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Kreuzdame - Köln Krimi

Kreuzdame - Köln Krimi

Titel: Kreuzdame - Köln Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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›Aber sicher‹, antwortete die junge Frau an mich gewandt, ›Katharina Mazceck, du kennst mich doch noch, Kathi! Ich freue mich so, dich wiederzusehen. Wo hast du denn bloß die ganze Zeit gesteckt? Ich denke so oft an dieses Sommersemester damals, an das Seminar über Adams erste Frau Lilith, erinnerst du dich, wie wir halbe Nächte lang geredet haben und diskutiert? Und dieser nette Junge, wie hieß er noch mal, der mit dir zusammen war? Ach Kathi, es war eine wunderbare Zeit, und dann warst du plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Und jetzt? Wie geht es dir?‹
    Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Ich antwortete zögernd: ›Gut, und dir?‹ Klaus war schon ein paar Schritte weitergegangen, jetzt kam er zurück und machte mir später gerade wegen dieses letzten Satzes Vorwürfe, damit hätte ich, so meinte er, dieser Frau signalisiert, sie zu kennen, was ja gar nicht möglich war. ›Alles Unsinn‹, sagte Klaus in diesem Moment, ›du kannst sie gar nicht kennen. Du bist doch zum ersten Mal in Berlin. Eine Verwechslung, nichts weiter.‹ Er nahm mich an der Hand und wollte weitergehen. Aber die junge Frau ließ nicht locker. Sie zog ein Foto aus ihrer Geldbörse und zeigte es mir.
    ›Und was ist das hier?‹, fragte sie. Ich starrte auf das Bild, auf die Frau, die zusammen mit anderen in die Kamera lachte, so glücklich, so jung, und sah mir selbst in die Augen, sah mir selbst ins Gesicht. Ich riss mich von Klaus los und fragte: ›Wann war das?‹ ›Weißt du das nicht mehr?‹, fragte die junge Frau, ›damals, vor sechs oder sieben Jahren, in unserem Stammclub. Mein Gott, was hatten wir für einen Spaß, das Studium, die Jungs! Wir waren so glücklich, ich habe gedacht, das hört niemals auf …‹«
    Anna unterbrach sich. Sie trank einen Schluck Kaffee und lächelte mich traurig an. »Kannst du dir vorstellen, was in mir vorging, wie ich mich fühlte? Ich erinnerte mich, dass Klaus oft weggefahren war, damals, als ich noch Anna gewesen war, für einen Tag oder für zwei. Zu Besprechungen, zu Kongressen, zu Seminaren, auf denen er Vorträge zu halten hatte, das hatte er mir jedenfalls gesagt. Meine Begleitung hatte er stets abgewehrt, zu viel uninteressantes Zeug. Ich hatte ihm vertraut. Doch jetzt ahnte ich, dass er in dieser Zeit …
    Na ja, Klaus wurde der jungen Frau gegenüber fast aggressiv. ›Verschwinden Sie endlich‹, rief er ärgerlich, packte meinen Arm und zog mich die Straße entlang. Ich drehte mich noch einmal um und sah sie dort stehen, wo wir sie getroffen hatten, kopfschüttelnd, das Foto in der Hand.
    Später, als wir wieder im Hotel waren, habe ich ihn gefragt, was hier gespielt würde. Wer war diese Katharina, nach der er mich geformt hatte? Hatte es sie wirklich gegeben, und was hatte sie ihm bedeutet? ›Ein hübsches Mädchen war sie‹, sagte Klaus lächelnd, ›ein Mädel, das ich hier mal gesehen habe. Sie hat in einer kleinen Bar gearbeitet, sie hat mir gefallen. Du weißt, ich hatte immer etwas übrig für Schönheit, und sie war auf eine atemberaubende Art schön, wie du, Katharina.‹
    Ich war mir plötzlich unheimlich, ich fühlte mich wie jemand, der sein Gedächtnis verloren hat, der plötzlich mit Dingen konfrontiert wird, von denen er nichts weiß. Ich bekam Gänsehaut und hatte Angst, den Verstand zu verlieren.«
    Anna schwieg, und meine Hand zitterte, als ich nach der Kaffeetasse griff. Es war wie ein Alptraum, aus dem ich irgendwann zu erwachen hoffte. Die CD war zu Ende, es war mucksmäuschenstill, die Luft schien zu knistern, und ich hielt den Atem an.
    Anna stand auf. »Komm«, sagte sie, »lass uns an die Luft gehen. Ich brauche ein bisschen Bewegung, bevor ich weitererzählen kann.«
    Wir gingen bis zur Rheinuferstraße und am Fluss entlang, sahen den Möwen zu und den wenigen Schleppschiffen, die um diese Jahreszeit unterwegs waren.
    Eine Zeit lang schwiegen wir. Ich versuchte das, was Anna mir erzählt hatte, zu verstehen. Welch ein Leben! Wir denken, es geht uns gut, wir haben alles, wir brauchen nichts mehr. Wir sind gesund, wir haben Freunde, denen wir vertrauen, und eines Tages kommt ein Orkan, der die Wellen hochpeitscht, sodass die Schutzwälle versinken und die Häuser unterspült werden. Nichts ist mehr, wie es war, wir sind aller Sicherheiten beraubt und fragen uns, ob wir vorher blind gewesen sind und taub.
    »Ja, so war das an jenem Tag in Berlin«, sagte Anna langsam, als wir wieder Platz genommen hatten in ihrem vornehmen Wohnzimmer mit

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