Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
zum ersten Mal alleine in einen dunklen Raum gesteckt hatte. Er war der Hochkönig von Korin, ihm brauchten vor nichts und niemandem die Knie zu zittern. Wie um sich selbst zu beweisen, dass er seines Titels würdig war, stieg er betont langsam die Wendeltreppe hinunter. Tief im Innern wusste er jedoch, dass er sich selbst betrog. Ihm graute vor dem herannahenden Ereignis. Doch niemand konnte erwarten, sich Hochkönig zu nennen, ohne einen Preis zu zahlen, nicht wahr? Was für ein Preis wäre das, wenn er ihm nicht Überwindung und Selbstaufopferung abverlangen würde?!
Er erreichte das Ende der Wendeltreppe und traf auf eine Patrouille Wachsoldaten. Er war so erleichtert, drei Lebende zu sehen, dass er ihnen beim Grüßen sogar ein herzliches Lächeln schenkte. Die drei Soldaten salutierten verdutzt und zogen dann weiter ihres Weges.
„Vergib mir die Verspätung, Schatz. Ich wurde aufgehalten“, meinte er, als er in den Speisesaal trat und die Türe hinter sich schloss. Er lächelte seine Frau entwaffnend an. Angesichts seiner Entschuldigung glättete sich Emeralds gerunzelte Stirn ein wenig. Sie nickte ihm zu. „Setz dich, dann können wir anfangen. Der erste Gang wird gerade serviert.“
Viel besser gelaunt als noch am Vortag verließ General Voltan in aller Herrgottsfrühe den Mondsteinpavillon . Im Moment regnete es nicht, dafür zog ein beißend kalter Wind durch die Straßen der noch schläfrigen Stadt. Graue Wolken hingen tief über Karma. Das trostlose Wetter konnte Algiers frohem Gemüt jedoch nichts anhaben.
Liebend gerne wäre er noch bei seinem neuen Liebling des Hauses geblieben, doch die Pflicht rief und so weit war es mit ihm noch nicht gekommen, dass er diese wegen einer Frau vernachlässigt hätte. Crystal war erfrischend anders. Die Leidenschaft, die sie ihm entgegengebracht hatte, hatte ihm geschmeichelt. Außerdem war sie ein hübsches Mädchen. Nicht nur der Sex hatte ihm Spaß gemacht, auch die Gespräche, die sie geführt hatten, waren anregend gewesen. Sie hatte ihn sogar zu einem Brettspiel überreden können – so etwas tat er sonst nie. Nein, das kleine Vermögen, das er in dieser Nacht im Pavillon gelassen hatte, reute ihn nicht. Er würde sie sicher bald wieder besuchen.
Normalerweise war er nicht oft alleine unterwegs. Nur, wenn er mit dem Hochkönig eine Unterredung hatte oder in mehr oder weniger geheimer Mission unterwegs war. Dies war so ein Tag. Ein Projekt, das sich schon eine Weile hinzog, erforderte sein Erscheinen.
Ein Lächeln huschte über Algiers schmale Lippen, als er an den nichts ahnenden Hochkönig dachte. Dabei geschah das alles beinahe unter dessen Augen.
Am Anfang hatte der General Thanatos nichts gesagt, weil er sich über den Erfolg des Projektes nicht sicher gewesen war. Als es dann immer mehr Form angenommen hatte, hatte er Gefallen daran gefunden, es dem Hochkönig zu verschweigen. Schließlich musste er nicht alles wissen. Wenn er, Algier, die Sache für einen guten Zweck, nämlich für das Wohl des Reiches, einsetzte, dann konnte er es ihm mit gutem Gewissen verheimlichen.
Algier gelangte über die schwindelerregend steile Straße hinunter zum Hafen von Karma. Zwischen Handels- und Passagierschiffen wartete ein kleines Boot auf ihn. Der General ging an Bord und grüßte die zwei Männer knapp, welche die Nussschale steuern sollten. Die See war relativ ruhig, sodass ihnen eine angenehme Überfahrt gewiss war. Noch am vergangenen Tag hätte er diesen Ausflug absagen müssen. Algier freute sich darüber, dass seine Pläne nicht vom Wetter durchkreuzt wurden und starrte dorthin, wo er sein Ziel vermutete. Noch sah man die Insel jedoch nicht – dies war schon bei klarem Himmel schwierig genug. Die Insel, die sie ansteuerten, war ein wenig kleiner als die, auf welcher die Hauptstadt des Reiches gelegen war. Da so gut wie nichts auf ihr wuchs, war sie für Menschen bisher nicht interessant gewesen. Doch dann hatten Algier und einige andere Eingeweihte nach einem günstigen Platz für die Ausführung ihres kleinen Projektes gesucht und der unwirtliche Fleck Erde war ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit gerückt.
Gegen Mittag erreichte das Boot sein Ziel. Der Anlegeplatz war auf der von Karma abgewandten Seite, damit anlaufende Schiffe nicht das unnötige Interesse müßiger Karmatiern erregten.
Algier sprang leichtfüßig auf den Kiesstrand. Ein Riss in der Klippenwand bildete den Eingang zur Forschungsstätte. Nach zwanzig Schritten wurde aus dem schmalen
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