Kreuzdame - Köln Krimi
sagte ich leise und ging langsam zum Ausgang.
Wie sollte es weitergehen? Wir waren eine gute Truppe gewesen, warum zerfiel jetzt unsere Basis, unsere Grundlage aus Harmonie und Gleichklang?
Ich verstand das alles nicht. Wie konnte Karin sagen, sie wisse von nichts, während Karlheinz sicher war, dass die Kinder von Klaus waren? Hatten sie womöglich irgendwann in Karnevalslaune die Rollen getauscht, war Klaus zu Karin gegangen und Karlheinz zu Anna? Hatten sie Karin abgefüllt, sodass sie sich später nicht daran erinnerte?
Als ich in unsere Straße bog, sah ich vor der Tür Rainer stehen.
»Endlich«, sagte er, als ich aus meinem Auto stieg. »Ich warte schon seit einer halben Stunde.«
»Ich war zum Verhör«, erklärte ich, »haben sie dich nicht eingeladen aufs Revier?«
»Nein«, antwortete Rainer, »du weißt doch, ich bin nur am Rande erwünscht und gehöre nicht zum inneren Kreis.«
Das sah ich mittlerweile anders, aber ich schwieg, schloss die Tür auf und fragte, ob er Kaffee oder lieber Tee wolle.
»Gib mir einen Wodka«, sagte Rainer, »das bin ich gewohnt, und das bekommt mir meistens. Und jetzt kann ich das wirklich gebrauchen.«
Eigentlich wollte ich keine weitere Katastrophe hören, wollte auch nichts wissen von Rainers Verhältnis zu Johannes. Ich hätte ihn besser gar nicht reingelassen, hätte irgendwas von einer Verabredung erzählen können, für die ich mich umziehen müsste. Jetzt war es zu spät, er saß schon auf unserem Sofa, trank seinen Wodka auf ex und fragte mich, ob Charlotte schon mit mir gesprochen hätte. »Nein«, erwiderte ich, »wir haben uns eben im Kommissariat gesehen, aber nicht miteinander gesprochen.«
»Sie will mit der Malerei aufhören, sie schmeißt alles hin. Ihre Erfolge, die ich eingefädelt habe, die Beziehungen, die ich geknüpft habe, die Ausstellungen, alles umsonst. Sie will nicht mehr, hat sie gesagt, sie hätte genug von der ganzen Schickimicki-Gesellschaft. Sie will sich ausruhen, will verreisen, will etwas Sinnvolles tun, vielleicht für die Unesco oder fürs Rote Kreuz. Was für ein Unsinn! Als ob es nicht schon genug Leute gibt, die sich ehrenamtlich aufreiben! Das passt doch nun wirklich nicht zu einer wie Charlotte. Für Künstler wie sie ist das Zeichnen und Malen die einzige Lebensform.«
Rainer hielt mir das leere Glas entgegen, und ich schenkte nach. Glücklicherweise hatte er nicht von Johannes angefangen. Und wenn Charlotte mit der Malerei aufhören wollte, dann war das ihre Entscheidung, warum regte er sich darüber auf? Doch höchstens weil er seine Geldquelle verlor.
»Wenn Charlotte aufhören will«, sagte ich, »soll sie es tun. Was soll ich daran ändern?«
»Du sollst mit ihr reden, sie zur Vernunft bringen. Sie hört doch auf dich. Britta, du bist eine normale Frau, wenn du sie davon überzeugst, dass das eine Schwachsinnsidee ist, dann wird sie sich besinnen.«
Eine normale Frau, ja, so sahen sie mich alle, dachte ich, als eine, der man vertrauen konnte, die man um Rat fragte und um einen Gefallen bat. Nein, ich würde nicht mit Charlotte sprechen, jedenfalls nicht in Rainers Sinne. Laut sagte ich: »Charlotte ist erwachsen und kann selbst entscheiden, wie ihr Leben weitergehen soll. Ob mit oder ohne dich oder Johannes«, fügte ich hinzu und hielt erschrocken inne. Aber Rainer ging nicht darauf ein, knallte sein Glas auf den Tisch und stand auf.
»So tickst du also, Frauensolidarität. Hätte ich mir eigentlich denken können, dass du nichts davon verstehst, nicht begreifst, was hier auf dem Spiel steht.«
»Oh doch«, sagte ich, und meine Stimme wurde sehr laut. »Ich weiß sehr wohl, was auf dem Spiel steht, und zwar für dich. Und jetzt wäre ich dir dankbar, wenn du gingst, weil ich mich noch umziehen muss, denn auch eine so normale Frau wie ich hat dann und wann eine Verabredung.«
Ich hoffte, er würde nicht im Auto darauf warten, wann ich zu meinem Termin aufbrach, aber da hörte ich bereits den Motor aufheulen und das Auto mit quietschenden Reifen davonrasen.
Danach rief ich Karin an. Sie wohnte im »Antik Hotel Bristol« am Kaiser-Wilhelm-Ring und, ja, sie würde sich sehr freuen, wenn ich käme, sie bräuchte jemanden zum Reden.
Sie saß im Foyer und trank einen Kognak, sie sah müde aus, und ihre Augen waren ungeschminkt. Ich zog einen Sessel heran, bestellte mir ein Kölsch, setzte mich zu ihr und fragte: »Was ist passiert?«
»Ausgezogen bin ich, weil ich beim besten Willen nicht mehr weiß, was das für
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