Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
Carlisle kennengelernt hatte – ein ernster, eifriger junger Mann, vor dem noch das ganze Leben mit all seinen Möglichkeiten lag. Sogar als sie von der Hand in den Mund im Wald gelebt hatten, war es ihm gelungen, sich seinen gutmütigen Humor zu bewahren; er hatte am Lagerfeuer Flöte gespielt, um die Männer aufzuheitern, und mit Edward und Niall gelacht und gescherzt. Bis vor vier Wochen.
Robert starrte ihn an, fragte sich, ob Christopher sich so bereitwillig seiner Sache verschrieben hätte, wenn er damals auf den Mauern von Carlisle – an dem Tag, an dem Robert ihm das Leben gerettet hatte – gewusst hätte, dass er zehn Jahre später an dem Mord an einem Mann im Hause Gottes beteiligt sein würde. Seit jener Nacht in Dumfries war er in sich gekehrt und saß während der Mahlzeiten schweigend und mit zusammengepressten Lippen einfach nur da.
Für Robert stellte es eine Erleichterung dar, ihn jetzt lächeln zu sehen, so, als könne trotz der Ereignisse des letzten Monats noch alles gut werden in der Welt. In Turnberry hatte er bemerkt, dass seine verwitwete Schwester und der Ritter sich zueinander hingezogen fühlten. Wenn Christina den unbekümmerten Mann, den er einst gekannt hatte, wieder zum Vorschein bringen konnte, wer war er, ihr dabei Steine in den Weg zu legen? »Wir werden kommen«, versprach er seiner Schwester. »Alle beide.«
Die beiden Männer verließen das Zelt.
Es war ein kühler Märzmorgen. Große Wolken zogen über den Himmel hinweg und warfen Schatten über das braune Wasser des Clyde. Die Windböen, die von der breiten Flussmündung herüberwehten, schnitten wie Glas in die Haut, und Robert schlang seinen pelzbesetzten Umhang enger um sich. Überall ringsum blähten sich Zelte und Fahnen, eine Vielzahl von Farben und Emblemen flatterten wild. Jeden Tag waren neue Banner hinzugekommen, als mehr Männer dem Ruf zu den Waffen folgten. Rauchschwaden vermischten sich mit dem Gestank der ausgehobenen Latrinen und der Misthaufen vor den provisorischen Ställen. Das Lager erstreckte sich auf einer Ebene in der Nähe der Ufer des breiten Flusses. Direkt hinter einem Schlammkanal, der jetzt, wo Ebbe herrschte, zu sehen war, ragten zwei mächtige Felshörner auf. In dem grünen Spalt zwischen ihnen war die alte Festung Dumbarton Castle erbaut worden.
Von den Schlammbänken führte ein felsiger Pfad zu den massiven Mauern der Burg, hinter denen eine Ansammlung von Stein- und Holzgebäuden lag. Dahinter stiegen die Doppelfelsen, deren höhere Flanken von weiteren Mauern umgeben waren, in schwindelerregende Höhen empor. Auf jeder Felskrone thronten ein weißer Turm und eine große Halle. In einem von beeindruckenden Festungen übersäten Land gehörte Dumbarton zu den am schwersten einnehmbaren. In ihrem Inneren, auf seinem von Wasser umgebenen Felsen gut geschützt, saß John of Menteith. Der Mann, der William Wallace gefangen genommen und an die Engländer ausgeliefert hatte, war von König Edward großzügig belohnt worden. Der König hatte ihm seine Schulden bei der Krone erlassen und ihn zum Verwalter der Burg ernannt.
Es war die sechste Festung, die Robert in vier Wochen belagert hatte. Sein Feldzug, der so unerwartet in Dumfries begonnen hatte, hatte einem einen Abhang hinuntergestoßenen Felsbrocken geglichen, der an Schwung zulegte und Steine und Geröll mitriss, bis er zu einer Lawine geworden war. Zusammen mit Rothesay, Dunaverty und Ayr bewachte Dumbarton die westlichen Zugangswege nach Schottland – eine Route, die sowohl für Nachschublieferungen als auch für die Verstärkung, die Robert sich von den dahinter liegenden Inseln erhoffte, von elementarer Bedeutung war. Abgesehen von ihrer strategischen Position gehörte sie auch noch zu denen, deren Eroberung ihm am meisten am Herzen lag. Er war entschlossen, Menteith für seinen Verrat an Wallace büßen zu lassen. Die anderen Burgen waren durch Geschick, List oder Drohungen rasch gefallen, aber Menteith hatte bislang ausgehalten, und ohne Belagerungsgeräte, mit denen er die Mauern unter Beschuss nehmen konnte, hatte Robert sich damit begnügen müssen, die Nachschubverbindungen seines Feindes abzuschneiden und den Bastard mit seiner ständig wachsenden Armee in Angst und Schrecken zu versetzen.
»Hier sind die Neuankömmlinge.« Christopher lenkte Roberts Aufmerksamkeit auf eine kleine, aus etwa zwanzig Männern bestehende Gruppe, die um eine Schar staubbedeckter Pferde herumstand.
Als Robert näher kam, sah er zu seiner
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