Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
Gelegenheit ungeniert für einen Kalauer.
»Auf die schlimmste Art und Weise im schlimmsten Augenblick«, pflichtete ihr Kris trocken bei.
»Attentat Nummer zwei«, sagte Tru, und Jacks Kopf fuhr herum, sodass er Kris anblickte. Japp, ihr lieber Vater hatte ihm nur erzählt, was des Premierministers gehobenem Standard an Beweislage gerecht wurde.
»Nee, vermutlich Nummer drei. Eine Rakete hatte tags zuvor meinen Schreibtisch zerlegt. Ich war nicht da, sondern saß mit einem Freund von dir, Hank Smythe-Peterwald, dem Dreizehnten seines Namens, bei einem ausgedehnten Mittagsmahl.«
Tru zog zweifelnd eine Braue hoch. »Irgendeine Vorstellung, womit du dir eine Rakete verdient hattest?«
»Ich hatte tags zuvor ein paar einheimische Warlords ausgeschaltet.«
»Also war die Rakete vermutlich eine örtliche Reaktion auf einen örtlichen Anlass.« Kris nickte. »Und was suchte Hank auf Olympia?«
»Er lieferte Hilfsgüter. Lebensmittel, die wir benötigten. Dreißig Lkw, die wir dringend brauchten.«
»Irgendwelche Boote in der Lieferung?«, fragte Tru und drehte die Fläschchen zwischen den Händen.
»Sechs Stück. Drei haben schlappgemacht. Drei werden den Rest ihrer Tage als Brücken verbringen.«
Tru steckte die Fläschchen ein. »Die meisten Labors könnten dir vermutlich nichts über den Inhalt dieser Ampullen sagen. Ich kenne ein paar, die vielleicht mehr herausfinden. Wäre nett, mal einen Blick auf eines zu werfen, das sich immer noch für eine Brücke hält.«
»Nelly«, sagte Kris laut, »kaufe ein Dutzend Flüssigmetallboote von verschiedenen Händlern auf Wardhaven und lasse sie nach Olympia bringen. Bitte Colonel Hancock, sie im Austausch zu den drei schadhaften Brücken anzunehmen. Wir brauchen Letztere zur weiteren Analyse.« Kris unterbrach sich kurz. »Möchte jemand darauf wetten, dass die drei irgendwie zum dritten Mal aktiviert werden, ehe wir sie einem Labor übergeben können?«
»Stelle eine Sicherheitsmannschaft ein, die die neuen Boote nach Olympia bringt und sicherstellt, dass wir die alten erhalten. Ich weise Sam an, Nelly die Nummer eines seriösen Sicherheitsunternehmens zu übermitteln.«
»Was ich einfach nicht begreife, das ist der Grund.« Kris gestattete sich zum ersten Mal, laut über diesen Angriff nachzudenken. »Ich meine, wenn sie mich umgebracht hätten, während ich dieses kleine Mädchen auf Sequim zu retten versuchte, hätte das die halben Randwelten zu einem bewaffneten Aufstand gegen die Erde provoziert. Aber mich ertrinken zu lassen, während ich auf einem Rettungseinsatz bin? Welchem politischen Zweck hätte das gedient?«
Tru schüttelte den Kopf. »Manchmal frage ich mich, was bei euch Longknifes als Blut dient. Süße, dein Dad, dein Opa Trouble und dein Opa Ray stecken bis zu den weichenden Rändern ihrer Glatzen in einem Kampf, wenigstens einen Teil der Society zu bewahren. Verschärft man ihre Probleme noch durch Trauer, dann machen sie zwangsläufig Fehler, die ihnen sonst nicht passiert wären.«
Kris hörte ihr zu und versuchte sich ihren Vater vorzustellen, wie er über ihren Tod zerbrach. Das Bild passte nicht. Dann dachte sie an alle Veränderungen, die die Familie nach Eddys Tod erlebt hatte. Das hatte Mutter und Vater schwer zu schaffen gemacht. Wäre das bei Kris’ Tod das Gleiche?
Vielleicht.
»Ich denke darüber nach«, erklärte sie Tru. »Was läuft hier? Kommt es zum Krieg?«
Tru blinzelte bei diesem unvermittelten Themenwechsel. Sienahm sich einen Augenblick Zeit, um sich mit beiden Fäusten die Augen zu reiben. Zum ersten Mal in ihrem Leben wurde sich Kris darüber klar, dass ihr altes Tantchen alt war. Sehr alt, wahrscheinlich über hundert, und diese Jahre waren nicht gut zu ihr gewesen. »Ich hoffe nicht«, flüsterte Tru schließlich. »Das würde kaum jemandem nützen.«
»Wer glaubt denn, dass es ihm etwas nützen würde?«
»Alte Fürze, die einen Krieg ausgetragen und dann vergessen haben, wie es war. Milchgesichter von angehenden Helden, die es leid sind, tolle Arbeit mit Nichtstun zu leisten, und die keine Ahnung davon haben, wie das Gesicht des Krieges wirklich aussieht.« Kris zuckte zusammen und erinnerte sich an ihren Möchtegernhelden. Er war nur ein Junge gewesen … und würde jetzt nie mehr heranwachsen und klüger werden.
Tru musterte Kris, schien deren Zusammenzucken anhand irgendeiner gottähnlichen Skala abzumessen und schenkte ihr ein müdes Lächeln. »Du bist erwachsen geworden, seit ich dich zuletzt
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