Kriegerseelen
es auch. Glaubst du wirklich, deine Mutter hat etwas mit dem Tod dieser jungen Frau zu tun?«
»Ich weiß es nicht.« Juno hörte sich verzweifelt an. »Sie war definitiv die letzte Person, die bei ihr war.« Ihre türkisfarbenen Augen richteten den Blick auf sein Gesicht. »Ich glaube, ich konnte sie rechtzeitig warnen. Hast du etwas von ihr gehört?« Draußen war ein Summen zu hören. Beide standen auf und lauschten. »Scheiße«, entfuhr es Juno. Tristan entsicherte seine Waffe und schlich zum Eingang der Höhle. Ein blinkender sich schnell bewegender Punkt zeigte ihm, wo die Drohne sich befand. Routiniert programmierte er den Laser erneut und drückte ab. Wie zu erwarten, zerbarst auch dieses Erkundungsobjekt, sobald der Laserstrahl die Oberfläche traf. »Nummer zwei«, sagte er trocken, als er sich zu Juno umdrehte. »Jetzt weiß er sicher, dass etwas nicht stimmt. Er wird mehr schicken. Er wird niemals aufgeben.«
Die Worte hallten bedrohlich von den Wänden wider und Juno erschauderte. Was hatte sie angerichtet. Jetzt gab es kein zurück mehr. Sie hatte Tristan da mit hineingezogen und er hatte nicht gezögert, sie zu suchen. Sie vertraute ihm voll und ganz. Doch eigentlich sollte es allein ihr Problem sein.
»Zu spät.« Als hätte er ihre Gedanken gelesen, hob er die Hand, um ganz kurz ihr Gesicht zu berühren. Es kostete ihn große Anstrengung, sich zu kontrollieren. »Ich habe meine Entscheidung getroffen.«
Viel zu kurz hatte er sie berührt, doch dieser Moment hatte ihr Mut und Kraft geschenkt. »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte sie leise.
Jetzt erst bemerkte Tristan das getrocknete Blut an ihrem Hals. »Was hast du da? Bist du verletzt?« Er klang besorgt.
Sie tastete nach der Schnittwunde hinter ihrem Ohr und schüttelte den Kopf. »Ich habe mir das Ohr-Komm herausgeschnitten.«
Beide wussten, jetzt fing ein anderer Lebensabschnitt für sie an. Irgendwie war alles aus dem Ruder gelaufen. Sie waren auf der Flucht. Auf der Flucht vor einem gnadenlosen Herrscher, der sie bis ans Ende der Welt hetzen würde. Entschlossen griff der Krieger nach dem Messer, das er an seinem Gürtel trug. »Tust du es, oder soll ich es selbst tun?«
Sie nahm es ihm aus der Hand und stellte sich dicht neben ihn. Gerade so nah, dass sie ihn nicht mit ihrem Körper berührte. »Konzentrier dich«, befahl sie, bevor sie die Klinge ansetzte. Es half nichts, sanft zu sein, das wusste sie. Deshalb schnitt sie beherzt in das Fleisch des Mannes, der ihr vertrauensvoll seine verletzliche Seite anbot. Tristan konnte Schmerzen beinahe komplett ausblenden. Er spürte, wie Juno mit ihren Fingern nach dem fingernagelgroßen Kommunikationsgerät tastete und es schließlich mit einem triumphierenden Lächeln herauszog. Warmes Blut lief seinen Hals entlang, doch seine außergewöhnliche Wundheilung würde den Schnitt innerhalb weniger Minuten verschließen. Es fühlte sich allerdings seltsam an, mit Juno alleine zu sein. Seit Prokojev sie unter Verschluss hielt, war er ihr nicht mehr so nahe gekommen. Sein Magen kribbelte, als er ihren Atem an seinem Ohr spürte. Sie roch nach Meer und Hibiskusblüten. Tief sog er den verführerischen Duft ein und versuchte sein heftig stolperndes Herz zu ignorieren.
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20. Kapitel
Fünf Wochen. Wie ein Damoklesschwert hing diese Aussage über Storm. Sein Time Out Chip zeigte, anders als der seiner Brüder, nur noch fünf Wochen an. Wie das möglich war, konnte sich niemand erklären. Vor ein paar Tagen erst hatte Lili diesen Chip bei den Männern entdeckt, und seitdem waren die Krieger fieberhaft auf der Suche nach einer Lösung für diese tödliche Gefahr. Storm, der schon immer ein kleines Aggressionsproblem hatte, reagierte immer gereizter, soweit das überhaupt möglich war, und dann war er plötzlich total ausgetickt. Fluchend lief er wie ein eingesperrter Tiger in seinem Zimmer auf und ab. Er konnte nicht glauben, dass er Ivy fast vergewaltigt hätte. Sie hatte seine Entschuldigung zwar angenommen und sogar ihre Hilfe angeboten, bei der Suche nach dem alten Mann, doch er fühlte sich ihr gegenüber ziemlich beschissen. Was war er doch für ein Riesenarschloch. Irgendetwas machte dieser Chip mit ihm, etwas, das er nicht kontrollieren konnte. Er legte entschlossen den Waffengürtel um seine Hüften und schnallte ihn fest. Zeit etwas dagegen zu unternehmen. Eigentlich hatte er keine Ahnung, wo er den alten Mann suchen sollte. Am Tag von Rocks Beisetzung war er aus dem Koma
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