Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
Schützen. Pa sorgte dafür, dass ich jede Woche übte, und es gibt hier Tiere im Sumpf, die wir Büffel nennen und die jede Ernte in den Schlamm treten können. Wir sind gut darin, sie zu jagen.
Sie kamen aus einem Wassergraben zum Vorschein. Sie müssen durch hohles Schilf oder so etwas geatmet haben. Sie hielten uns schon in Schach, ehe wir überhaupt merkten, dass sie da waren. Hätten wir nach unseren Waffen gegriffen, wären wir niedergemacht worden.« Er blickte seine Frau an. Ihm versagte die Stimme. »Liebes, ich wünschte so sehr, wir hätten gekämpft!«
Die Frau trat jetzt an die Seite ihres Mannes und bot ihm die Schulter, während er schluchzte. Kris hatte Männer nur selten weinen gesehen. Auf dem Bett mühte sich die alte Frau ab, eine bequemere Position zu finden, und stöhnte. Kris stand auf, und ihre Hand bewegte sich zum Kolben der Pistole. Sie war zur Navy gegangen, um für bestimmte Dinge Sorge zu tragen. Derzeit führten die einheimischen Finsterlinge mit zwei zu null. Kris gefiel der Spielstand nicht.
Während der Mann weinte, erzählte seine Frau die Geschichte weiter. Sie sprach mit einer leisen, monotonen Stimme, deren Tonfall allein lauthals das Unrecht herausschrie. »Die Lastwagen hielten in vierhundert Metern Entfernung an. Etwa ein Dutzend Personen stiegen aus. Wir hatten jeden im Visier, der nicht zu uns gehörte. Dann schrie jemand: ›Frau, ich halte deinem Mann eine Pistole an den Kopf! Eure Leute sollten sofort die Waffen niederlegen, dann gehen alle hier lebend aus der Sache hervor. Wenn jemand anfängt zu schießen, stirbt er als Erster. ‹ «
»Ich hatte dich angewiesen zu schießen.« Die Stimme des Mannes drückte eine Bitte um Verständnis und Vergebung aus. »Ich habe dir zugerufen, dich angeschrien, dass du schießen sollst.«
Kris fragte sich, was sie getan hätte, an ihrer Stelle, an seiner Stelle.
»Weitere Männer stiegen aus den Lkw«, fuhr die Frau fort, »verteilten sich im Schlamm, legten sich auf den Boden. Es müssen dreißig oder vierzig Mann mit Gewehren gewesen sein. Wir haben hier Kinder!« Sie wandte sich mit einem Blick, der um Verständnis bat, an Kris. Kris nickte und versuchte ihr zu geben, worum sie bat. Die Farmerin schüttelte den Kopf und redete weiter: »Einige Männer waren dafür zu kämpfen, und sollte sich der Teufel um alles Weitere kümmern.«
Sie blickte Kris scharf in die Augen. »Wir haben hier Kinder. Wir Frauen stimmten dafür, die Waffen niederzulegen.« Sie blickte zu ihrem Mann hinab. »Vielleicht hätten wir gekämpft, wenn wir da schon gewusst hätten, was als Nächstes geschah. Einige von uns sagen … sie wünschten es sich. Die Meisten tun es nicht.«
Kris hätte der Frau beinahe gesagt, sie bräuchte die Geschichte nicht zu Ende zu erzählen, denn sie selbst kannte das Ende bereits. Nachdem die Farmersfrau jedoch so weit gekommen war, sprudelte der Rest einfach aus ihr heraus. »Sie haben uns erst die Waffen weggenommen, dann die Lebensmittel. Die ID ents, alles, was ihnen wichtig schien oder was sie haben wollten. Dann wiesen sie die Männer an, sich gegenseitig die Hände zu fesseln, ehe sie uns vor den Augen unserer Ehemänner und Kinder vergewaltigten. Das schien ihnen etwas Besonderes zu geben. Jasons Vater, ihr Ehemann …« Sie deutete mit dem Kopf auf die alte Frau im Bett. »… hat sich gegen sie gewehrt; trotz seiner Fesseln hat er gegen sie gekämpft.«
»Warum ich nicht auch? Warum ich nicht auch?«, stöhnte Jason.
»Weil ich dir gesagt hatte, du solltest es nicht tun. Andernfalls hätten sie dich umgebracht wie ihn. Wahrscheinlich mich auch noch verprügelt, wie sie es mit ihr gemacht haben.« Ein tiefer Seufzer erschütterte sie. »Wir leben wenigstens noch. Drüben bei den Sullivans sind alle tot. Dort haben sie die Kinder wie Schweine geschlachtet, weil man versucht hatte, den Angriff abzuwehren. Wir sind am Leben, Jason.« Sie umfasste das Gesicht ihres Gatten mit den Händen. »Wir sind am Leben. Wir überstehen das alles.«
»Und wir hängen diese Mistkerle«, flüsterte Jason.
»Wenn wir können. Das liegt alles in Gottes Hand.«
Die Sanitäterin traf ein; Kris überließ es der Farmersfrau, mit ihr zusammenzuarbeiten, und ging wieder hinunter. Draußen blieb sie stehen; ihre Einsatzvorgaben bestanden darin, Lebensmittel auszuliefern. Die Einsatzregeln erlaubten ihr nur, das Feuer zu erwidern, wenn auf sie geschossen wurde. »Kommt schon, ihr Drecksäcke«, flüsterte sie in die
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