Krise im Jahr 2000
Gesichtszüge purpurn.
Kurz nach drei Uhr traf aus Washington die Botschaft ein, die für Kyle die letzte Demütigung bedeutete. Es war die amtliche Ablehnung seiner Autorität.
Als die Botschaft eintraf, war die Atombombe bereits in Stellung gebracht und die Leitungsdrähte gelegt und verbunden. Kyle tat nichts dazu, eine weitere Tätigkeit in diesem Stadium zu verhindern. Da er den Oberbefehl in Händen hielt, bis er in etwa sechs Stunden nach Washington flog, beschloß er, die Dinge weiterlaufen zu lassen, wie sie geplant waren, abgesehen von dem endgültigen Ultimatum und dem Abschießen der Bombe; den Befehl, die Operation Sperrwand aufzugeben, würde er erst kurz vor seinem Abflug weiterleiten.
Auch der Senator erhielt eine Botschaft aus Washington. Sie wurde durch einen Sonderkurier im Hotel Granada um 3 Uhr 40 abgeliefert. Drazin war noch wach und lauschte eifrig auf das Radio in seinem Zimmer. Er griff mit gieriger Hast nach dem amtlichen Telegramm, gab dem Pagen einen Dollar Trinkgeld und überflog die wenigen Zeilen des Fernschreibens auf dem amtlichen grauen Formular. »Geplante Atomexplosion aufgehoben. Ersuchen um Bericht an Sicherheitsamt Washington 11 Uhr.«
Drazin strahlte vor Glück und ging an die Cocktailbar in der Ecke seines Zimmers. »Ich glaube, hier ist ein Trinkspruch angebracht«, sagte er laut, wählte eine Flasche Whisky und schenkte sich eine reichliche Portion ein. Er hob das Glas gegen das Licht und betrachtete prüfend den bernsteingelben Inhalt. »Auf die ewige Niederlage der Kriegshetzer«, sagte er begeistert, goß den Whisky hinunter, hustete krampfhaft, stellte die Flasche mit einer Grimasse wieder an ihren Platz und beschloß, zu Bett zu gehen.
13.
Robert Clayton war sozusagen arbeitslos. So wenigstens erschienen ihm die Dinge, als er in seiner Wohnung seinen Kaffee trank und die Ereignisse der vergangenen Stunden überdachte.
Er war sich bereits darüber klar geworden, daß er jede auch noch so große Gefahr auf sich nehmen würde, um die Atomexplosion zu verhindern. Dieses Ziel stand scharf umrissen vor ihm, aber das Wie war die große Frage. Während er an Kyles Konferenz am frühen Abend zurückdachte, suchte er sich die Hauptpunkte des Plans zu vergegenwärtigen. Während der Nacht sollte eine Atombombe nahe der Sperrwand aufgestellt und durch Drähte mit irgendeinem passenden Stützpunkt verbunden werden, so daß man sie von Hamilton Field aus zur Entladung bringen konnte. Clayton wußte mit elektronischen Dingen gut Bescheid, aber Kernphysik gehörte nicht zu seinem Fach, und er war bestimmt nicht der Mann, der mit einer Atombombe hantieren würde. Aber wenn die Bombe durch Drähte zur Entladung gebracht wurde, so erschien es einleuchtend, daß die Entfernung der Drähte die Sicherheit geben würde, daß keine Explosion stattfinden könnte. So stellte er sich die Sache vor. In seinem Hirn allerdings geisterte irgendeine unklare Erinnerung. Er hatte das Gefühl, daß irgendwo ein Trick dabei sein müsse, weil dieser Plan zu einfach war. Aber er konnte sich nicht entsinnen, daß Kyle irgend etwas gesagt hätte, was auf unerwartete Schwierigkeiten oder Gefahren hindeutete.
Das Haupthindernis, das er zu überwinden hatte, waren die Polizeisperren, die alle Straßen, die in die Sperrzone führten, auf einem fünfzehn Kilometer umfassenden Gebiet blockierten. Mit dem Auto konnte er also nicht hinkommen. Er konnte sich der Sperrzone bis auf etwa einen Kilometer nähern, aber dann mußte er zu Fuß weitergehen und die Polizeipatrouillen zu vermeiden suchen.
Wenn er erst innerhalb der Sperrzone war, würde es leichter sein, aber von den Straßen mußte er sich fernhalten, weil die Gefahr bestand, daß er Militärwagen treffen würde, die mit der Installation der Bombe zu tun hatten. Das bedeutete, daß er nur langsam vorwärts kommen würde und vielleicht durch mehrere Flüsse waten müßte, die sich in diesem Gebiet befanden. Es würde mindestens vier Stunden dauern, den Platz zu erreichen, an dem sich die Bombe befand. Vielleicht auch fünf Stunden oder noch mehr. Glücklicherweise kannte er das Gelände und besaß eine große Karte, so daß es ihm keine Schwierigkeiten machen würde, sich zu orientieren.
Es war schon Mitternacht, und darum mußte er aufbrechen. Irgendwo im Schrank neben dem Badezimmer hing ein alter Soldatenrucksack, der für seine Zwecke ideal war. Er holte ihn hervor und packte verschiedene Sachen hinein: Konservendosen und einen
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