Kreuz des Südens
gingen.
»Danach«, sagte Brazil, »können wir es gar nicht mehr verfehlen.«
»Das ist eine Verschwörung, das sag ich dir, Andy. Sie haben Fling ganz bewusst auf Hammer angesetzt, um sie mürbe zu machen.«
»Ich weiß nicht«, sagte Brazil, öffnete ihr die Tür, und schon waren sie in der Halle. »Der letzte Chief hatte ihn drei Jahre lang erduldet.«
»Der letzte Chief wurde auch wegen Inkompetenz gefeuert.«
»Ah.« Brazil erspähte eine hübsche junge Lehrerin, die mit einem ihrer Schüler vorbeiging. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte Brazil und lächelte sie an. »Wir versuchen, das Auditorium zu finden. Ich bin Officer Brazil, und das ist Deputy Chief West.«
»Natürlich«, antwortete Mrs. Grannis enthusiastisch, »Sie sind genau die, zu denen wir unterwegs sind. Ich bin Mrs.
Grannis und dies ist Weed. Sie können mit uns kommen. Es ist gleich da vorne. Ich bin sicher, alle haben bereits Platz genommen und warten schon ungeduldig auf Sie.«
»Was sagt man dazu?«, sagte Brazil zu Weed. »Nichts«, antwortete Weed.
»Ach, komm schon«, sagte West. »Wie ich höre, bringt man euch hier 'ne Menge mehr bei als nichts.«
»Weed ist unser Star-Künstler«, sagte Mrs. Grannis stolz und klopfte Weed auf die Schulter.
Er entzog sich ihr. Er hatte die Unterlippe vorgeschoben in einer Mischung aus Feindseligkeit und den Tränen nahe. »Das ist cool, Mann«, sagte Brazil und verkürzte seinen Schritt. »Welche Art von Kunst?«
»Wozu ich Lust hab.«
»Wirklich?«, fragte Brazil. »Machst du Skulpturen?« »Ja.«
»Wie steht's mit Tuschezeichnungen?« »Ja.«
»Aquarelle?« »Fang grad damit an.« »Pappmache?« »Ist einfach.«
»Impressionismus? Magst du Cezanne? >Le Chäteau Noir« »Was?« Weed sah zu Brazil hoch. »Was haben Sie gesagt?« »Cezanne. Einer meiner Lieblingsmaler. Schau ihn dir an.« »Wo lebt er?« »Er lebt nicht mehr.«
Weed zog die Stirn in Falten und folgte den beiden Polizisten und Mrs. Grannis ins Auditorium. Es war rappelvoll. Die Schüler drehten sich um und fragten sich, was Mrs. Grannis und Weed wohl mit den zwei wichtigen Gästen zu tun hatten. Weed trug seinen Kopf hoch, ging ganz lässig dahin, in seinen ausgebeulten Jeans, und setzte sich mit Mrs. Grannis in die zweite Reihe, wo auch die anderen Lehrer saßen. Brazil und West gingen auf die Bühne und setzten sich aufs Podium, wo sie von Scheinwerfern angestrahlt wurden. West klopfte aufs Mikrophon, es bummerte laut.
»Kann mich jeder hören?«, fragte sie. »Ja«, kamen die Stimmen zurück. »Auch ganz hinten?« »Ja.«
»Wo sind eure Revolver?« Lachen ging durch die Reihen.
»Damit fangen wir an«, sagte West, und ihre Stimme wurde lebhaft. »Was soll der ganze Käse mit Waffen? Klar, ich trag eine.«
»Was für eine?«
»Eine, die ich nicht mag«, antwortete sie. »Weil ich überhaupt keine Waffen mag. Ich mag noch nicht mal Polizistin sein, und wisst ihr weshalb? Weil ich wünschte, wir bräuchten keine Waffen und keine Polizisten.«
Sie und Brazil sprachen etwa zwanzig Minuten. Danach ging die Direktorin, Mrs. Lilly, nach vorn, während der Applaus weiterging. Brazil beugte sich zu ihr hinab und reichte ihr das Mikrophon. Sie blinzelte in das blendende Licht und sagte an, dass nun ein paar Fragen gestellt werden dürften.
Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Sears, wo er eben mal zehn Garagentor-Fernbedienungen geklaut hatte, war Smoke in die Schule zurückgefahren. Er erhob sich von seinem Sitz am Außengang der zehnten Reihe.
»Ich frage mich«, sagte er laut und völlig ernsthaft, »ob Sie glauben, dass es Kinder gibt, die böse zur Welt kommen?«
»Ich glaube, einige ja«, antwortete die Polizistin offen.
»Ich möchte doch eher glauben, dass das nicht stimmt«, rief Mrs. Lilly ein wenig empört.
»Wir alle möchten glauben, dass das nicht stimmt«, sagte der blonde uniformierte Polizist. »Aber ich denke, was am Ende zählt, ist, dass Menschen Entscheidungen treffen. Niemand zwingt euch, bei der Prüfung zu mogeln, ein Auto zu stehlen oder jemanden zu verprügeln.«
Smoke stand immer noch im Halbdunkel und hörte mit aufmerksamer, unschuldiger Mine zu. Er war noch nicht fertig. »Aber was machen Sie, wenn jemand wirklich böse ist und nichts ihn verändern kann?«, fragte er laut und selbstbewusst.
»Ihn einsperren.« Die Polizistin schien zu meinen, was sie sagte. Gelächter.
»Alles, was man tun kann, ist zu versuchen, die Gesellschaft vor solchen Leuten zu schützen«, fügte sie
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