Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
Sazeds Kerze war schon lange erloschen.
Menschen schrieen. Ihre Panik verursachte ihm eine Gänsehaut, und er wollte unbedingt erfahren, was mit ihnen los war. Doch der Nebelgeist war unerbittlich; er blieb stehen, um wieder Sazeds Aufmerksamkeit zu erlangen, falls dieser ihn einmal verloren hatte. Es war durchaus möglich, dass die Erscheinung ihn in den Tod führte. Dennoch … er verspürte ein Vertrauen zu ihr, das er nicht erklären konnte.
Allomantie?, dachte er. Zieht es an meinen Gefühlen?
Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, stolperte er über den ersten Leichnam. Es war ein Skaa-Mann in einfacher Kleidung; seine Haut war mit Asche bedeckt. Das Gesicht war zu einer Grimasse des Schmerzes verzerrt, und die Asche auf dem Boden war durch seine Zuckungen verschmiert worden.
Sazed keuchte auf, als er stehen blieb. Er kniete nieder und betrachtete den Mann im schwachen Licht eines offenen Fensters in der Nähe. Dieser Mann hatte einen schweren Tod gehabt.
Es ist so wie … wie die Todesfälle, die ich damals untersucht habe,
dachte er. Vor vielen Monaten, in dem Dorf im Süden. Der Mann dort hatte gesagt, der Nebel habe seinen Freund umgebracht. Er sei zu Boden gefallen und habe um sich geschlagen.
Das Gespenst erschien vor Sazed; seine Haltung war ein Bild der Eindringlichkeit. Sazed schaute auf und runzelte die Stirn. »Warst du das?«, flüsterte er.
Das Ding schüttelte heftig den Kopf und deutete voran. Dort lag Krediksheim. Dorthin waren Elant und Vin vor einer Weile aufgebrochen.
Sazed stand auf. Vin glaubt, dass sich die Quelle in dieser Stadt befindet, dachte er. Der Dunkelgrund ist über uns gekommen, so wie seine Fortsätze schon seit einiger Zeit in den Randbezirken des Letzten Reiches Schaden anrichten. Sie töten.
Was hier vorgeht, ist größer als unser Verstand.
Er konnte es noch immer nicht glauben, dass Vins Gang zur Quelle möglicherweise gefährlich war. Sie hatte die Berichte gelesen und kannte Rascheks Geschichte. Sie würde die Macht nicht für sich selbst beanspruchen, dessen war er sich ziemlich sicher. Aber nicht ganz sicher. Eigentlich war er sich gar nicht mehr sicher, was sie mit der Quelle machen sollten.
Ich muss zu ihr gehen. Ich muss sie aufhalten, mit ihr reden, sie vorbereiten. Wir können uns nicht blindlings in diese Sache stürzen. Wenn sie die Macht der Quelle tatsächlich an sich bringen wollten, dann mussten sie zuerst eingehend darüber nachdenken und herausfinden, welches der beste Weg war.
Das Nebelgespenst deutete beständig nach vorn. Sazed rannte weiter und beachtete die grauenvollen Schreie nicht. Er erreichte die Tore des gewaltigen Palastes mit seinen Türmen und eisernen Spitzen und schoss nach drinnen.
Das Gespenst blieb draußen in den Nebeln, die es geboren hatten. Mit einem Flint zündete Sazed seine Kerze wieder an und wartete. Das Nebelgespenst blieb reglos vor den Toren stehen. Sazed verspürte noch immer eine ungeheure Dringlichkeit und stürzte sich in die Tiefen des Gebäudes, das einmal das Haus des Obersten Herrschers gewesen war. Die Steinwände
waren kalt und finster, und seine Kerze verbreitete nur schwaches Licht.
Die Quelle kann nicht hier sein, dachte er. Sie sollte sich in den Bergen befinden.
Doch so vieles aus dieser Zeit war ungenau und undeutlich. Allmählich bezweifelte er, dass er die Dinge, die er studiert hatte, je wirklich verstanden hatte.
Er beschleunigte seine Schritte, beschirmte die Kerze mit der Hand und wusste, wohin er gehen musste. Er hatte das Gebäude innerhalb des Gebäudes schon einmal besucht – den Ort, an dem der Oberste Herrscher einst den größten Teil seiner Zeit verbracht hatte. Sazed hatte diesen Ort nach dem Sturz des Reiches besichtigt, untersucht und katalogisiert. Er betrat den äußeren Raum und hatte ihn bereits halb durchschritten, als er die unvertraute Öffnung in der Mauer bemerkte.
Eine Gestalt mit geneigtem Kopf stand in dem Durchgang. Sazeds Kerzenschein spiegelte sich in den polierten Marmorwänden, den silbernen Einlegearbeiten und den Stacheln des Mannes wider.
»Marsch?«, fragte Sazed erschrocken. »Wo bist du gewesen?«
»Was machst du hier, Sazed?«, flüsterte Marsch.
»Ich gehe zu Vin«, antwortete er verwirrt. »Sie hat die Quelle gefunden, Marsch. Wir müssen zu ihr gelangen und sie davon abhalten, irgendetwas damit anzustellen, bis wir mehr darüber wissen.«
Marsch schwieg eine Weile. »Du hättest nicht herkommen sollen, Terriser«, sagte er schließlich;
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