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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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räumen. Krieg lag in der Luft.
    Elisabeth bekam ihre Lizenz, Toni ihre neuen Stiefel, und gemeinsam kümmerten sie sich darum, den Marktkarren wieder zum Marketenderwagen umzurüsten. Colonel Renardet hatte sich tatsächlich an sie erinnert, und er tat sogar noch ein Weiteres für sie. Als Verbindungsoffizier zu den Darmstädter Truppen sorgte er dafür, dass Jupp und Franz ihren Wunsch erfüllt bekamen, zu den Aufklärern versetzt zu werden, der berittenen Truppe, die die Stellungen des Feindes zu erkunden hatten. Die jungen Männer waren überglücklich, Elisabeth skeptisch.
    Anfang September schlossen sie sich den Hessisch-Darmstädter Truppen an und zogen nach Bamberg, wo sich die zweihunderttausend Mann starke französische Armee versammelte und den Ablauf des Ultimatums abwartete.
     
    Colonel Renardet hatte Gefallen an Elisabeths Söhnen gefunden, oft tauchte er mit ihnen am Marketenderzelt auf und hielt einen kurzen Schwatz mit Toni und Elisabeth. Als er von den Versorgungsproblemen hörte, riet er ihnen, sich mit Kartoffeln einzudecken. Seine Freundlichkeit lohnte Elisabeth ihm, in dem sie ihm manchmal ein Glas aus ihrem streng gehüteten Cognacvorrat anbot. Toni hingegen erhielt kleine Extraaufträge, die sie für ihn zu erledigen hatte, wobei immer eine Belohnung abfiel. Außerdem schienen die gelegentlichen Unterhaltungen mit dem gewitzten Trossbuben den Colonel zu ergötzen. Er stritt mit Toni gerne über eine Vielzahl von Themen.
    Toni selbst teilte die Bewunderung ihrer Brüder für den Offizier. Jupp und Franz schätzten seine klaren Anordnungen, seine schnellen Entscheidungen und sein Augenmaß. Er forderte nicht mehr von seinen Leuten, als sie zu leisten im Stande waren, aber achtete auch immer darauf, dass Disziplin gewahrt wurde. Da er sie nicht mit Willkür behandelte, gehorchten sie ihm gerne. Toni selbst bewunderte seine Haltung zu Pferde und die Höflichkeit, mit der er ihre Mutter behandelte. Besonders einnehmend aber fand sie an ihm, dass er sie selbst nie als lästiges Kind betrachtete, sondern ihre Pflichten anerkannte und ernst nahm.
     
    Am 6. Oktober war es so weit, Napoleon traf in Bamberg ein, und es kam der Befehl zum Aufbruch. Am nächsten Tag zogen sie nach Kronach. Danach ging es durch das Tal der Rodach durch den Frankenwald, was mit dem schwer beladenen Wagen mühselig war, und am Nachmittag machten sie dann südlich des Dörfchens Lobenstein Rast. Hier begann die unermüdliche Elisabeth sofort mit der Zubereitung von Mahlzeiten, denn die Truppen hatten sich aus dem Land zu versorgen, und nach einem langen Marsch fiel das den Männern meist schwer. Zumal, wie der Fourier ganz richtig bemerkt hatte, wenig Vorräte in dieser Gegend aufzutreiben waren. Also ließ sich an den billigen Kartoffeln einiges verdienen, wie auch an den Zwiebeln und Äpfeln, die Tonis Argusaugen selten entgingen. Sie hatte in ihren jungen Jahren einen geübten Blick für abgeerntete Felder und versteckte Früchte erworben. Daher erlaubte Elisabeth ihr, vor dem Dunkelwerden noch eine Sammelrunde zu machen.
    Sie hatte nicht nur Zwiebeln, sondern auch Möhren und einige Rüben eingesackt, als sie dieses unerwartete Geschenk fand – einen Apfelbaum am Rande eines kleinen Gehölzes, der voller reifer Früchte hing. Sie schob den halbvollen Sack unter einen Busch und kletterte gewandt über die niedrigen Äste weiter nach oben. Mit Genuss biss sie in das saftige Fruchtfleisch und ließ die Beine von dem luftigen Sitz baumeln. Hier oben hatte man einen guten Blick über die Gegend. Dicht besiedelt war sie nicht, verstreut lagen in der welligen Ebene einzelne Dörfchen und Gehöfte. Das schimmernde Band der Saale durchschnitt Wiesen und Äcker, und einige Karrenwege zogen sich durch das Land. Von den Tausenden Soldaten, die nach und nach eintrafen, bemerkte man von hier oben nichts.
    »Verdammt!«, murmelte Toni, als sie die zwei Reiter genau auf ihren Apfelbaum zutraben sah. Blaue Uniformröcke, altmodische Zöpfe und Seitenlocken! Sie zog die Beine an und hoffte, die beiden würden einfach passieren. Aber nein, ausgerechnet unter dem Baum mussten sie anhalten.
    »Ha, Äpfel, Nikolaus! Was für eine Ergänzung unserer kargen Kost.« Der eine stieg vom Pferd und bückte sich nach den herabgefallenen Früchten, der andere beugte sich vom Pferd und nahm sie ihm ab.
    »Lass uns eine Rast einlegen, David. Hier scheint es wunderbar ruhig zu sein. Du hast mit deinen Vermutungen vollkommen danebengelegen. Kein

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