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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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fing an zu regnen. Sie war froh über die Kapuze, die ihren Kopf bedeckte, obwohl der stürmische Wind sie dann und wann nach hinten zerrte. Hinter den Feldern des Ortes begann der Wald, und unter den hohen Bäumen war es nun dunkel geworden. Knarrend und ächzend bogen sich die Äste über ihr, die tief eingeschnittenen Karrenspuren füllten sich mit Wasser und wurden zu kleinen Bächen. Sie passierte zwei fluchende Kutscher, die sich nicht darüber einig werden konnten, wer an der Schmalstelle zurückzusetzen hatte, und einen Mann mit einem hoch beladenen, einrädrigen Schürreskarren, der schwankend seine Last zwischen den Karrenspuren umherjonglierte. Danach begegneten ihr keine Menschen mehr. Darum machte sie sich auch keine Sorgen, überrascht zu werden, als sie abstieg und hinter den Büschen verschwand, um sich zu erleichtern. Doch sie hatte gerade ihre Kleidung wieder gerichtet, da hörte sie das Pferdchen leise schnauben. Sie lugte vorsichtig durch das Gezweig und sah eine dunkle Gestalt, die sich an den Zügeln, die sie um ein Stämmchen geknotet hatte, zu schaffen machte. Der spitze Dolch lag in ihrer Hand, als sie sich leise von hinten an den Mann heranschlich und ihm dann, als er gerade das Geschirr ergreifen wollte, mit einer schnellen Bewegung den einen Arm um die Taille legte und den anderen, mit dem Messer in der Hand, an seine Kehle setzte. Der Dieb war kaum so groß wie sie, und ein Laut der Überraschung entrang sich der solcherart bedrohten Kehle.
    »Loslassen!«, zischte Antonia, und die Hände ließen die Riemen fahren. Doch hätte sie beinahe das Messer fallen lassen, denn diese Hände steckten nicht etwa in dunklen Handschuhen, wie sie geglaubt hatte, sondern sie und auch das Gesicht, das sie nun von der Seite sah, waren schwarz.
    »Verzeihung«, gurgelte ihr Opfer. »Ein Missverständnis!«
    »Ach ja, du dachtest wohl, das sei dein Ross, was? Kann man ja im Dunkeln auch so schlecht unterscheiden.«
    »Ich dachte, der Reiter habe einen Unfall gehabt.«
    »Klar, den hättest du in seinem Blut hier liegen lassen.«
    »Nehmen Sie das Messer weg, bitte!«
    »Ungern!« Sie wusste leider, dass sie nicht viele Trümpfe in der Hand hielt. Sie musste den Mann laufen lassen und hoffen, er würde ihr nicht an anderer Stelle auflauern. Trotzdem versuchte sie, ihm noch etwas Angst einzujagen, und drückte die Schneide fester gegen seinen Hals. »Wie heißt du?«
    »Xavier.«
    »Ich schätze, wenn ich dich meinen Freunden beschreibe, wird man dich finden, Xavier. Du bist ziemlich unverwechselbar. Trotzdem, ich werde Gnade vor Recht ergehen lassen und dir nicht deine schwarze Gurgel durchschneiden. Lauf. Und zwar den Berg hinauf, nicht hinunter!« Sie ließ ihn los und gab ihm einen Schubs. Er stolperte, sprang aber auf und rannte los.
    Den restlichen Weg ritt Antonia mit geschärften Sinnen, und manches Mal zuckte sie zusammen, wenn es irgendwo im Gebüsch besonders laut knackte. Der Regen kam jetzt wie in Sturzbächen vom Himmel, und sie hoffte, der Räuber habe die Lust an weiteren Überfällen verloren.
    Endlich sah sie die erleuchteten Fenster des Wirtshauses, und völlig durchnässt und frierend brachte sie das Pferdchen in den Stall, wo sie es abrieb und den Futtertrog auffüllte. Dann stapfte sie durch den Hintereingang in ihre Kammer und wechselte die Kleidung. Sie trug, seit sie als Köchin arbeitet, wie Maddy und die Mägde wieder einen Rock aus derbem Stoff. Mit feuchten Haaren begab sie sich in die Küche.
    »Gott sei Dank, dass du da bist, Toni. Dieser stumpfsinnige Trampel von Magd kennt nur eine Handbewegung, und die führt vom Teller an ihren Mund«, schnaubte Maddy. »Und die Ella ist heute nicht gekommen.«
    »Ich helfe, die Sachen hinaustragen.« Da sie unterwegs ihre Jungenkleidung angehabt hatte, erkannte der Mann sie nicht, als sie mit einem vollgeladenen Tablett in den Schankraum trat. Sie aber sah das schwarze Gesicht und hätte fast ihre Last fallen lassen. Er saß am Tisch mit drei Männern, keine ihr bekannten Fuhrleute oder Dorfbewohner, und redete eindringlich auf sie ein. Mit erzwungener Ruhe verteilte sie die Teller und Krüge, kassierte und räumte geleerte Becher ab. Dann aber zog sie den Bärenwirt am Ärmel in die Küche.
    »Wer sind die vier, die mit dem Schwarzen zusammensitzen, Bärenwirt?«
    »Weiß nicht, wen du meinst.«
    »Mann, du bist doch nicht blind. Sogar du kannst einen Neger erkennen, wenn er vor dir steht.«
    »Kenn nicht jeden, der herkommt.«
    »O doch,

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