Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
Mona.«
»Bist du knapp dran?«
»Nicht so sehr, aber ein Freund von mir sucht eine billige, aber anständige Bleibe.«
»Ich hatte den Eindruck, deine Freunde hier seien nicht solche Hungerleider.«
»Dieser hier ist es.«
»Wenn er genügsam ist, kann er bei Gerard unterschlüpfen. Das ist der Medizinstudent. Der hat eine Kammer frei, in der er seine freiwilligen Patienten misshandelt. Ein ständiger Mieter würde uns einiges ersparen. Kann allerdings sein, dass er an deinem Freund gelegentlich das Anlegen von Verbänden übt oder seine Anatomiestudien betreiben will.«
»So lange er ihn nicht seziert...« »Ich spreche mal mit ihm.« Mona stand auf und hauchte Cornelius einen schmetterlingszarten Kuss auf die Wange, dann war sie fort.
Gerard klopfte am nächsten Tag bei ihm an und erklärte, er hätte gegen einen Untermieter nichts einzuwenden, wenn der denn die Grundbegriffe der Hygiene befolgte. Also machte sich Cornelius auf den Weg in die Druckerei, wo er René geschickt mit dem Grabstichel hantieren sah, mit dem die feinen Linien in eine polierte Kupferplatte übertragen wurden. Er hatte ihn kommen gehört und sah von dem halbfertigen Kupferstich auf.
»Natürlich bin ich mit einer Kammer zufrieden. Es wird allemal besser sein als die uns bekannte Unterkunft«, erwiderte er auf Cornelius’ Vorschlag.
»Gut, dann komm, wenn du mit der Arbeit fertig bist, ins Quartier. Findest du das Haus noch?«
»Natürlich. Und – Cornelius?«
»Spar dir die Dankesbezeugungen.«
René schüttelte den Kopf, fasste sich dann aber wieder und fragte: »Verrat mir nur eins – warum tust du das?«
»Weil ich demjenigen, der mir geholfen hat, meinen Dank nicht mehr abstatten kann. Wenn du durch meine Hilfe wieder auf eigenen Füßen stehst, dann denk später daran.« Er legte ihm die Hand auf die Schulter und verließ die Druckerei, um einen weiteren Wissenschaftler aufzusuchen. Diesmal war es ein Mediziner, denn die ergötzlich Schilderungen von Gerards Behandlungsversuchen hatten ihn auf die Idee gebracht, ein Handbuch der Heilkunde herauszugeben, das dem Leser die Grundlagen der Medizin vermittelte. Angeblich hatte der Herr, den er jetzt aufsuchte, bereits ein solches Werk verfasst und großen Zuspruch gefunden.
Diesen Abend hatte er keine Zeit für die Katzen, er half René, sich bei Gerard einzurichten, und blieb auf eine Flasche Wein bei den beiden. Am nächsten Abend aber bekamen die pelzigen Hofbewohner wieder ihren gewohnten Fisch, und Cornelius wartete auf Mona. Es hatte über Tag einige Schauer gegeben, aber als die Sonne unterging, riss der Himmel auf. Zwar war es kühler geworden, doch die Ausdünstungen der Stadt und der Staub hatten sich gelegt, und die Luft schien gereinigt. Selbst die Müllbehälter und die Sickergrube hinter dem rückwärtigen Tor rochen weniger streng. Dafür öffneten sich an dem mutigen Fliederbusch, der sich seinen Platz zwischen den Kohlköpfen erkämpft hatte, die violetten Knospen und verschenkten verschwenderisch ihren Duft.
Genau wie das Sträußchen Veilchen, das neben ihm lag.
Diesmal kam nach der Speisung die kleine schwarze zu ihm auf die Bank gesprungen und sah ihn mit ihren großen, für eine Katze ungewöhnlich runden Augen an.
»Du siehst aus, als ob du mir etwas erzählen möchtest.«
»Brrrip«, antwortete sie ihm.
»Damit hast du völlig Recht, Mirabelle.«
Sie legte besitzergreifend ihre weißbestrumpfte Pfote auf seinen Oberschenkel.
»Ist das das kätzische Adoptionsverfahren?«
»Natürlich. Du gehörst jetzt zur Familie, Cornelius, und wenn der Streuner mit dem zerfetzten Ohr wiederkommt, musst du kämpfen.«
»Guten Abend, Mona. Oh, ich sehe, Familie gilt nichts gegenüber dem Milchtopf.«
Das leise Klirren der Schale rief alle drei Katzen auf den Plan, und Mona setzte sich auf den frei gewordenen Platz neben Cornelius. Er reichte ihr das Sträußchen.
»Aber, aber! Männer, die Blumen schenken, haben schlimme Absichten oder ein schlechtes Gewissen, hat Maman mich gewarnt. Was hast du ?«
»Ein völlig ruhiges Gewissen.«
Sie lächelte nur und steckte sich die Veilchen an den Ausschnitt. Dann saßen sie schweigend nebeneinander und beobachteten, wie der Himmel sich von blassem Azur zu Türkis wandelte und die blauen Schatten in den Winkeln und Ecken tiefer wurden. Cornelius zog an seiner Pfeife und ließ Rauchringe in die stille Luft aufsteigen. Es war ein Schweigen zwischen ihnen, in dem viel gesagt wurde, und als der erste Stern am
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