Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Gewändern, barfuß und mit bloßen Schwertern vor dem König«, der am vorherigen Tag den ganzen Kampf in der Pfalz verschlafen hatte, »und zahlten vollständig die von ihnen geforderte Buße«.
Anfang 1027 nahm Konrad Pavia, die alte, 1004 unter Heinrich dem Heiligen fast ganz in Schutt und Asche gesunkene Hauptstadt der Lombarden (S. 82), hatte aber zuvor schon in der Umgebung »schweres Unheil« angerichtet durch die Vernichtung fester Plätze, zahlreicher Gotteshäuser und selbst wehrloser Menschen. »Viele Kirchen«, meldet Wipo, »und viele Burgen ringsum wurden niedergebrannt, und das Volk, das sich in sie geflüchtet hatte, kam durch Feuer und Schwert ums Leben. Felder wurden verwüstet, Weinberge niedergehauen. Der König sperrte Ausfahrt und Zufahrt, kaperte die Schiffe und machte jeden Handelsverkehr unmöglich. Auf diese Weise quälte er die Tessiner zwei Jahre lang, bis sie alle Forderungen ohne Verzug erfüllten.«
Konrad empfing auf seinem ersten Italienzug (nach einer nicht völlig verbürgten Überlieferung) in Mailand aus der Hand des machtbewußten und ehrgeizigen dortigen Erzbischofs Aribert II. die Eiserne Krone der Langobarden. Und am 26. März 1027, »am heiligen Ostertage«, setzte ihm und seiner Gattin Gisela, der einzige Zweck dieses Besuches, der Tuskulanerpapst Johann XIX. in St. Peter die Kaiserkrone auf. Sogar zwei Könige, beide sehr klerusfreundlich, Knud »der Große« und Rudolf III. von Burgund, glänzten in der Versammlung, dazu viele weltliche Fürsten, auch über fünfzig Erzbischöfe und Bischöfe aus Deutschland und Italien. Es war eine der prunkvollsten Krönungsakte mittelalterlicher Kaisergeschichte und in Rom wohl die prächtigste Kaiserkrönung, die es je gesehn, was allerdings nicht ohne Peinlichkeiten abging.
Ein Ärgernis war ja schon der Heilige Vater selbst. Johann XIX. hatte seine Erhebung zum Papst mit viel Geld erkauft, auch alle erforderlichen Weihen vom Laien bis zum Papst an einem einzigen Tag empfangen; zu schweigen von den großen Verdruß erregenden Summen, die er für die Verleihung des Palliums u.a. forderte. Und für zusätzlichen Ärger sorgten einige der führenden Prälaten, die hochwürdigsten Herrn von Mailand und Ravenna, zwischen denen ein blamabler Rangstreit darüber ausbrach, wer den künftigen Kaiser zum Krönungsakt geleiten dürfe, eine Ehre, die Erzbischof Aribert von Mailand beanspruchte. Aber sein ravennatischer Rivale, Erzbischof Heribert, umklammerte die Hand des künftigen Kaisers und zog so an seiner Seite in St. Peter ein. Dort freilich hagelte es solche Proteste, daß der König wieder umkehrte und vor die Kirche ging, um den Auftritt mit Aribert von Mailand zu wiederholen. Doch dieser, tief gekränkt, hatte sich bereits entfernt. So ergriff der König jetzt die Hand von Ariberts angesehenstem Suffragan, die des Bischofs Ardericus von Vercelli, und zog noch mal in St. Peter ein. Nun aber kam es zwischen dem Gefolge der beiden Rivalen zuerst zu einem Wortwechsel, dann zu einer wüsten Schlägerei, zuletzt zu einem förmlichen Angriff der Mailänder auf die Ravennaten, die sie bis in ihre Quartiere jagten, wo sie alles, was sie nicht plünderten, kurz und klein schlugen. »Erzbischof Heribert selbst war in Gefahr, mißhandelt zu werden und konnte nur mit Mühe vor der Wuth der Gegner gerettet werden« (Breßlau). Am
6.
April entschied die große Krönungssynode den Streitfall zugunsten des Mailänders.
Um den Rang, um Etikettenfragen, rauft man in der Religion der Demut durch alle Jahrhunderte. So ergab sich, um nur diese Parallele zu streifen, auf einer von Klemens II. 1047 geleiteten Synode ein ganz ähnlicher Streit zwischen den Kirchenfürsten von Mailand, Ravenna und Aquileja, bei dem alle drei den Ehrenplatz zur Rechten des Papstes beanspruchten, der sonst dem Kaiser zukam. Da dieser aber fehlte, versuchte nach einem erregten Wortwechsel der Mailänder Erzbischof sich des kaiserlichen Sessels zu bemächtigen, doch trug nach einem genauen Urkundenerweis diesmal der Ravennate den Sieg davon.
Ostern, das Fest der Auferstehung des Herrn, war noch nicht vorbei, da geschah auch in Rom, was wir schon aus Ravenna und Pavia kennen. Das zufällige Gezänk um eine Kuhhaut führte zu schweren Krawallen zwischen Gästen und Gastgebern, wobei »Unzählige von ihnen ums Leben kamen« (Wipo). Doch blutige Gemetzel zwischen Deutschen und Einheimischen gab es in Italien immer wieder. Auf Konrads zweitem Italienzug kamen beim Aufstand in
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