Kriegerseelen
erwacht und wusste nur, dass er sich beeilen musste um sich von seinem Bruder zu verabschieden. Als er damals die Hütte verlassen hatte, war ihm nur aufgefallen, dass sie mitten im Wald stand. Zu seiner Überraschung hatte es genügt, sich vorzustellen, auf dem schnellsten Weg zu seinen Brüdern zu gelangen, zu der einzigen Familie, die er noch hatte, und plötzlich löste er sich in Luft auf. Seine Moleküle schwebten ohne sein bewusstes Zutun zu der Insel, an den Platz, wo Rock aufgebahrt war.
Vielleicht genügte es auch diesmal, sich einfach auf den Greis zu konzentrieren. Der Krieger verzog das Gesicht. Wahrscheinlich würde es nicht so einfach werden. Er musste unbedingt mit Ivy reden. In voller Kampfmontur verließ er sein Zimmer und klopfte zwei Türen weiter an. Ein leises »Herein« ließ ihn tief durchatmen. Ganz ruhig Kumpel, nicht wieder durchdrehen. Er öffnete die Tür und sah vorsichtig in den Raum hinein. Sie stand am Fenster und sah ebenso ruhelos aus, wie er sich fühlte. »Ivy. Ich möchte dich gerne etwas fragen. Würdest du mich in den Garten begleiten?«
Sie drehte sich um und sah ihm fest in die Augen. »Willst du nicht reinkommen?«
»Lieber nicht«, antwortete er schnell. Irgendwie traute er sich selbst nicht mehr. Und in diesem Zimmer, das voll von ihrem Geruch war und in dem ein einladendes Bett stand, war sie nicht sicher vor ihm. Sie seufzte, nahm sich eine Jacke aus dem Schrank und zog sie über. »Storm, ich habe dir gesagt, dass ich dir verziehen habe. Du warst nicht du selbst. Ich habe keine Angst vor dir.«
Er blieb in der Tür stehen und machte eine einladende Geste nach draußen. »Bitte, lass uns nach unten gehen.«
Als sie durch die Terrassentür im Kaminzimmer nach draußen traten, wurden sie beobachtet. Shadow, der die Gabe besaß, mit Schatten zu verschmelzen, hatte die Aufgabe übernommen. Die Brüder waren sich einig, dass Storm, wenn auch ungewollt, hochexplosiv war. Der nächste Ausraster konnte für Ivy gefährlich werden. Diskret hielt er Abstand, war aber so nahe, dass er sofort eingreifen konnte, wenn es nötig war. Der große Blonde und die kleine Kriegerin gingen zum Teich. Shadow blendete das Gespräch aus. Er wollte nicht lauschen, nur aufpassen.
»Ivy kannst du mir helfen?« Dunkelblaue Augen sahen sie bittend an. »Wieso kann ich plötzlich teleportieren? Vielleicht hast du eine Erklärung dafür.«
Sie sah ihn lange an. Kurz bevor das Schweigen erdrückend wurde, versuchte sie seine Frage zu beantworten.
»Ich glaube, du konntest schon immer teleportieren.« Sie hob die Hand um ihn daran zu hindern, ihr ins Wort zufallen.
»Ja, das glaube ich tatsächlich. Du hast es nur noch nie versucht, oder besser gesagt, niemand hat dir gesagt, dass du die Fähigkeit dazu hast. Erst als du aus dem Koma erwacht bist und schnell deine Brüder finden musstest, konntest du dich genügend darauf konzentrieren, um auf diesem Weg zu uns zu gelangen. Weißt du, Teleportation bedarf einer enormen Konzentration, oder den Wunsch nach schnellstmöglicher Fortbewegung.« Sie legte kurz ihre Hand auf seine, zog sie aber sofort wieder zurück, als sie fortfuhr. »Du hättest es viel früher gekonnt, wenn dich jemand darauf vorbereitet hätte.« Storm hörte sich ihre Erklärung an und wieder wallte eine altbekannte Emotion in ihm hoch. Wut. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte er, sie zu unterdrücken. Sein Kopf dröhnte, sein Puls schnellte in die Höhe und vor seine Augen legte sich ein blutroter Schleier.
Ivy spürte seinen inneren Kampf. Verzweifelt suchte sie nach den richtigen Worten. Es war fast, als würden Dr. Jekyll und Mr. Hyde vor ihr sitzen. Zwei Personen in einem Körper. Der gutaussehende blonde Krieger drohte zu verschwinden, um einer Bestie Platz zu machen. »Ich glaube an dich Storm«, sagte sie leise und ergriff erneut seine Hand.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Storm den Kampf gegen sein inneres Monster gewann und seine Augen leuchteten dunkelblau, wie ein wunderbarer Nachthimmel. Ivy seufzte erleichtert auf und ließ es zu, dass er ihre Hand mit seinem Daumen streichelte.
Shadow, der unbemerkt an ihrer Seite gewacht hatte, atmete auf. Auch er hatte gespürt, in welchem Zwiespalt sich der Krieger befunden hatte. Vielleicht würde doch alles gut werden.
»Erzähl mir alles, woran du dich erinnern kannst, als du in der Hütte bei dem alten Mann aufgewacht bist«, forderte Ivy Storm auf. Ohne ihre Hand loszulassen, kramte er die Erinnerung an den Tag
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