Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
kann!“
„Ach so, du denkst, dass du nicht so verdammt bist wie die anderen, weil du nicht den Mumm hattest, mich umzubringen.“
Shades Hand ballte sich zu einer Faust, als er wütend zischte: „Bist du nicht froh, noch am Leben zu sein?! Wärst du lieber gestorben, oder was?! Dann kann ich dir den Gefallen gerne tun!“
Maerkyns Falte auf der Stirn kehrte zurück und seine Augen verengten sich leicht, als er den Dolch in Shades linker Hand bemerkte, der vorher nicht da gewesen war.
„Nein, ich habe nicht den Wunsch, tot zu sein. Doch mich interessiert die Frage brennend, was mit mir als Nächstes passiert.“ Seine Stimme war ernst und dieses Mal machte er sich nicht über Shade lustig.
„Es bringt nichts, sich aufzuregen!“, versuchte Khazan Shade zu beruhigen.
„Nichts!“, fauchte er den König an: „Von mir aus kannst du gehen!“
„Kann ich nicht“, widersprach dieser ihm.
„ Warum nicht?“, blaffte ihn das Ringmitglied an.
„Weil deine Freunde und Karma die Schmach, dass ich noch lebe, nicht ertragen würden. Sie würden mich jagen, bis sie ihre Arbeit richtig erledigt haben.“
Er hat recht.
„Es gibt noch etwas, das ich gerne tun würde, danach gehöre ich ganz dir.“
Es war beinahe Mittag, als sie sich wieder der Stadt näherten. Unterwegs überkam Shade plötzlich die Gewissheit, dass seine Täuschung bei den anderen Tempelbewohnern aufgeflogen war. Bei der Erschaffung der Schattenpuppe hatte er ihr einen winzigen Teil seines Bewusstseins eingepflanzt. Da die Puppe nun zerstört war, kehrte es zu ihm zurück.
Hat länger gehalten, als ich gedacht habe.
Khazan, der vor ihnen herumtollte, hielt kurz in seinem Spiel inne und meinte: „Mythos hat dich durchschaut. Aber deine Schattenpuppe hat nicht versagt.“
Woher weißt du das?
Doch das Tamarin antwortete nicht, sondern genoss offensichtlich seine wiedergewonnene Beinfreiheit. Es war mild und Shade hatte darauf verzichtet, einen Mantel anzuziehen. Noch waren sie im Wald und mussten sich nicht davor fürchten, entdeckt zu werden. Wie sie es jedoch anstellen sollten, ungesehen durch die Stadt zu kommen, dessen war sich Shade nicht sicher. Immerhin war Maerkyn der König von Ionaen – die Bürger würden ihn erkennen.
Maerkyn wollte das Grab seiner Schwester ein letztes Mal besuchen und etwas aus dem Haus holen. Mit dem Ersten war Shade einverstanden, mit dem Zweiten jedoch nicht. Er befürchtete, dass, sobald man das Attentat entdeckt hatte, es im Haus nur so von Menschen wimmeln würde.
Als sie den Waldrand erreichten, hielt Shade Maerkyn zurück.
„Jetzt erzählst du mir, wie du gedenkst, ungesehen in diese Stadt und zum Grab deiner Schwester zu gelangen.“
„Es gibt einen Weg hinein, den niemand kennt.“
„Einen Weg?“
„Unter der Mauer hindurch, direkt in das Mausoleum meiner Familie. Siehst du den Bach dort? Dort ist der Eingang.“
Sie gingen gemächlich aufs Feld hinaus. Shade hatte Khazan nahegelegt, sich nicht zu weit von ihnen zu entfernen. Das Feld lag brach und verlassen da, sodass sie keine Angst haben mussten, entdeckt zu werden, weil sie jeden Entgegenkommenden schon von Weitem gesehen hätten. Trotzdem waren die beiden Männer froh, als sie den Bach erreichten, dessen Ufer von Sträuchern und Bäumen gesäumt wurde.
Es glich einem Kunststück, dass sie durch das Gestrüpp gelangt waren, und einem zweiten, dass sie danach nicht die Böschung hinunterrutschten. Der Bach war wenig mehr als ein schmutziges Rinnsal. Der Sonne, die an diesem Tag von einem makellos blauen Himmel schien, gelang es nicht, durch die Blätter und Äste zu dringen. So wirkte der kleine Bach wie eine schmale, schattige Allee. Maerkyn zögerte nicht und schritt ins Wasser. Shade folgte ihm unwillig. Er mochte keine nassen Füße. Obwohl die Temperaturen für diese Jahreszeit bemerkenswert mild waren, war das Wasser eisig kalt.
Nur damit er sich nicht lächerlich machte, fragte Shade nicht, wie weit es bis zu diesem Geheimgang war. Sie schwiegen und lediglich das Patschen ihrer Schritte im Wasser und das Glucksen des Baches waren zu hören. Khazan war klein genug, um am schmalen Uferstreifen gehen zu können, ohne nassen Pfoten zu bekommen.
Shades Füße begannen schon, sich taub anzufühlen, als Maerkyn endlich stehen blieb. Das flüchtige Ringmitglied sah sich aufmerksam um. Auf den ersten Blick fiel ihm nichts Besonderes an jenem Abschnitt der Böschung auf. Dann machte sich Maerkyn an einem Strauch zu schaffen. Er zerrte
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