Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Blut quoll ihm aus einer Wunde am Bauch. Es befanden sich noch weitere Menschen im Raum, doch er hatte keine Zeit, diesen Beachtung zu schenken, denn er sah ein, dass seine eigenen Wünsche und Fragen warten mussten. Außerdem, wer würde ihm auch nur annähernd so etwas wie eine Antwort geben, wenn er ihren Freund sterben ließe?
„Bringt mir Tücher, heißes Wasser, Nadel und Faden, Messer und ...“
„Wofür brauchst du das?“, unterbrach ihn Ash.
„Na, um ihn zusammenzuflicken! Was soll diese Frage, er verblutet ja noch!“
„Er weiß es noch nicht“, raunte jemand.
„Was weiß ich noch nicht? Verflucht, holt mir meine Sachen oder euer Kollege stirbt mir noch weg!“
Er riss das blutige Hemd auf, das noch die Hälfte des Körpers des Verunglückten bedeckt hatte. Das war nicht gut. Er hatte nichts dabei, keine sterilen Hände und er fühlte sich schwach.
„Du kannst das auch ohne Hilfsmittel, beeil dich!“
Das war Mythos’ Stimme. Faolan hatte die Wunde entdeckt und weil sich immer noch niemand bewegte, presste er die flache Hand darauf, damit wenigstens der Blutfluss ein wenig vermindert wurde.
„Ohne Hilfsmittel? Seid ihr vollkommen übergeschnappt?“, fuhr er den älteren Mann entgeistert an.
„Nein, vertrau mir. Vertrau dir. Das ist das Wichtigste. Du trägst es in dir.“
Du trägst es in dir . Das Echo dieser Worte dröhnte in Faolans Ohren. Er hatte sie schon einmal gehört … Er schluckte schwer, weil ihm bewusst wurde, dass Mythos alles bitterernst meinte.
Versuch es. Besser, als herumzustehen, während er stirbt!
Also gab er nach. Er schloss die Augen und spürte den Herzschlag unter seinen Händen. Das warme Blut klebte an ihnen und versuchte, sich einen Weg aus dem Körper zu bahnen. Faolan öffnete die Augen, doch die Bilder, die diese ihm lieferten, fühlten sich fremd an. Er brauchte eine Weile, bis er realisierte, was hier falsch war. Die Schatten, sie bewegten sich, krochen langsam zu diesem jungen Mann, der vor ihm auf einem Leichentuch lag. Als er genauer hinsah, bemerkte er, wie sich einige Schatten um seine eigene Hand geschart hatten und versuchten, zwischen seinen Fingern in die Wunde zu gelangen.
„Nein! Haut ab!“ Er fuchtelte mit der freien Hand. Doch natürlich geschah nichts. Was tat er da eigentlich? Er halluzinierte doch sicher. „Ich kann das nicht!“, rief er verzweifelt und starrte auf den bleichen Körper. „Gebt mir meine Instrumente, dann hat er vielleicht eine Chance!“ Inzwischen zitterte er wie Espenlaub. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Niemand rührte sich.
„Wollt ihr ihn einfach verbluten lassen, oder was?!“ Faolans Stimme überschlug sich.
„Du kannst das!“ Mythos Stimmer war immer noch ruhig.
„Wie denn?“
„Das weiß ich nicht. Du musst es selbst herausfinden!“
Faolan starrte entsetzt auf seine Hände. Er war Arzt, kein Wunderheiler!
Immer noch drängten sich die Schatten um die Hand und suchten einen Weg hinein. Er konnte sie spüren. Sie schienen kalt und feucht zu sein. Was passierte wohl, wenn er sie hineinließ?
Der verwundete Körper bebte plötzlich unter einem heftigen Krampf. Faolan wusste, dass er handeln musste. Wie lange stand er bereits untätig da?
Verdammt. Scheiße. Denk nach. Sie scheinen dir zu vertrauen, also mach was!
Faolan schloss die Augen und konzentrierte sich erneut. Er spürte die Angst in seinen Eingeweiden wüten. Sein ganzer Körper war angespannt und in seinem Kopf herrschte ein enormer Druck, so, als wäre etwas darin, das unbedingt herauswollte. Ab diesem Moment handelte der junge Arzt instinktiv. Er kannte dieses Etwas in seinem Kopf nicht und doch war es da. Tatsächlich suchte er ja nach etwas Unbekanntem. Er hatte keine Zeit für Zweifel und ließ zu, dass das Unbekannte von seinem Körper Besitz ergriff.
Er schauderte, als sich Kälte und Dunkelheit in ihm ausbreiteten. Eine innere Stimme befahl ihm, die Augen wieder zu öffnen und er gehorchte. Die Schatten, die vorher noch wie wild versucht hatten, in die Wunde zu gelangen, verharrten still. Faolan löste die Hand vom Schnitt und griff nach den Schatten. Sie vermittelten ihm immer noch ein Gefühl von Kälte und Feuchtigkeit, doch nun störte es ihn nicht weiter. Ja, er fand diese Empfindung sogar angenehm. Als hätte er etwas Solides in der Hand, begann er die Schatten zu formen. Momente später lag ein Schwert in seiner Faust. Es hatte starke Ähnlichkeit mit seinem normalen Rekrutengladio.
Er tat einen letzten
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