Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
der Stube und das Gewehr im Waffenschrank der Etage und stürmte dann zur Schlange vor der Essensausgabe, fünf Minuten, ehe die Kantine für die Nacht schloss. Was man ihr aufs Tablett klatschte, hatte keine Chance auf einen Preis – außer vielleicht von einem Schweinefutteraufkäufer –, aber es füllte einen leeren Magen. Sie und Tom standen gerade im Begriff, sich die erste Gabel voll in den Mund zu stopfen, als ihre Beeper losgingen. Kris gab Tommy mit einem Wink zu verstehen, er solle weiteressen. Sie hegte einen nachdrücklichen Verdacht, um was es hier ging.
»Hier Ensigns Longknife und Lien. Was können wir tun, Sir?«
»Was zum Teufel hält Sie beide auf?«, knurrte Colonel Hancock.
»Wir genießen gerade ein köstliches, nahrhaftes Mahl im Speisesaal, Sir. Genau das, was ein Mädchen zum Wachstum braucht, Colonel.«
»Ich hatte Sie angewiesen, sich bei mir zu melden, sobald Sie fertig sind.« Tommy traf Anstalten aufzustehen. Kris winkte ihm zu, sich wieder zu setzen.
»Ja, Sir. Genau so hatte ich es geplant, Sir. Wir haben dafür gesorgt, dass die Neuen richtig aufgenommen werden, haben uns unsere Aufträge und Gutscheine geben lassen, Gurte und Waffen besorgt, unsere Sachen verstaut und die Waffen sicher eingeschlossen und wollten gerade den ersten Mund voll dieses wunderbaren Mahls genießen, das man in Ihrem Speisesaal ausgibt, Sir. Wir müssten in dreißig Minuten bei Ihnen sein.«
»Was haben Sie vor? Vielleicht einen Spaziergang im Mondenschein?«
»Womöglich, Sir. Es regnet doch tatsächlich seit zwei Minuten nicht mehr.« Tommy quollen fast die Augen aus dem Kopf. Kris lächelte nur.
»Longknife, bewegen Sie Ihren Arsch in fünfzehn Minuten hierher, oder Sie können gleich weiterspazieren gehen.«
»Verstanden, Colonel. Dann bis in fünfzehn Minuten«, sagte Kris, trennte die Verbindung und griff nach ihrem zweiten Bissen.
»Wir können auch in fünf dort sein.« Tommy schluckte.
»Und zu unseren Problemen auch noch Sodbrennen bekommen? Nee, ich esse das hier schön sorgfältig.«
»Wie eine Longknife?«
Kris nahm forschend ihr Tablett in Augenschein, während sie nicht identifizierbare und vermutlich unverdauliche Nahrung kaute. »Keine Ahnung. Vielleicht beziehe ich einfach zu viel Inspiration aus einigen von Opa Troubles Seefahrergeschichten. Aber Tom, wenn man die Hölle als Einsatzort zugeteilt bekommt, dann rennt man entweder mit den Dämonen oder gegen sie an. Was denkst du?«
»Wer gegen Dämonen kämpft, braucht einen Drachen an seiner Seite.«
»Ist das ein altes irisches Sprichwort?«
»Nein, mein eigenes. Es resultiert aus zu viel Zeit in deiner Nähe.«
Kris klopfte genau fünfzehn Minuten, nachdem sie aufgelegt hatte, an Colonel Hancocks Tür. Er saß an einem Schreibtisch, hatte die Füße darauf liegen und das Gesicht in einem Datenleser vergraben. Sie und Tommy traten nacheinander ein und nahmen vor seinen Stiefeln Haltung an. Er blickte auf, warf dann einen Blick auf eine Wanduhr und wandte sich wieder seinem Datenleser zu. »Sie haben lange genug gebraucht.«
»Ja, Sir«, sagte Kris.
»Im Versorgungslager herrscht der reinste Saustall«, sagte der Colonel, ohne vom Datenleser aufzublicken. »Bringen Sie ihn in Ordnung. Aus irgendeinem Grund verteilen wir nur Säcke mit Reis und Bohnen an die Leute hier. Es muss irgendwo im Lager Zutaten zu einem besseren Speiseplan geben. Finden Sie sie.«
»Ja, Sir«, sagte Kris. Und wartete. Er sagte jedoch nichts mehr. Sie salutierte vor den Stiefeln des Colonels; Tom tat es ihr gleich. Colonel Hancock wedelte wieder mal mit der Hand. Kris leitete Tom beim Kehrtmachen an, und sie marschierten aus dem Büro.
»Was hatte das zu bedeuten?«, wiederholte Tom seine Frage von früher an diesem Abend.
»Es ist ein Spiel«, antwortete Kris.
»Weißt du, wie es steht?«
»Ich denke, wir liegen nach Punkten vorn«, vermutete Kris. »Wo finde ich das Lager?« Nelly wusste keine Antwort darauf,und so machte sich Kris auf die Suche nach der Dienstabteilung. Vom Büro des Colonels aus den Flur hinab fanden sie, was dem vielleicht entsprach … zwei Typen, die auf ihren Schreibtischstühlen schliefen. »Wo finde ich das Lager?«, erkundigte sich Kris. Zweimal.
Einer wachte auf, blickte sich um, sah Kris, griff nach einem Papier und schubste es zu ihr hinüber. Kris sah es sich an; es zeigte tatsächlich ein System von Wegen. Sie drehte es langsam und versuchte dabei, die angezeigten Straßen mit dem in Einklang zu bringen,
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