Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
Blick langsam über die Gruppe schweifen. Abby stand in der Tür zu Kris’ Zimmer, Jack gleich neben ihr. Hatten sie ein Gespräch über all die Kaninchen geführt, die diese Frau immer wieder aus Schrankkoffern oder was auch immer zog? Penny und Tom hatten den großen Sessel. Die beiden Senatorinnen saßen an den Enden der Couch und Senator LaCross auf dem Stuhl mit gerader Lehne, den normalerweise Abby benutzte. Inspector Klaggath stand an der Außentür und schien unsicher, ob er bleiben oder gehen sollte. Kris wollte ihn hier haben, also räusperte sie sich und fragte: »Wie geht es mit Turantic weiter?«
Damit provozierte sie zwei oder drei Diskussionen mit jeweils mindestens einem Senator, der sich an den Raum im Allgemeinen und niemanden im Besonderen wandte. Kris hörte sich das ein paar Minuten lang an und gab Klaggath mit einem kurzen Fingerzeig zu verstehen, er möge zu ihr kommen. Als der Zufall eintrat, dass alle Redner im selben Augenblick verstummten, sprach Kris in die unvermittelte Stille hinein: »Also wissen wir es im Grunde nicht.«
Die Senatoren sahen sich erst gegenseitig und dann Kris an. »Nein, tun wir nicht«, pflichtete ihr Showkowski bei.
»Inspector Klaggath, Sie haben Zugriff auf das Polizeinetz. Finden Sie dort Informationen, die uns weiterführen?«
»Nein, Ma’am. Wie ich schon erwähnt hatte: Mehrere Spezialeinheiten wurden auf unterschiedliche Netze verteilt, von deren Existenz ich noch nicht einmal etwas wusste. Meine eigenen Leute haben dort keinen Zugang. Ich weiß nicht mehr als Sie.«
»Senatoren?«
»Was wir wissen?«, fragte Krief und sah sich unter ihren Amtskollegen um. »Nicht viel. Ich habe meine Mitarbeiter aufgefordert, sich umzuhören. Sie können acht Senatoren nicht ausfindig machen. Soweit ich gehört habe, werden auch einigeAbgeordnete vermisst. Ich weiß von Augenzeugen, dass zumindest vier von Sondereinsatzgruppen der Polizei abgeführt wurden. Wenn sie wirklich verhaftet wurden, dann kennen wir den Grund dafür nicht.«
»Taucht diese Story schon in den Nachrichten auf?«, wollte Kris wissen.
Ohne den Sonnenuntergang am Meer anzutasten, der die Wand hinter Kris ausfüllte, öffnete Nelly neben der Tür zu Toms Zimmer fünf Bildschirme, auf denen verschiedene Nachrichtensendungen liefen. »Der Brand ist die Hauptmeldung«, führte Nelly aus. »Die beiden Sender, die die Katze auf dem Baum nicht gebracht hatten, behaupten, die Feuerwehr hätte erst mit Verzögerung auf den Brand reagiert. Die übrigen Sender geben zu bedenken, Ausbildungsmaßnahmen wie die Rettung einer Katze trügen dazu bei, dass die Feuerwehren in Form bleiben.«
»Also beschäftigen sich die Medien zur Zeit mit Katzbalgerei«, stellte Kris trocken fest. An mehreren Stellen im Zimmer wurde geschnaubt.
»Darf ich einwenden«, sagte LaCross und beugte seine lange Gestalt auf dem Stuhl vor, »dass wir noch nicht einmal sicher wissen, ob unsere Kollegen verhaftet worden sind? Sie könnten unter eine Art besonderen Schutzes gestellt worden sein. Vielleicht hat der Präsident erfahren, dass Anschläge auf sie geplant sind. Wir könnten die ganze Sache unter einem falschen Blickwinkel betrachten.«
»Oh lieber Gott!«, betete Krief. »Ich hoffe, dass Sie Recht haben.«
»Wir finden es vielleicht bald heraus«, sagte Nelly, und der Sonnenuntergang auf dem Wandmonitor hinter Kris wechselte zu einem anderen Motiv. Es war eine Nahaufnahme des Präsidenten an seinem Schreibtisch. Wie er da die ganze Wand beanspruchte, wirkte er sechs Meter groß.
»Nelly, reduziere ihn auf normale Proportionen«, sagte Kris.
»Das geht nicht, Kris. Sämtliche Medien wurden aufgefordert, das zu bringen, und haben Prioritätsschaltungen aktiviert, damit jeweils der ganze Bildschirm in dieser Form belegt wird.« Das klang für Kris’ Ohren gar nicht gut. Ein Politiker konnte sich wirklich leicht an so viel Macht gewöhnen.
»Liebe Mitbürger, ich habe heute Abend beunruhigende Nachrichten für Sie. Wie viele von Ihnen wissen, tobt ein Feuer im Kapitol unseres Planeten. Ungeachtet äußerster Bemühungen unserer Feuerwehr wurde das Kapitol vollständig zerstört. Aber wiegen Sie sich nicht in Illusionen: Das war kein Unglücksfall. Es war ein geplanter Angriff. Mehr als das, es war ein Angriff auf die geachtetste Institution unserer Demokratie.«
Das Bild wechselte zu einer anderen Kamera. Präsident Iedinka beugte sich mit ernster Miene vor. »Schlimmer noch: Diese schändliche Tat wurde von Personen
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