Kreuz des Südens
Hals.
»Wohin darf's sein«, fragte der Gouverneur.
»Im Ernst, Herr Gouverneur, Sie brauchen das nicht. Ich werde Ihnen keine Umstände machen«, sagte Brazil.
Gouverneur Feuer lächelte. »Wie ist Ihr Name, Sohn?«
»Andy Brazil.«
»Wie dieser NIJ-Typ, der den Artikel über Jugendkriminalität geschrieben hat?«
»Ja, das bin ich.«
Der Gouverneur war beeindruckt. »Und du?«, fragte er Weed. »Weed.«
»Ist das dein richtiger Name, mein Junge?« »Wie kommt es, dass mich das jeder fragt.« Weed war es leid.
»Ich denke, ins Präsidium wäre am besten, Sir«, sagte Brazil.
»Fahren Sie beim Polizeipräsidium vorbei«, sagte der Gouverneur zu Jed. »Und rufen Sie meinen Referenten an und sagen ihm, er soll alles absagen.«
Für Patty Passman war die Zeit stehen geblieben. Sie saß auf dem kalten, nach Urin stinkenden Metallboden des Gefangenentransporters, die Arme nach hinten gebogen, die Knöchel unbeweglich. Ihre Hände und Füße fühlten sich taub an. Sie fror bis ins Mark. Sie stellte sich bereits Wundbrand, Amputationen und Gerichtsverhandlungen vor.
Die Werte ihrer unglückseligen Chemie waren wieder einigermaßen im Gleichgewicht. Obwohl schwach und irgendwie zerschlagen, konnte sie doch wieder klar und überlegt denken. Sie wusste genau, was Rhoad vorhatte. Man durfte sie nicht regulär einsperren, bevor er nicht wenigstens einen Haftantrag ausgefüllt hatte. Nun würde dieser Hurensohn mit jedem nur denkbaren Haftgrund auftrumpfen, und für jeden ein eigenes Formular benutzen, denn je länger er dazu brauchte, desto länger würde sie hier sitzen, zusammengeschnürt wie ein Huhn in der Tiefkühltruhe. Passman ruckelte sich rückwärts über das unerbittliche Metall, bis sie endlich an eine Seitenwand gelangte, an die sie sich anlehnen konnte. Alle paar Sekunden änderte sie ihre Position, um den Biss der Handschellen und die Schmerzen in ihren Schultern zu lindern.
»Oh, mach bitte schnell«, bettelte sie in der Dunkelheit. Tränen traten ihr in die Augen. »Mir ist so kalt. O Gott, tut das weh! Bitte! Ihr seid so gemein zu mir!« Sie brach in Schluchzen aus, das niemand hörte und, selbst wenn sie mitten in einer ausverkauften Arena gestanden, niemanden gerührt hätte. Niemand kümmerte sich um sie, keiner hatte das je getan. Patty Passmans erster Fehler im Leben war es gewesen, als Mädchen in eine Familie hineingeboren worden zu sein, die bereits sechs Töchter hatte. Als die Eltern erfuhren, dass ihr letzter Versuch auch nichts anderes ergeben hatte, waren sie am Boden zerstört. Passman verbrachte ihre Kindheit mit dem Versuch, die Sache wieder gut zu machen.
Sie schlug ihre Schwestern und sagte ihnen, sie seien hässlich, dumm und flachbrüstig. Sie zerschlug Spielzeug, riss Puppen die Glieder aus, fertigte obszöne Zeichnungen an, furzte, rülpste, spuckte, spülte die Toilette nicht, war unsensibel, hortete Bonbons, unterschlug Vierteldollarmünzen, die für den sonntäglichen Opferstock gedacht waren, hatte Wutausbrüche, quälte den Hund, spielte Krieg, spielte Doktorspiele mit anderen Mädchen aus der Nachbarschaft und weigerte sich, Klavier zu üben. Sie tat alles, was sie konnte, um sich wie ein Junge zu benehmen.
Als die Jahre vergingen, gab sie sich nicht mehr ganz so wild, doch nur um festzustellen, dass sie sich so lange konträr verhalten hatte, dass sie im Wettrennen um Weiblichkeit keine Chance mehr hatte, aufzuholen oder auch nur den letzten Platz zu machen. Sie hatte sich disqualifiziert und wurde von niemandem mehr genommen; außer von Moses Pharao, der sie für die Heimturniere der Ringerinnen aufgestellt hatte, weil er, wie er ihr in jener denkwürdigen Nacht, als er sie über den hell erleuchteten Basketballplatz begleitete, eröffnete, auf dicke Frauen mit kleinen Stummelzähnen stünde.
Danach gingen die beiden in Joe's Inn Lasagne, Knoblauchbrot, Salat und Käsekuchen essen. Auf dem Nachhauseweg entführte Moses sie in seinem 69er Chevelle High Performance mit den 425 Pferdestärken und den 475 Nm Drehmoment zum Aussichtspunkt am Ende der East Grace Street. Alles, was Passman über Küssen wusste, hatte sie aus Filmen. Auf die riesige, nach Knoblauch schmeckende dicke Zunge, die sich ihre Kehle hinunterbohrte, war sie nicht vorbereitet gewesen. Als Moses' Hände auf der Suche nach dem gelobten Land in ihren Chiffonausschnitt fuhren, war sie schockiert. Er teilte, kreuzigte sie und brach in jener schrecklichen Nacht, als ihr rosa Satinkleid hochgeschoben und
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