Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
einem Kaninchenbau hängen, stolperte, muhte verzweifelt und kam nicht mehr hoch. Ihr Bein war gebrochen. Adam erkannte das Unglück und rief zum Rückzug auf.
David hatte sich inzwischen weit genug erholt, um aufstehen zu können, und Nikolaus stützte ihn bei den ersten Schritten. Unseligerweise begegnete ihnen kaum fünfzig Schritt weiter der wutentbrannte Bauer, den das Geblöke auf seine Herde aufmerksam gemacht hatte. Mit geübtem Blick erkannte er, was seiner besten Milchkuh passiert war und stellte Nikolaus und David zur Rede.
Man petzt nicht, das war beiden klar. Sie nannten auch keinen Namen. Nur David konnte es nicht lassen, den Bauern darauf aufmerksam zu machen, dass er einige kleinere Eisenwaren auf seinem Feld finden würde.
Vater Burk schlug seinen Sohn bis zur Bewusstlosigkeit.
Adam schwor dem Verräter Rache!
Doch bis dahin brauchte es eine Weile.
David begegnete ihm in Potsdam wieder, als er als Fähnrich in das Infanterieregiment eintrat. Adam Burk war dort Unteroffizier und damit zuständig für den Drill der Leute. Er erfüllte diese Pflicht mit unbeugsamer Grausamkeit, gedeckt durch die Einstellung des Generals, der die Stockstrafen als einziges Disziplinierungsmittel erachtete. Als David ihn eines Tages dabei beobachtete, wie er einen Soldaten wegen eines leichten Fehlers an seiner Montierung blutig schlug, gebot er ihm mit einem kurzen Befehl Einhalt. Den Blick, den er in jenem Moment von Unteroffizier Burk erhielt, war von brennendem Hass und versprach Vergeltung.
Den nächsten Zusammenstoß weit heftigerer Art hatten sie, als Burk eines Tages einen wieder eingefangenen Deserteur derart prügeln ließ, dass der Mann auf dem Kasernenhof starb. David bezichtigte ihn, weiß vor Wut, des Mordes und meldete das Geschehen seinen Vorgesetzten. Immerhin wurde Burk gerügt und erhielt ebenfalls eine Strafe. Da man zwar die übermäßige Härte, nicht aber die Sache als solche in Frage stellte, blieb die Tat ohne weitere Folgen für den Unteroffizier. David jedoch brachte sie den Ruf ein, ein weichlicher, viel zu nachgiebiger Soldat zu sein.
Inzwischen war David befördert und versetzt worden, und es war eine gewisse Entspannung eingetreten. Allerdings blieben beide Männer in Berlin.
In ihrer Unterkunft kleideten sich die jungen Offiziere um, damit sie bei dem anberaumten Ball, den Prinz Ferdinand zu Ehren des Zaren im Schloss Bellevue veranstaltete, eine gute Figur machten. Mit Haarnadeln und klebrigem Puder rollten sie die Haare zu den drei Seitenlocken auf, wie es die Dienstvorschrift verlangte, und umwickelten die Zöpfe mit schwarzem Band.
»Die Franzosen machen es sich leicht«, murrte David. »Schneiden sich die Haare ab und lassen sie ungepudert. Kein Wunder, dass sie so erfolgreich sind. Unsere Soldaten sind mehr mit ihren Frisuren als mit den Gewehren beschäftigt.«
»Das ist eben der preußische Wunsch nach Einheitlichkeit. Hast du übrigens von deiner Mutter gehört? Ich habe sie neulich bei Itzenblitz getroffen, da sah sie fantastisch aus.«
»Meine Mutter sieht immer fantastisch aus. Ich kann einfach nicht verstehen, warum der Major sich von ihr getrennt hat. Aber er ist ein verschrobener Knickstiefel, und sie ist besser ohne ihn dran.«
»Schon. Aber sie sollte vorsichtig sein, damit sie sich nicht ins falsche Licht setzt. Ich habe neulich einige ziemlich derbe Anmerkungen im Casino gehört.«
»Ach ja?« David tat es zwar mit einem Schulterzucken ab, aber als er intensiver nachforschte, fand er heraus, dass sich Adam Burk einen Spaß daraus machte, üble Nachrede über seine Mutter zu verbreiten.
Als der Zar abgereist war, zog David eines Abends Zivilkleidung an, schnappte sich den Unteroffizier nach einem Zechgelage, prügelte sich mit ihm und warf den Trunkenen anschließend in die Spree.
Die Lauscherin im Apfelbaum
’s ist Krieg!’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre und rede Du darein!’s ist Krieg – und ich begehre, nicht schuld daran zu sein.
Kriegslied, Claudius
»Kein Brot im Umkreis von zehn Meilen aufzutreiben«, schimpfte der französische Fourier, der an Elisabeths Marketenderzelt anhielt. Toni sah von der Kartoffel auf, die sie gerade schälte.
»Wenn sie’s bezahlen, bekommen auch Ihre Leute bei uns ihren Napf mit Kartoffeln gefüllt«, beschied ihre Mutter den Unteroffizier.
»Kartoffeln!« Der Mann schnaubte verächtlich. Aber Elisabeth zuckte nur mit der Schulter.
»Sie werden schon kommen«, raunte sie Toni zu, als er
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