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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Hingang erbitterte Kämpfe zwischen Volk und Adel ausbrachen, wobei dieser den Erzpriester Eugen von Santa Sabina zum Pontifex maximus machte, kam der energische Junior-Kaiser Lothar I., der durchaus politisches Talent entwickelte, ein zweites Mal nach Rom. Er protestierte gegen die Ermordung seiner Anhänger, »die dem Kaiser, ihm und den Franken getreu gewesen«, protestierte gegen »die Unwissenheit und Schwäche einiger Päpste«, gegen die Habgier ihrer Richter, die widerrechtliche Enteignung von Gütern im Namen der Päpste sowie wider die ganze Unfähigkeit des geistlichen Regiments. Und sein Vorgehen wurde von der römischen Bevölkerung dankbar begrüßt.
    Kapitularien Kaiser Ludwigs hatten bereits die Simonie und Profitgier der Bischöfe in Italien gebrandmarkt, die ihre Pfarreien oft finanziell ausbeuteten, die Kirchen verfallen ließen und die den Priestern auf einer Synode 826 in Rom unter Eugen II. einschärften, daß sie nicht spielen, wuchern, auf die Jagd oder den Vogelfang gehen, daß sie die Kirchenausstattungen nicht verschleudern, nicht herumhuren dürfen etc. (Es ist übrigens die einzige römische Synode aus der ganzen ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts, von der Akten vorliegen. Und im ersten Jahrhundertviertel gab es in Rom offenbar gar keine Kirchenversammlungen!) Jetzt nahm sich Lothar in einer scharfen Untersuchung viele Verbrechen und Mißbräuche vor: die »schon längere Zeit durch das verkehrte Benehmen mehrerer Päpste in große Verwirrung geratenen römischen Zustände«, wie der Reichsannalist sagt. »Immer erschreckender stellte sich der Umfang der vorgekommenen unrechtmäßigen Güterconfiskationen, die Willkür und Habsucht, mit welcher die päpstlichen Beamten gewirtschaftet hatten, heraus« (Simson).
    Selbstverständlich machten die Hohenpriester dabei auch vor Klöstern nicht halt, vergriffen sie sich auch an diesen, zumal an besonders ergiebigen.
    Zum Beispiel an Farfa.
    Das um 700 gegründete Benediktinerkloster gehörte zu den reichsten Abteien Italiens im Mittelalter. Zwischen Rom und Rieti gelegen, hatte es den Schutz der Langobardenkönige genossen, verdankte aber vor allem den spoletinischen Herzögen, doch auch vielen privaten Stiftern einen umfangreichen Grundbesitz in und außerhalb der Sabina. Mit fränkischer Immunität, Abtswahlrecht und Exemtion durch Karl I. schon seit 775 ausgestattet und durch die nachfolgenden Kaiser in seinem Besitz wie seiner Rechtsstellung bestätigt, konnte es zudem Bestätigungsbullen der Päpste vorweisen. Noch wenige Tage vor seinem Tod erkannte Stephan IV. all dies an, wenn auch gegen einen jährlichen Zins von 10 Goldsolidi.
    Gleichwohl hatten andere Päpste immer wieder kraft ihrer Landesherrschaft über die Sabina die Reichsunmittelbarkeit Farfas zu ignorieren und die reiche Abtei sich zu unterwerfen gesucht. Hatte ihr Hadrian Güter weggenommen, ebenso der hl. Leo III.; hatte schließlich der hl. Paschalis mit der Behauptung, Farfa stehe »zu Recht und Herrschaft der römischen Kirche«, vor dem kaiserlichen Gericht einen Prozeß gegen den Abt Ingoald angestrengt und verloren. (Doch schon wenige Jahre später, 829 – Päpste können einfach kaum nachgeben, da sie stets im Recht sind, es immer um Gott geht –, führte Gregor IV. einen neuen Rechtsstreit um Farfa.)
    Nach einem förmlichen Verfahren verurteilte Lothar Papst Eugen II. (824–827) zur Herausgabe aller konfiszierten Güter der Römer, verbannte unter dem Jubel des Volkes die päpstlichen Richter ins Frankenreich und veranlaßte die Rückkehr der unter Paschalis I. Verfolgten. Und am 11. November 824 stellte er durch eine Neuregelung der fränkisch-päpstlichen Beziehungen, die (das Pactum Hludowicianum von 817 wieder einschränkende) sogenannte »Constitutio Romana« 50 , die höchste Gewalt des Kaisers im Kirchenstaat sowie die Abhängigkeit des Papstes wieder her, stellte er die Verwaltung des Kirchenstaates unter Kontrolle eines ständigen päpstlichen und kaiserlichen Missus, vor dem schließlich jeder »electus«, jeder zu weihende Papst, erst den Treueid auf den Kaiser leisten mußte »pro conservatione omnium«. Somit war wieder, wie von Justinian bis zur Lossagung Italiens von Konstantinopel, die Bestätigung der Papstwahl durch den Kaiser erforderlich, war das Pactum Hludowicianum teilweise aufgehoben und eine Kulmination kaiserlicher Macht über die Kurie erreicht – freilich ohne langen Erfolg. Immerhin hat sie Johann IX. auf einer römischen Synode 898

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