Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Ludwig Donin, einige »Götzendiener« auch ihre Bogen schon spannen, denn, oh Wunder, »plötzlich erstarrten ihre Arme ...«. Dabei ersehnte der Mutige so heiß die Palme des Martyriums! Jammerte er nach einer Keilerei in Wollin: »Wir sind um eine schöne Hoffnung gebracht. Die Palme war in unserer Hand ...« Vom Fällen eines heiligen Nußbaums, dessen Besitzer Otto mit der Streitaxt bedrohte, schreckte er jedoch sofort zurück. Gleichwohl konnte er verhältnismäßig rasch 22165 Heidenseelen taufen (falls man richtig zählte).
Ottos erster Fischzug war mit Polen und dem Papsttum abgesprochen, der zweite mit König Lothar (der ihm mehr Diplome zukommen ließ als irgendeinem anderen Bischof) und mit Herzog Wartislaw I. von Pommern.
Wartislaw, in seiner Jugend offenbar in sächsischer Gefangenschaft getauft, später in polnischer Haft zur Missionierung seines Landes nebst Tributzahlungen an Polen gezwungen, war Mitbegründer des pommerschen Bistums, schützte den Oberhirten Otto gleich nach der Grenze und soll sich, verheiratet mit einer Christin, außerdem 24 Konkubinen gehalten haben. Weniger ihnen freilich als ihm zum Gedächtnis gründete man nach seiner Ermordung in Stolpe an der Peene eine Kirche und ein Benediktinerkloster. 12
Nach Polen wurde der Bamberger Bischof durch Herzog Boleslaw III. Krzywousty (Schiefmund; gest. 1138) gerufen. Aus Herrschsucht hatte der Christ seinen Stiefbruder vertrieben, ihm dann die Augen ausreißen lassen und die alte Aggressionspolitik der Piasten gegen Pommern fortgesetzt. Er führte, seine größte Heilstat, einen Missionskrieg mit jahrelangen Raub- und Zerstörungsüberfällen und hat, obwohl angeblich fromm, demütig, liebenswürdig, nach Ottos Biographen Herbord, dem Mönch vom Bamberger Kloster Michelsberg, auch 18000 besiegte Pommern getötet und weitere 8000 mit Frauen und Kindern nach Polen deportiert.
Als der Fürst 1121/1122 mit einem Vorstoß gegen Stettin den dortigen Herzog Wartislaw unterworfen und Pommern erobert hatte, folgten wie üblich den Räubern die Missionare. Zwar scheiterte der Bekehrungsversuch des spanischen Eremiten Bernhard gleich nach Kriegsschluß (in Wollin schickte man ihn auf einem Kahn fort, damit er »den Fischen predige«). Doch schließlich rief Boleslaw mit Erfolg den Bamberger Prälaten, um sein eigenes frommes Werk zu vollenden oder ihm wenigstens wieder aufzuhelfen. Denn die »bekehrten« Pommern zahlten den Tribut nicht mehr, verehrten aber öffentlich ihre bewährten slawischen Götter, ja, fanden so wenig Geschmack am Christentum, daß sie einen zugezogenen Geistlichen gekreuzigt haben. Und dem Erzbischof Norbert von Magdeburg, dessen Kirche die Ostgebiete (Polen, Pommern) zunächst zugewiesen bekam, einem Eifersüchtigen, in Parenthese, auf die Erfolge Ottos, wollten sie schon gar nicht dienen, wollten lieber sterben als seine Härte und Knechtschaft erdulden.
So zog Otto im April 1128 in Übereinkunft mit König Lothar und dem Herzog Wartislaw zum zweitenmal nach Pommern, um dort die kostbare Saat der Frohen Botschaft wieder auszustreuen. Ob ihm der König dabei durch einen Krieg wider die Liutizen etwas den Weg geebnet, ist nicht zwingend zu erweisen, doch manches spricht dafür. Sicher aber hat der kluge Otto, der zeitweise mit Geschenken angeblich nur so um sich warf, den Pommern die Angst vor dem Christentum zu nehmen gesucht, ihnen zumal eingeredet, daß diese Religion, was sie wohl am meisten fürchteten, keine materielle Opfer aufnötige!
Der mit Truppen heraneilende Herzog Wartislaw stärkte dem Missionar den Rücken, machte auch gleich einen äußerst ergiebigen Raubritt in liutizisches Gebiet, während Otto bald in Gützkow einen besonders reich und schön ausgestatteten »Götzentempel« – ungeachtet großer Geldofferten der Altgläubigen, die ihn, und wäre es als Kirche, erhalten wissen wollten – rücksichtslos ruinierte. Und noch um die Wende zum 20. Jahrhundert jauchzt der katholische Bamberger Bistumshistoriker Looshorn wie hingerissen: »ein prächtiges Schauspiel für die Christen, als die wunderbar großen und mit unglaublicher Bildhauerkunst schön vollendeten Götzenbilder, die viele Paar Ochsen kaum fortschleppen konnten, mit abgehauenen Händen und Füßen, ausgestochenen Augen und abgeschlagenen Nasen über den Abhang einer Brücke zum Verbrennen ins Feuer geschleppt wurden, während die Freunde der Götzen dastanden und laut jammernd schrien.«
Aber das alles gehört zum Geschäft der
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