben.«
»Doch, gibt es. Dem Investor gehört bereits ein nicht unbeträchtlicher Teil an Häusern hier im Dorf. Es ist alter Familienbesitz. Aber die Fläche reicht nicht. Schon mal gar nicht für die Straße und den Autobahnzubringer. Also hat er den Dorfbewohnern Angebote gemacht, um ihnen ihre Häuser und Grundstücke abzukaufen. Einige haben auch unterschrieben. Aber es sind noch nicht genug. Hast du wirklich nichts davon gewusst?«
»Wie sollte ich?«
»Hat dich der Investor nicht kontaktiert?«
»Nein. Bei mir hat sich niemand gemeldet. Aber ich habe die ganze Angelegenheit sowieso nur über den Notar …« Ich stockte. Herr Dr. Habschick hatte mehr als einmal versucht, mich zu erreichen, und ich hatte seine Nachrichten einfach immer nur gelöscht, ohne sie anzuhören,
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