Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
Malocher, und auch kein Kochumer. Muss dir schwergefallen sein, Euer Gnaden.«
Cornelius sah sich in seiner Einschätzung bestätigt, Mathias war nicht dumm. »Leicht ist es für niemanden, aber eure beiden Kumpel werden es jetzt weit schwerer haben.«
»Wir müssen diese verdammte Sprache lernen, Willi.« Der Angesprochene beschränkte sich auf ein Grunzen, aber Cornelius nickte zustimmend.
»Ich bring sie dir bei, wenn du willst.«
Das verblüffte Mathias, aber er war nicht der Mann, der sich eine Chance entgehen ließ. Daher verbrachten sie regelmäßig die Zeit nach dem Essen gemeinsam, und im Gegenzug zu seinen Bemühungen, ihnen Vokabeln und einfachen Satzbau beizubringen, erhielt Cornelius eine erstaunliche Menge an Informationen. Über Mathias’ persönliche Geschichte hinaus erfuhr er vieles über die aktuelle Lage in seiner Heimat, allerdings aus einem unerwarteten Blickwinkel heraus. Etwa über die Hehlerei mit Kirchengütern, die Machenschaften der Ordensleute bei der Säkularisierung, die Gründung des Spezialgerichts im Kölner Augustinerkloster, das der Bekämpfung des Bandenwesens dienen sollte, und über die Hinrichtung des gefürchteten »Fetzers«. Daneben erwarb er einige Kenntnisse des Rotwelschen, jener seltsamen Sprache, die die Vagabunden und Fahrenden benutzten. Als Willi, der zwar im Gegensatz zu Mathias nicht sonderlich sprachbegabt war, aber eine geradezu mystische Fähigkeit im Beschaffen von allerlei Kleinigkeiten besaß, eines Abends mit einem schmierigen Kartenspiel aufwartete, schaffte es Cornelius endgültig, sich der Achtung seiner neuen Freunde zu versichern.
»Euer Gnaden hat aber ein glückliches Händchen«, stellte Mathias nach einigen Spielen fest.
»Habe ich.«
Sein Gegenüber grinste, mischte und teilte die Karten neu aus. Cornelius bekam ein erstaunlich mieses Blatt. Also griff er in seine Trickkiste. Sein ausdrucksloses Gesicht half ihm dabei.
Nach vier weiteren Spielen, bei denen Cornelius nur Hände voller Luschen erhielt – sie wurden nur einmal unterbrochen, als der Aufseher seine Runde machte – legte Mathias geschlagen die Karten nieder.
»Du gewinnst, obwohl du kein einziges Mal ein vernünftiges Blatt hattest. Was ich dich noch nie gefragt habe, Euer Gnaden – weshalb bist du eigentlich hier gelandet?«
»Falschspielerei«, beschied Cornelius ihn schlicht.
Mathias brach in ein brüllendes Gelächter aus.
»Ein Freischupper! Und ich fall da auch noch drauf rein.«
Über den Winter, der in das Jahr 1806 führte, freundete sich Mathias mit Cornelius an. Karten spielten sie nie wieder, sondern zeigten sich gegenseitig ihre Tricks und verfeinerten sie. Willi hingegen hörte zu, machte aber selten den Mund auf. Er hatte den Traum von der Flucht nicht aufgegeben, und immer häufiger wurde Cornelius Zeuge erbitterter Zankereien zwischen den beiden. Seine Versuche, den Jungen von einem Ausbruchsversuch abzuhalten, schlugen fehl. Eines abends, als Cornelius Mathias zu einem freundschaftlichen Spiel aufforderte, schüttelte der nur den Kopf.
»Keine Karten mehr.«
»Verloren?«
»Verbrannt. Ist besser für dich.«
»Mathias, tu es nicht. Ihr habt euch in der letzten Zeit nichts zu Schulden kommen lassen.«
Doch Mathias lächelte nur nachsichtig.
In dieser Februarnacht verschwanden die beiden, und das tragische Schicksal wollte es, dass sie dabei einen Aufseher umbrachten. Sie wurden gefasst und vor den Augen aller Häftlinge hingerichtet. Und der kalte Winter hielt wieder Einzug in Cornelius’ Herz.
Freund und Feind
Ich seh, ich sehe schon – freut euch, o Preußens Freunde! -
Die Tage deines Ruhms sich nahn.
Ode an die Preußische Armee, E. C. von Kleist
Ganz Berlin war beflaggt, in ganz Berlin donnerten die Geschütze, ganz Berlin jubelte, und ganz Berlin feierte.
Der junge, prächtig aussehende russische Zar Alexander hielt am 25. Oktober 1805 Einzug in die preußische Hauptstadt, um sich mit König Friedrich Wilhelm in Sachen Frankreich zu beraten.
Leutnant David von Hoven und Leutnant Nikolaus Dettering jubelten pflichtschuldigst mit. Es war ein aufreibender Dienst, den sie während des hohen Besuchs zu leisten hatten. Paraden und Inspektionen waren abzuhalten, Ehrengarden zu stellen, bei den zahllosen Festen zu Ehren des Zaren war die Anwesenheit junger, gut aussehender Offizier in ihren Galauniformen gewünscht. Ihre Burschen kamen aus dem Polieren der Stiefel und Bürsten der Röcke gar nicht mehr heraus.
Lange waren die
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