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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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Vertrautem um, aber dies war nicht der Hügel, an dessen Hang sie sich zusammen mit Prin versteckt hatte.
    Chay weinte, als sie ihre großen dunklen Flügel um die Frau schloss und darauf achtete, das dünne Leder ihrer Schwingen nicht an den Spitzen des Stacheldrahts zu verletzen. Sie spürte, wie das Wesen der Frau den gepeinigten Körper verließ und in ihren eigenen wechselte, bevor es sich auflöste wie eine kleine Wolke an einem warmen, trockenen Tag und ganz verschwand.
    Sie spürte eine andere Art von Verlangen und aß etwas von der Leiche. Mit ihren spitzen Zähnen zerriss sie das dichte Fell und gelangte an die saftigen Gesäßmuskeln darunter.
    Beim Rückflug zu ihrer fernen Stange fragte sie sich, wie viel Schmerz ihr diese erste Tötung bescheren würde.
    Im Innern des Gebildes, das nach einer violetten Frucht aussah, hing sie an der Stange und verdaute, was sie gegessen hatte.
    Etwas später tat ihr ein Zahn weh.
    Sie war zu einem Engel der Hölle geworden.

21
    W enn die Erwachsenen weg waren, konnten sie manchmal dort spielen, wo die Erwachsenenspiele stattfanden. Lededje hatte eine Gruppe von Freunden, die alle im gleichen Alter waren, und sie spielten viel zusammen, wenn sie nicht im kleinen Klassenzimmer im obersten Stock des Haupthauses beim Unterricht saßen.
    Es geschah noch immer gelegentlich, dass die anderen gemein zu ihr waren, wenn sie ihr etwas heimzahlen wollten oder wenn Lededje bei etwas gewonnen hatte und sie ihr zeigen wollten, dass es keine Rolle spielte, ob sie bei einem Wettkampf den ersten Platz belegte, weil sie letztendlich nur eine Bedienstete war. Eigentlich war sie sogar noch schlimmer dran, denn eine Bedienstete konnte kündigen und gehen, und diese Möglichkeit stand ihr nicht offen. Lededje war eher wie ein Reittier, ein Beutetreiber oder ein Jagdhund. Sie gehörte zum Anwesen; sie gehörte zu Veppers.
    Lededje hatte gelernt, nicht den Eindruck zu erwecken, ihr sei alles gleichgültig, wenn die anderen Kinder böse zu ihr waren. Sie hatte eine Weile gebraucht zu lernen, wie man am besten mit einer solchen Situation umging. In Tränen auszubrechen und zu ihrer Mutter zu laufen, machte es leicht für die Kinder, sie wie ein Spielzeug zu benutzen, wenn sie sich langweilten; man drücke den Lededje-Knopf, und schon ging’s los. Das hatte also keinen Sinn. Überhaupt keine Reaktion zu zeigen und alles mit steinerner Miene hinzunehmen… Das veranlasste die anderen, nur noch schlimmere Dinge zu sagen, bis alles in einer Rauferei endete, die dazu führte, dass man sie alle bestrafte– wofür die anderen ihr die Schuld gaben. Ein solches Verhalten kam also auch nicht als Lösung infrage. Am besten war es, ein bisschen zu weinen und den anderen zu verstehen zu geben, dass sie ihr wehgetan hatten, und dann einfach weiterzumachen.
    Wenn Lededje von dieser Taktik Gebrauch machte, geschah es manchmal, dass einige der anderen Kinder den Eindruck gewannen, es hätte ihr nicht genug wehgetan, und dann sagte sie ihnen, sie seien unreif. Lasst es gut sein; hört auf damit; lernt und entwickelt euch weiter. Sie waren genau in dem Alter, in dem solche Erwachsenenworte Wirkung erzielten.
    Sie spielten an den Orten, wo sie spielen sollten, wo ihnen das Spielen niemand verboten hatte und– am besten von allem– auch dort, wo sie ganz entschieden nicht spielen sollten.
    Was die letzteren Orte betraf, fand Lededje besonderen Gefallen am Wasserlabyrinth, dem Komplex aus flachen Kanälen, Teichen und Seen, wo sich die Erwachsenen mit großen Spielzeug-Kriegsschiffen vergnügten und von Türmen, hohen Bögen und Himmelskanälen den Verlauf der Schlachten beobachteten.
    Lededje hatte einmal zusammen mit ihrer Mutter zusehen dürfen. Ihre Mutter hatte immer wieder fragen und darum bitten müssen, und selbst dann war es keine besonders wichtige Schlacht mit vielen reichen und berühmten Zuschauern gewesen, nur eine der kleinen Proben, die sich Leute vom Anwesen manchmal ansehen durften, wenn sie keine anderen Pflichten hatten. Lededjes Mutter hatte es nicht sehr gemocht, weil ihr schnell schwindelig wurde. Sie hatte die meiste Zeit über die Augen geschlossen und die Hände fest um den Rand des kleinen Boots geschlossen, als sie damit auf einem der hohen Kanäle unterwegs gewesen waren.
    Lededje hatte zuerst ihren Spaß gehabt, sich dann aber gelangweilt. Sie hätte es viel interessanter gefunden, wenn es möglich gewesen wäre, selbst in einem der Kriegsschiffe zu sitzen, anstatt zu beobachten, wie

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