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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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Möglichkeiten dieses Globocops, diejenigen zu bestrafen, die gegen die Regeln verstießen, beschnitten. Im Jahre 1914 schien es, als sei der Anreiz für den Einsatz von Gewalt erneut höher geworden als der für friedliche Kooperation – mit katastrophalen Folgen. Von da an ging es bergab. Im Jahr 1930 mutierte das Pazifistendilemma mit einem Mal zum Falken-und-Tauben-Spiel. Die meisten europäischen Regierungen verfolgten, traumatisiert vom Blutvergießendes Ersten Weltkriegs, eine konsequente Politik des Friedens um jeden Preis, was Hitler den Boden für die Wandlung zum Falken bereitete. Im Jahr 1940, noch einmal 1941 und ein drittes Mal 1942 hätte er die Partie beinahe gewonnen, bis Briten, Sowjets und Amerikaner schließlich herausgefunden hatten, wie das Spiel lief. Als es so weit war, ließ die erbarmungslose Logik des Todesspiels allerdings nur noch eine Richtung zu, und 1945 hatte sie gesiegt. Ein Großteil Europas und Ostasiens lagen in Trümmern, hundert Millionen Menschen hatten ihr Leben gelassen, und die Vereinigten Staaten besaßen die Atombombe.
    Das System aus Prämien- und Strafpunkten war nicht wiederzuerkennen, denn Kernwaffen trieben die Strafpunkte für den Einsatz von Gewalt ins Unendliche. Den gefühllosen Regeln zufolge würde sich auch ohne einen einzelnen strafenden Globocop Gewalt hinfort nur dann auszahlen, wenn sie so zurückhaltend – im Rahmen von Aufständen, Staatsstreichen und begrenzten kriegerischen Auseinandersetzungen – eingesetzt werden würde, dass sie keinen Anlass zu einem gewaltsamen Gegenschlag böte. Wenn eine der Supermächte irgendetwas unternehmen würde, was das Überleben der anderen gefährdete, verlören beide das Spiel. Die Logik gebot, dass Gewalt rasch obsolet werden müsste, und dieser Logik folgend schafften es Amerika und die Sowjetunion ein Jahrzehnt ums andere, auf einen Krieg zu verzichten. Aber das Problem war, wie Ronald Reagan es in denkwürdiger Weise formulierte, dass das Vorhandensein von zwei nuklearbewaffneten Hemisphärenpolizisten statt eines Globocops ungefähr der Situation zweier Westernhelden glich, die einander ewig in einem Saloon mit gezückten Pistolen gegenüberstehen und auf den Kopf des jeweils anderen zielen. Alles ist in schönster Ordnung, solange keiner der beiden Revolverhelden einen schlechten Tag hat.
Die Welt nach Petrow
    Die Spieltheorie wurde in der dafür viel zu schön anmutenden Umgebung von Santa Monica, Kalifornien, mattgesetzt. In Anbetracht der Erkenntnis, dass das Spiel des Todes eine bizarre Wendung genommen hatte, übertrug die amerikanische Regierung Anfang der 1950er Jahre der RAND Corporation die Aufgabe, in aller Objektivität und Wissenschaftlichkeit herauszufinden, wie sich verhindern ließe, dass jemand die Welt in Schutt undAsche legte. Die Denkfabrik verlegte sich darauf, den Eliteuniversitäten an der Ostküste einen genialen Mathematiker nach dem anderen abspenstig zu machen, und ließ all diese klugen Köpfe den Ausgang jedes nur ansatzweise denkbaren Zugs in diesem Spiel berechnen.
    Diese Schiefertafelkrieger waren ein sonderbarer Haufen brillanter Genies. Der bekannteste unter ihnen ist John Nash, der Held, sofern das der richtige Ausdruck ist, des Bestsellers und gleichnamigen Films A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn . Nash hatte den Beweis erbracht, dass sich ein Anreizsystem so gestalten lässt, dass erbitterte Gegner sich auf ein beiderseits befriedigendes Gleichgewicht hin bewegen können (dem, was Mathematiker als Nash-Gleichgewicht bezeichnen), ohne dabei Zuflucht zur Gewalt zu nehmen. Dies ließ vermuten, dass nukleare Abschreckung tatsächlich funktionieren sollte, solange diejenigen, die das Spiel spielten, eisern und rational an ihrer Strategie festhielten. Nashs eigene Urteilskraft war allerdings nicht geeignet, Vertrauen in seine Überlegungen zu wecken. Er fing an, Stimmen zu hören, verlor seine Unbedenklichkeitsbescheinigung, nachdem er für ungebührliches Verhalten auf einer Herrentoilette festgenommen worden war, und begab sich zur Behandlung seiner Schizophrenie in eine Nervenheilanstalt.
    Der Mann, der die Entscheidungen über nuklearen Krieg und Frieden traf, war weniger genial, dafür aber um einiges bodenständiger als Nash. Aber in Ermangelung eines Globocops, und mit mehr unbekannten Unbekannten im Spiel als je zuvor, blieb selbst jemand so Besonnenes wie Dwight D. Eisenhower nicht verschont von Schlaflosigkeit, warmer Milch gegen Magengeschwüre und

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