Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
stimmten und die Frauen schwanger werden ließen.
    Talithas Familie hielt das Monopol über die Weinstöcke und entwickelte mit der Zeit einen lebhaften Tauschhandel mit den anderen Clans. Während Serophias Clan von diesen Aktivitäten ausgeschlossen blieb und Talitha insgeheim ihren Sieg über die Cousine auskostete, stand eine weitere Entdeckung bevor.
    Es wuchs noch eine andere kostbare Frucht bei der Ewigen Quelle. Die Clans ernteten jeden Sommer so viel Gerste, wie sie brauchten, rösteten die Ähren über dem Feuer und verspeisten die Körner. Als Vergeltung für Talithas Rache riss Serophia das Monopol über die Gerste an sich, wobei sie Talithas Clan beim Tauschhandel geflissentlich überging. Mit der Zeit siedelte sie ihre Familie ebenfalls an der Quelle an, um ihre Vorherrschaft über die Gerste zu sichern. Diese wurde in Körben in Serophias Zelt gelagert und von Serophia entsprechend zugeteilt oder gegen andere Waren eingetauscht. So vergingen die Jahre, bis im Sommer des großen Regens ein zweites Wunder geschah.
    Ein schweres Unwetter bescherte dem nicht vom Regen verwöhnten Jordantal schwere Güsse, die tagelang anhielten. Der Regen drang durch lecke Stellen in den Zeltwänden, durchnässte Schlafstellen und Kleidungsstücke und weichte die in den Körben gelagerte Gerste auf.
    Aus Eigensinn und purem Stolz behielt Serophia die ruinierten Gerstevorräte in ihrem Zelt, um sich vor Talitha nicht zum Gespött zu machen. Bis eines Tages im Herbst einer ihrer Neffen einen merkwürdigen Geruch im Zelt wahrnahm. Als die Familie nach dem Ursprung suchte, fand sie die Körbe zum Bersten angeschwollen und mit einer trüben, streng riechenden Flüssigkeit gefüllt. Serophias Clan kannte die Auswirkungen der Hefe auf im Wasser gequollene Gerste und die daraus resultierende Gärung nicht. Die Ahnungslosen begriffen nur, dass das Gebräu sie belebte und heiter stimmte.
    Mit der Zeit verfeinerten Serophias Nachkommen die Kunst des Bierbrauens, und so entstand ein neues Gewerbe. Weil die Clans weitgehend sesshaft wurden, verwendeten die Menschen ihre Mußestunden zur Herstellung von Schmuck, Werkzeugen, Musikinstrumenten und auf das Gerben von Leder. Auch die Essgewohnheiten veränderten sich. Die Getreidekörner wurden nicht mehr direkt von der Ähre geklaubt und verzehrt, sondern zwischen Steinen gemahlen und mit Wasser zu einer nahrhaften Grütze verarbeitet. Als einmal eine Schale mit Grütze umfiel und der Brei auf die heißen Kochsteine lief, war das Fladenbrot entdeckt, und so entwickelte sich mit der Zeit die Kunst des Brotbackens. Immer mehr Familien siedelten sich im Umkreis der Ewigen Quelle an, und als sie darangingen, ihr eigenes Gemüse anzubauen, das von der Quelle gewässert wurde, entfiel die Notwendigkeit der täglichen Nahrungssuche. Es entstanden feste Ansiedlungen. Damit beschränkte sich der Besitz nicht mehr auf das, was der Einzelne transportieren konnte. Behausungen aus gebrannten Lehmziegeln füllten sich mit persönlicher Habe, mit Krimskrams und nutzlosen Dingen, und zum ersten Mal gab es Menschen mit unterschiedlichem Status: die Reichen und die Armen.
    An die Göttin, die auf wundersame Weise Trauben in Wein und Gerste in Bier verwandeln konnte, richteten sich indessen Gebete in einer ganz neuen Form. Die Fürbitten galten nicht mehr den Toten, der Fruchtbarkeit oder der Gesundheit, vielmehr wurde um Regen für die Frucht auf den Feldern, um eine reiche Ernte und um noch mehr Kunden gebetet.
    Die Armen beteten um Wohlstand und die Reichen um noch mehr Reichtum.

DRITTES BUCH

Das Jordantal

    Vor 10.000 Jahren

    Was Avram betraf, hätte es eine Nacht der Erscheinungen, Kometen und Mondfinsternisse sein können, eine Nacht der Vorboten, die den Jüngsten Tag und Armageddon ankündigten. Es hätte aber auch eine friedliche Sommernacht sein können. Bei Avram wusste man nie, er lebte in seiner eigenen Welt.
    Was hatte er da gerade geträumt! Marit in seinen Armen, so weich und warm, hingebungsvoll an ihn geschmiegt, ihre Hüften und Lippen, die sich ihm entgegendrängten. Ein so leidenschaftlicher Traum, dass Avrams Haut selbst jetzt noch inmitten der Weinberge im kalten Hauch der Morgendämmerung vor Fieber brannte.
    Während er die Sprossen der Leiter zu seinem Ausguck erklomm, über der einen Schulter an einer Kordel aufgefädelte Fladenbrote, über der anderen einen mit Bier gefüllten Schlauch – Avram wollte den ganzen Tag hier nach Marodeuren Ausschau halten –, spürte er die

Weitere Kostenlose Bücher