KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
Nahrungsmitteln eingeschliffen. Stückchen für Stückchen wurden in den letzten Jahren Daten zusammengetragen, mit denen diese kühne These langsam ein empirisches Fundament erhält.
Neben epidemiologischen Hinweisen gibt es eine wachsende Zahl von Experimenten, die in vielerlei Pflanzen Inhaltsstoffe nachgewiesen haben, die im Laborversuch das Wachstum von Krebszellen hemmen. Viele dieser Laborexperimente sind mehr als uninspirierte »Schütt-und-Guck«-Forschung. Sie demonstrieren nicht nur wachstumshemmende Effekte auf Tumorzellen; sie liefern oft auch plausible Vorstellungen zu den Mechanismen, wie solche Pflanzeninhaltsstoffe auf die Krebszellen wirken könnten.
Werfen wir einen Blick in die Hexenküchen dieser Laboratorien. Wir werden dabei einige ganz alltägliche Nahrungsmittel mit völlig anderen Augen sehen lernen und bemerken, dass die postulierten Wirkungen nichts Magisches haben. Auch die infrage kommenden Anti-Krebs-Wirkstoffe im Nahrungscocktail gehorchen denselben biochemischen und pharmakologischen Regeln wie konventionelle Medikamente. Im Vergleich zu klassischen Medikamenten ist eine Pflanze allerdings ein unglaublich komplexes Gemisch unterschiedlichster Stoffe und Stoffklassen.
Traditionell interessierten wir uns vor allem für die sogenannten Makronährstoffe. Diese Makronährstoffe habe ich unter anderem Namen schon vorgestellt. Es handelt sich um die bekannten Stoffgruppen der Fette, Eiweiße und Kohlenhydrate. Sie sind in erster Linie Brennstoffe und versorgen den Körper mit den notwendigen Kalorien. Sie liefern aber auch die Fett- und Aminosäuren, die unser Körper nicht selbst herstellen kann.
Daneben – auch das ist allgemein bekannt – enthalten Pflanzen natürlich Vitamine und Mineralstoffe (Salze). Vitamine sind Stoffe, von denen jeder menschliche Körper nur sehr geringe Mengen benötigt. Trotzdem sind sie lebensnotwendig, weil sie für die korrekten Abläufe vieler wichtiger biochemischer Reaktionen eine essentielle Bedeutung haben. Da der Körper sie nicht selbst aus anderen Bausteinen zusammensetzen kann, müssen sie mit der Nahrung zugeführt werden – sonst drohen Vitaminmangelerkrankungen.
Abbildung 8: Nahrungsmittel mit krebshemmenden Inhaltsstoffen. 53
Pflanzen enthalten aber noch eine Vielzahl weiterer chemischer Verbindungen, die kaum bekannt sind und lange Zeit von der Forschung vernachlässigt wurden. Sie sind keine relevanten Energielieferanten und spielen im Gegensatz zu den Vitaminen auch keine lebenswichtige Rolle im Stoffwechsel.Dieses Panoptikum unterschiedlichster Stoffe wird unter dem Oberbegriff phytochemische Verbindungen oder sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe zusammengefasst. Sie scheinen für unseren Körper keine existentielle Bedeutung zu haben. Sie sind aber für viele prägende Eigenschaften der Pflanzen wie die rote Farbe der Himbeeren oder den kräftigen Geruch des Knoblauchs verantwortlich. Mit einer ausgewogenen Tagesration Obst, Gemüse, Tee und vielleicht einem Glas Rotwein nehmen wir etwa 2 Gramm dieser sekundären Pflanzeninhaltsstoffe zu uns. Dieser kleine Cocktail enthält 5000 bis 10
000 unterschiedliche chemische Verbindungen. Diese Apotheke der Natur ist noch weitgehend unerforscht. Einige Substanzen beginnen sich aber als vielversprechende Kandidaten für ein Anti-Krebs-Buffet zu qualifizieren. 54
3. Tomaten und Co.
Verglichen mit den altehrwürdigen Kulturpflanzen Kohl und Knoblauch ist jetzt von einem Newcomer in der europäischen Küche die Rede. Wie viele andere Nachtschattengewächse stammt die Tomate aus Südamerika und wurde erst im 16. Jahrhundert durch die spanischen Konquistadoren in Europa eingeführt. Lange wurde sie nur als Zierpflanze verwendet. Wie manche andere ihrer Verwandten aus der Familie der Solanacea – Belladonna, Stechapfel und Tabak – enthalten die Blätter und die Wurzeln der Tomate tatsächlich äußerst starke, teilweise auch halluzinogen wirkende Alkaloide und sind daher ungenießbar. Die Vorzüge der roten Frucht entdeckten die Europäer relativ spät. Erst im Jahr 1692 tauchte die Tomate zum ersten Mal in einem italienischen Kochbuch auf: Populär wurde sie im 19. Jahrhundert.
Ihr Geheimnis scheint
vor allem in dem Stoff zu stecken, der ihr die rote Farbe verleiht, dem Lycopin. Chemisch gehört Lycopin zur Gruppe der Carotinoide. Es hat, wie andere Vertreter dieser Gruppe, eine ausgeprägte antioxidative Wirkung. Das Lycopin scheint vor allem die Entstehung von Prostatakrebs zu hemmen. 63 Der
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