Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
weitersprach. Wie so oft in diesen letzten Wochen, nach dem Blutbad in der Stadt, erfüllte William Wallace seine Gedanken. Er war davon ausgegangen, dass Schottlands Schicksal mit diesem Feldzug besiegelt sein würde, weil die Rebellen Edward höchstens noch einen Kriegssommer lang Widerstand leisten konnten. Und er hatte befürchtet, mit dem Schicksal seines Landes wäre auch sein eigenes unwiderruflich besiegelt und er für immer an Edwards Hof gefangen sein – und seine einzige Hoffnung bestünde in der schwachen Chance, jenen eindeutigen Beweis gegen den König zu finden. Jetzt überlegte er fieberhaft.
Die Gefahr einer Rückkehr Balliols war endgültig gebannt und William Wallace in letzter Minute zurückgekommen, um die Rebellion anzuführen. Das ließ alles in einem neuen Licht erscheinen. Wallace, der zweite Sohn eines Ritters von niedrigem Rang, der zum Hüter Schottlands aufgestiegen war, hatte die größte Armee zusammengezogen, die das Königreich seit Jahrhunderten gesehen hatte, und die englischen Truppen bei Stirling vernichtend geschlagen. Er war ein erfahrener General, der Tausende von Männern – sowohl Bauern als auch Earls – unter seinem Banner versammelt hatte. Robert kannte Edwards Schwächen; wusste, wo er am empfindlichsten zu treffen war: die Vorratslager in York, die verkleinerten Garnisonen in Edinburgh, Dumfries und Lochmaben. Konnte es ihm und Wallace mit vereinten Kräften gelingen, das Blatt zu wenden?
»Erhebt Euch, Sir Robert.«
Robert blickte auf, als Edward zum Ende kam. »Ich danke Euch für die große Ehre, die Ihr mir erweist, Mylord.« Er richtete sich auf, sein Blick kreuzte sich mit dem des Königs. »Ich bin immer Euer getreuer Diener.«
31
Dunfermline, Schottland, A.D. 1304
DER GEFANGENE PRESSTE SICH gegen die Wand, als sie ihn holen kamen. Helles Tageslicht durchflutete den Stall, in dem sie ihn und die anderen seit Wochen festhielten. Er protestierte schwach, als sie ihn packten, seine ausgedörrten Lippen platzten auf und begannen zu bluten.
»Sei still, du räudiger Hund!«
Während zwei Wächter ihn festhielten, versetzte der, der gesprochen hatte, ihm mehrere Schläge in die Magengrube, um ihn zum Schweigen zu bringen. Dann zerrten die Männer den zusammengekrümmten Gefangenen aus dem Stall. Das Stöhnen und Flehen seiner Leidensgenossen verhallte in der stinkenden Dunkelheit hinter ihnen.
Als sie ihn über einen verschneiten verlassenen Hof schleiften, hob der Mann das Gesicht zum grauen Himmel, öffnete den Mund und versuchte verzweifelt, etwas von der Feuchtigkeit in der Luft aufzufangen. Der Atem der Wächter, die unter seinem Gewicht ächzten, bildete kleine Wölkchen vor ihren Lippen, ihre Stiefel knirschten in den Schneewehen. Der Winter war spät gekommen, erst vor zwei Wochen, kurz nach Weihnachten, hatte es richtig zu schneien begonnen; das Dach und die Türme der Kirche von Dunfermline waren weiß überzogen. Der Gefangene blinzelte zur Abtei hinüber und formte mit den Lippen ein stummes Gebet.
Der Wärter, der ihn geschlagen hatte, drehte sich um, bemerkte, was er tat, und verzog verächtlich den Mund. »Sprichst du wieder mit Gott, Schotte?« Das höhnische Grinsen verschwand. »Heute höre nur ich dir zu, verstanden? Und du wirst reden, das schwöre ich dir.«
Als der Mann, den die anderen Crow nannten, sich abwandte, spie der Gefangene einen blutigen Schleimbatzen in den Schnee und knirschte mit den Zähnen, doch als er die verfallene Scheune schwarz am Ende des Hofes aufragen sah, verließ ihn der Mut. Sie war ein albtraumhafter Ort des Schreckens und entsetzlicher Schmerzen, der ihn in seinen Träumen heimsuchte und im Wachdelirium peinigte. Bei dem Anblick warf er den Kopf zurück und stieß ein gellendes Geheul aus, obwohl die unbenutzte Scheune und die Ställe weitab der anderen Gebäude auf dem Gelände lagen – und selbst wenn ihn jemand hörte, wer würde ihm wohl zu Hilfe kommen? Der englische König und seine Armee hatten die Abtei als Winterquartier beschlagnahmt und die Mönche vertrieben. Was den Mann nicht davon abhielt, sich heiser zu brüllen, als Crow die Scheunentür aufstieß.
In dem dämmrigen Raum befanden sich zahlreiche Gerätschaften, die man auf jedem Bauernhof fand: Pferdegeschirre, Seile und Peitschen, Eimer und Nägel. Alles an sich harmlose Dinge, die jedoch für die Gefangenen zu Folterwerkzeugen geworden waren. Der Holztisch in der Mitte wies frische Blutflecken auf, ein kupfriger Geruch hing in der
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