Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Kauf nehmen. Polens Großmachtstellung war damit beendet. Und schon im folgenden Jahr starb Mieszko II., erst 44 Jahre alt. Ebenfalls verschied 1034 in Böhmen Herzog Udalrich, während er dinierte, höchstwahrscheinlich vergiftet. Und ebenfalls ermordete man in jenem Jahr Markgraf Dietrich von der Ostmark.
Nun erschütterten innere Wirren Polens »christliche Kultur« (Bulst-Thiele). Fehden und Bauernaufstände brachen aus, ein großer Abfall vom Christentum begann, Kirchen und Altäre wurden zerstört, Geistliche mißhandelt. Zugleich machten Pommern und Russen Einfälle. Vor allem aber belebte von außen schließlich wieder der christliche Böhme Bretislav I. (1034–1055) die »christliche Kultur« des Landes, indem er dort 1039 einbrach.
Seit der mächtige Boleslaw Chrobry nicht mehr am Leben war, brauchten die Deutschen auch nicht mehr die Hilfe der heidnischen Liutizen. Somit begann bald wieder der Grenzkrieg an der Elbe, und eindeutig eröffneten ihn die Sachsen. Darauf häuften sich die Offensiven. Noch 1033 lagen nach einem verlorenen Treffen bei Werben der sächsische Graf Liudger und 42 Ritter auf dem Feld. Und als der Kaiser das blutige Ergebnis durch das Gottesurteil eines Zweikampfes gewissermaßen noch einmal ausfechten, entscheiden, richtigstellen ließ, siegte wieder der götzendienerische Heide, während der rechtgläubige Christ schwer verwundet zu Boden ging.
1035/1036 führte Konrad persönlich drei Feldzüge gegen die Liutizen. Dabei soll er im Kampf der erste gewesen sein, in einem Krieg, der, wie im Osten üblich, in brutalen Verwüstungsakten bestand, im Niederbrennen der Dörfer, Veröden der Fluren, Ruinieren der Saaten, kurz in einer Heerfahrt, die, schreibt Harry Breßlau, mit der wildesten Grausamkeit eines Religions- und Rassenkrieges zugleich geführt worden ist. Und dies gegen ein Volk, dessen Hilfe einst Heinrich der Heilige so zu schätzen wußte, daß er, als einer seiner Ritter das Bild einer liutizischen Göttin durchlöcherte, den heidnischen Verbündeten ein Bußgeld zahlte (S. 103). Als aber nun den Liutizen ein hölzernes Bild des Gekreuzigten in die Hände fiel, da sollen sie es »schändlich verhöhnt, bespien und mit Fäusten geschlagen haben«. Nicht genug, sie stachen diesem zuletzt die Augen aus, hieben ihm die Hände, die Füße ab. Was freilich die Heiden dem toten Holz angetan, das geschah »zur Rache dafür« jetzt vielen lebenden Liutizen. Ließ der Kaiser doch, der ja selbst geistliche wie weltliche Fürsten unerbittlich verfolgen konnte, »eine große Zahl gefangener Heiden für das eine Christusbild in ähnlicher Weise verstümmeln und auf verschiedene Arten töten«. Ließ er ihnen doch die Augen ausstechen, die Füße, die Hände abhacken, und zurückgekehrt, beseitigte er auch »alle Wiederstände im Reiche mit kaiserlicher Macht ...« (Wipo) 17
Noch ein anderer gut katholischer, viel besser katholischer Herrscher aber nutzte die Polenkriege Konrads, des »Stellvertreters Christi« (s. Motto), um in dessen Land einzufallen: – der »Stellvertreter Gottes«.
Der hl. Stefan I., König von Ungarn und »Stellvertreter Gottes im Lande«
Der erste König Ungarns war der Schwager des hl. Heinrich und auch seinerseits heilig, wobei seine Heiligsprechung bezeichnenderweise nicht von den Ungarn ausging, sondern »auf Grund päpstlicher Aufforderung« (Deér). Auch war sein Taufpate kein anderer als Kaiser Otto III. Und schließlich unterstellte er sein eigenes Reich und sich selbst per Votum et oblationem dem Schutz der Jungfrau Maria und ließ ihr an seinem Königssitz eine Basilika weihen, seine spätere Grabstätte. 18
Stefan I. (997–1038) war der Sohn des Großfürsten Géza von Ungarn (972–997) und seiner Frau Sarolt (Beleknegini, »schöne Fürstin«), ihrerseits Tochter des ungarischen Fürsten Gyula von Siebenbürgen. Stefans Vater hatte die Herrschaft des Sohnes bereits vorbereitet. Denn Géza betrieb seit Antritt seines Regiments die westlich orientierte Christianisierung Ungarns – ein bis heute nie wieder ernsthaft gefährdetes Christentum –, wobei ihn u.a. Missionare des Passauer Bischofs Pilgrim, des illustren Urkundenfälschers (V 441 ff!), unterstützten.
Der Großfürst, der seinen Sohn Vajk, wie Stefan zunächst hieß, schon jung hatte taufen und um 995 mit der bayerischen Prinzessin Gisela, einer vom hl. Wolfgang erzogenen Seligen und Schwester Heinrichs des Heiligen, hatte vermählen lassen, verzichtete zwar auf Kriege mit
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