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Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ihm nichts anderes übrig, als die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Commerce Road zu überschreiten. Ihm blieb keine Zeit für nostalgische Gedanken, als er beim Spaghetti Warehouse vorbeibrauste, wohin er seine Frau Honey am letzten Muttertag entführt hatte, obwohl sie gar keine Kinder hatten. Bubba wollte keine, denn Bubba glaubte, die Flucks, besonders die, die Butner hießen, wären degeneriert und hätten das Ende der Fahnenstange erreicht.
    Bubba rauchte und schoß vorbei an Sieberts Abschleppdienst, Feuerwache Nr. 13, Cardinal Gummiwaren, Estes Express, Crenshaw Lastwagenzubehör, John's Fische & Geflügel und all den anderen Geschäften, die an der Interstate 95 lagen. Es hatte zu regnen begonnen. Wassertropfen bahnten sich ihren Weg durch den Haarriss im Dach des Jeep und den Polyurethanschaum, quollen unterhalb des Rückspiegels hervor und fielen auf das Armaturenbrett. Der Lucky-Strike-Wasserturm und die oberste Kante der Marlboro-Werbetafel leuchteten am Horizont, egal in welche Richtung er fuhr, und erinnerten ihn, dass die Zigarettenherstellung immer weiterging wie das Leben.
    Bubba war wütend auf Muskrat, weil der sich geweigert hatte, noch irgendetwas für Bubbas lecken Jeep zu tun. Bubba war auch sauer auf Honey, die ihrem Namen keine Ehre gemacht hatte, als er endlich nach Hause gekommen war. Sie hatte sich weder für die klebrigen Kraft-Makkaroni mit Käse noch für die verbrannte Tombstone-Pizza, beide mit zu viel lieblos darüber gestreuter Parm-Plus-Gewürzmischung, entschuldigt. Es war ihr egal gewesen, dass Bubbas rituelles Glas Capri-Sonne zu lau, der Jell-O-Käsekuchen zu warm war oder man mit dem vom Frühstück übrig gebliebenen Maxwell-House-Kaffee die Fahrbahn hätte schwärzen können.
    Honey hatte sich erst über Cheez Whizz und Miracle Whip, die beide Philip Morris der Welt geschenkt hatte, lustig gemacht und war dann in eine weinerliche Litanei verfallen, dass Bubba ihr nicht entkommen könne, da sie die Wagenschlüssel versteckt habe. Er wusste nicht, was in sie gefahren war. Vor diesem Abend hatte sie ihn noch nie davon abgehalten, rechtzeitig zur Arbeit zu erscheinen. Auch wenn sie nicht wissen konnte, dass er zu spät dran war, weil er ja früher kam, um die zweite Hälfte der Schicht für Tiller zu übernehmen. Philip Morris glitzerte wie ein Juwel und ragte erhaben wie eine Stimmgabel inmitten des ganzen Blechs und der unerträglichen Kakophonie des schrecklichen Verkehrs und der endlosen Baustellen entlang der 195 in den Himmel. Das Areal um das knapp drei Quadratkilometer große Werk inklusive aller Büro- und Produktionsflächen war makellos, die ausladenden Grünflächen dienten oft als Hubschrauberlandeplatz für die höheren Ränge, die Bubba hoch verehrte und doch nur selten sah. Sämtliche Büsche waren perfekt getrimmt. Japanischer Ahorn, Holzapfelbäume, Bradford-Birnen und Eichen waren großzügig und wohl plaziert.
    Über die Jahre hatte Bubba die Überzeugung gewonnen, dass Philip Morris eine Mission auf Erden zu erfüllen hatte, die, wie der Wille Gottes, noch nicht völlig offenbart, sondern lediglich angedeutet worden war; selbst den handverlesenen höheren Angestellten gegenüber. In jenes Gebäude mit so viel funkelndem Glanz und Glorie und umgeben von so herrlichen Gärten, dass sie von der Präsidentengattin Lady Bird Johnson selbst eingeweiht worden waren, hatte Bubba noch nie seinen Fuß gesetzt.
    Große Videowände richteten sich von allen vier Gebäudeecken an die Arbeiter, die Technik der Industrie war so geheim, dass nicht einmal Bubba die Hälfte von dem verstand, was er jeden Tag tat. Bubba wusste nur, dass alles so erleuchtet war, dass es nicht von dieser Welt sein konnte. Er hatte sich eine Theorie zurechtgelegt, über die er nur mit jenen diskutierte, die über die Zeit hinweg sich dem geheimen Bund der Alien Ship Helpers (Helfer des außerirdischen Schiffs) ASCH, angeschlossen hatten.
    ASCHlinge glaubten, dass die vierzehntausend Zigaretten, die jede Minute, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Mal die Woche produziert wurden, in Wahrheit Brennstoffstäbe waren, die von der gewaltigen Maschine konsumiert wurden, welche das Raumschiff durch den Raum bewegte, einen Raum von so ungeheuren Dimensionen, dass nur Glaube ihn begreifen konnte. Diese Brennstoffstäbe waren unwirksam, es sei denn, man verbrannte sie. Und dafür brauchte man die Mithilfe von Millionen von Menschen, die sie entzündeten und für die notwendige kollektive Verbrennung

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