Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
»Hancock, Ende.«
Kris ignorierte den abschließenden Nadelstich; ihre Fahrerin lenkte, die beiden übrigen Busse im Gefolge, ihr Fahrzeug aufs Flugfeld und parkte ein gutes Stück hinter dem ersten Boot. Soldaten marschierten inzwischen aus beiden Maschinen hervor, die Gewehre auf den Schultern abgestützt. Unter dem Einfluss der Dudelsackbläser gingen sie rasch in Gleichschritt über und nahmen unter den wachsamen Blicken der Sergeants den jeweils direktesten Weg zu ihrem Platz in der Formation. Die Kilts waren überwiegend rot und mit ein wenig Grün, Schwarz und Weiß durchsetzt. Sie trugen Mützen aus dem gleichen Tartan und lohfarbene Jacken, die im Regen schnell eine satte Brauntönung annahmen. Soweit es die Sergeants und Soldaten anging, hätte es jedoch genauso gut ein linder Sommertag in der Unterkunft sein können. Sie hielten die Köpfe hoch erhoben und marschierten festen Schrittes. Sie führten hier eine Parade aus, und sollte doch der Teufel den Wind und den Regen holen.
Offiziere stiegen zur vorderen Luke von Landungsboot eins aus. Sie waren ebenfalls elegant gekleidet und machten dem Regen nicht die geringsten Konzessionen. Kris arbeitete sich aus ihrem Regenumhang und öffnete die Bustür. Eine Windbö spritzte sofort ihre Khakiuniform voll, aber sie marschierte flott zur sich rapide formenden Kommandoabteilung. Eine große, dunkelhäutige Frau in vollem Kilt kam ihr entgegen. Kris salutierte, als sie sich begegneten. »Ich bin Ensign Longknife, Ihr Verbindungsoffizier zum Stützpunkt Port Athens.«
»Ich bin Major Massingo, Bataillonsadjutant«, sagte die andere und salutierte ebenfalls. Sie stellte Kris Colonel Halverson vor, dem Bataillonskommandeur. Kris hatte bereits nachgesehen; Halverson lag im Dienstalter sechs Monate hinter Hancock, sodass in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten auftreten dürften. Halverson wirkte jovial und schien froh, hier zu sein. Kris vermutete, dass er noch nie irgendwo gewesen war, wo er nicht froh gewesen wäre.
»Major, schaffen wir die Truppen in die Busse, die der gute Ensign so freundlich war, für uns bereitzustellen. Als wir vor wenigen Wochen unsere Befehle erhielten, fürchtete ich, wir müssten in die Stadt marschieren. Und das sogar unter Waffen!«
Kris brachte den Colonel auf den aktuellen Stand, während der Major den Befehl an den obersten Sergeant Major der Einheit weitergab, der die Anweisungen des Colonels wiederum den Kompanie-Unteroffizieren zubrüllte. Es war schön zu sehen, wie eine Befehlshierarchie funktionierte, die vermutlich schon existiert hatte, als Bonny Prince Charles im Hochland des ursprünglichen Schottlands die Künste der Flucht und des Ausweichens lernte.
»Man hat mir gesagt, dass Sie eine Offiziersmesse benötigen«, sagte Kris, während die Truppen im Gänsemarsch in die ihnen jeweils zugewiesenen Busse stiegen. Hancock hatte Kris darüber in Kenntnis gesetzt, dass der lockere Ansatz zu Mahlzeiten, wieihn das hiesige Kommando praktizierte, nicht den Standards der Highlander entsprach.
»Vollkommen richtig, Ensign«, nickte der Colonel. »Eine Mischung von Offizieren und anderen Rängen kommt eindeutig nicht in Frage.«
»Ich habe eine passende Einrichtung in nur zwei Blocks Entfernung vom Stützpunkt gefunden«, versicherte ihm Kris.
»Gut. Wir nähern uns dem Jahrestag eines unserer stolzesten Siege, der Schlacht um den Black Mountain auf Savannah. Colonel Longknife hat uns damals das genannte Grundstück hinaufgescheucht.«
»Ich habe die Ehre, Colonel Longknifes Urenkelin zu sein«, erklärte ihm Kris.
»Wir fühlen uns geehrt, wenn wir Sie als Gast auf unserem Kameradschaftsessen begrüßen dürfen, Ensign.«
Kris nickte auf dieses Angebot hin und entschied dann, dass sie sich lieber gleich alles von der Seele redete. »General Tordon gehört auch zu meinen Urgroßvätern«, setzte sie hinzu.
»Grundgütiger, Ma’am! Trouble und Ray zusammen in Ihrem Stammbaum!«
»Eine große Ehre«, versicherte sie dem Colonel.
»Wenn es kein Fluch ist.« Er lachte in sich hinein, und Kris fragte sich, ob die beiden Colonels schon die Köpfe zusammengesteckt hatten. Nachdem Kris die Truppen auf dem Stützpunkt abgeliefert und Halverson in Hancocks Büro geführt hatte, machten die beiden schnell deutlich, dass sie ein Schwätzchen unter alten Infanteristen zu führen gedachten, das nicht für die empfindlichen Ohren eines Ensigns geeignet war, und Kris kehrte zu ihrem Büro im Depot zurück.
Jeb und Sam Anderson
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