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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Arme ihrer Mutter und klammerte sich an sie. »Ich liebe dich auch, Mommy.«
    Die bloße Menge von Nippes war erstaunlich. Wohin Angel auch schaute, sah er Truthähne und Pilger und Füllhörner -Kerzenleuchter, Zuckerwerk und Tafelaufsätze. Während er vor dem Kamin stand und die Wärme der Flammen an den Knöcheln spürte, starrte er auf die Reihe von Zierstücken, die auf dem Kaminsims standen. Ein rostfarbener, halb bemalter Truthahn aus Pappmache hockte in der Mitte von all dem. Linas unleserlich gekritzelter Name stand auf einem Flügel.
    Er bewegte sich von Stück zu Stück und betrachtete jedes einzelne. Er fühlte sich, als bewege er sich in der Zeit zurück. Die einzigen fertig gekauften Dekorationsstücke waren Kerzen - alles andere hatte Lina in der Schule gebastelt. Aus der Kindergartenzeit stammte der Truthahn. Die erste Klasse wurde durch einen Pilgerhut repräsentiert, der aus einer Einkaufstüte gefertigt war. Die zweite Klasse war ein Topf aus glasiertem Ton in Form und Farbe eines Kürbis.
    Bei diesem Stück verweilte er und strich mit den Fingern über die glatte Oberfläche. Mit jedem Jahr konnte er sehen, welche Fortschritte sie beim Schreiben und mit ihren künstlerischen Fähigkeiten gemacht hatte. Er versuchte, sie sich als Fünfjährige mit langen, schwarzen Zöpfen und einem Zahnlücke-Lächeln vorzustellen, wie sie mit ihrem neuesten Schatz durch die Haustür stürmte, aber es gelang ihm nicht recht und dieses Unvermögen machte ihn traurig. Er hatte so viel von ihrem Leben verpasst... so viel... und es gab kein Zurück. Keine Rückforderung der verlorenen Jahre.
    Erntedankfest.
    Er zwang sich, nicht an die Vergangenheit zu denken, sondern stattdessen in die Zukunft zu blicken. Es stimmte, er war nicht da gewesen, um sie an ihrem ersten Lebenstag zu halten oder ihre Hand an ihrem ersten Schultag zu fassen, aber jetzt war er hier und er würde nirgendwo mehr hingehen. Er würde an ihrem Hochzeitstag da sein und er würde sein erstes Enkelkind zur Schule begleiten.
    Er wandte sich ab, dachte, dass das schmerzliche Aufwallen von Gefühlen in seiner Brust sich irgendwie in perfekt passende Worte von Liebe übersetzen lassen müsste, aber nichts kam heraus.
    Stattdessen schaute er ihnen zu, den Frauen in seinem Leben. Madelaine war damit beschäftigt, nach Rezept eine fettarme Soße zuzubereiten - doch nach ihrem zerknirschten Gesichtsausdruck zu urteilen, ging das nicht so gut. Lina deckte den Tisch.
    Solche Vorbereitungen für ein Essen hatte er nie gesehen. Ma hatte sich am Erntedankfest nie Mühe gegeben, das wusste er gewiss. Plötzlich kam ihm eine Erinnerung an diesen Feiertag aus seiner Kindheit.
    »Wer möchte weißes Fleisch?« Er konnte die heisere Stimme seiner Mutter durch die schmuddelige Dunkelheit des Wohnwagens bellen hören. Niemand antwortete. Eine Minute später kam sie aus der Küche gewankt, zwei dampfende Portionen Truthahn vom Schnellimbiss balancierend, und stellte sie auf dem braunen Kunststofftisch ab. »Deins steht auf dem Bord, Angel. Drei konnte ich nicht tragen.«
    Sie hatte nicht einmal die ersten Bissen geschafft, als der Schnaps zu wirken begann. Mitten im Satz fiel sie, das Gesicht voran, in das Kartoffelpüree und die Soße. Er und Francis hatten gelacht, bis ihnen Tränen die Wangen hinunterliefen, dann ihre Blechtabletts ins Wohnzimmer getragen. Gemeinsam hatten sie sich auf das durchgesessene Sofa gesetzt, gegessen, ferngesehen und geredet.
    Brüder ...
    »Das Essen ist fertig.« Madelaines Stimme brachte Angel in die Gegenwart zurück. Die dunklen Erinnerungen an die Vergangenheit schwanden.
    Er blinzelte und schaute auf den Tisch. Er war lang und oval, mit einem weißen Leinentischtuch bedeckt. Darauf standen flackernde Kerzen und Anrichteplatten mit Essen. Er löste sich vom Kamin und begab sich zu der Essecke.
    Auf halbem Wege blieb er stehen. Farbspritzer störten das perfekte Weiß des Tischtuchs und er brauchte eine Sekunde, um zu erkennen, was er sah. Auf dem Tuch waren drei Paar farbiger Handabdrücke. An einem Ende des Tisches, zu beiden Seiten des weiß und burgunderrot gemusterten Porzellans, waren zwei marineblaue Handabdrücke und daneben waren sorgfältig der Name und das Datum geschrieben. Madelaine, 1985, stand neben dem einen. Neben zwei winzigen roten, links davon, war Lina zu lesen.
    Am Kopfende des Tisches zwei gelbe Handabdrücke, kräftig und allein. Francis.
    Über den Tisch hinweg traf sein Blick Linas. »Wir... wir haben die vor

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