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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Bedauern darüber zu empfinden, wie er sein Leben vergeudete, und er wusste, dass er es wieder versauen würde, wenn ihm die Gelegenheit dazu gegeben werden würde.
    Aber Francis liebte ihn - hatte ihn jedenfalls geliebt. Wahrscheinlich tat er das nicht mehr - nach all dem. Nach all diesen trunkenen Tiraden, dem aggressiven Spott, den grausamen Scherzen, die Angel auf Kosten seines Bruders gemacht hatte. Francis hatte immer gewusst, dass er das Lieblingskind in der Familie war, die einzige Eintrittskarte ihrer Mutter in den Himmel, und er hatte sich immer wegen ihrer einseitigen Zuneigung geschämt, sich so oft entschuldigt. Aber Angel hatte ihm nie zuhören wollen. Es schmerzte zu sehr, der Ausgeflippte zu sein, derjenige, der von der Polizei nach Hause gebracht wurde, der Verlierer. Er hatte sich bewusst trotzig und abscheulich verhalten, gehofft, dass niemand seine innere Qual und seinen Schmerz bemerkte, sein Gefühl, wertlos zu sein. Aber Francis hatte das natürlich bemerkt und es verstanden und ihm verziehen. Angel hatte dieses Verzeihen immer wieder erlebt, seine tröstende Wärme gespürt. Dennoch konnte er die Brücke zurück zur Bruderschaft nicht überqueren, konnte niemals seine Hand ausstrecken und lächeln und sagen mein Bruder, so, wie er es wollte. Konnte sein Temperament nie lange genug zügeln, um sich zu entschuldigen.
    Und so war er allein.
    Jemand klopfte an seine Tür und sie wurde geöffnet, bevor er antworten konnte.
    Madelaine trat in das Zimmer, ein angespanntes, falsches Lächeln auf dem Gesicht, das in ihren Augenwinkeln Fältchen entstehen ließ. Er bemerkte zum ersten Mal, dass sie keine Lachfältchen hatte, weder um den Mund noch um die Augen, und er überlegte, woran das liegen mochte.
    Sie starrte ihn an. »Ich habe gelogen und berichtet, dass du kein psychologisches Risiko für die Transplantation bist.«
    »Toll. Ich werde einfach hier liegen bleiben und hoffen, dass jemand von einem Bus überfahren wird. He, versuch, mir die Pumpe eines Athleten zu besorgen, ja? Ich steh auf wilden hemmungslosen Sex.«
    Er sagte das, um zu sehen, ob sich wenigstens für eine Sekunde eine menschliche Regung in diesen Augen zeigte, die ihn einmal angeschaut hatten, als hätte er die Sterne an den Himmel gehängt.
    Sie sah ihn voller Enttäuschung an. Gott, er hatte diesen Blick tausendmal in seinem Leben gesehen. Es war nicht die Emotion, die er gewollt hatte, und sie machte ihn sauer. »Schau mich nicht so an.«
    »Du wirst eine Weile hier sein, Angel. Francis wird dich besuchen wollen.« Sie reichte ihm ein Stück Papier. »Hier ist die Telefonnummer.«
    »Nein.« Das Wort kam einfach heraus und ihn überraschte die Heftigkeit, mit der er es gesagt hatte. Er wusste im gleichen Augenblick, dass er sich geirrt hatte. Er hatte seine Verwundbarkeit auf den Boden zwischen ihnen geworfen. »Ich meine, ich Vvill keine Besucher. Ich bin eine Berühmtheit«, sagte er und bemerkte zu spät, dass er schrie. »Ich will nicht, dass jemand weiß, dass ich hier bin.«
    »Er ist dein Bruder, Angel. Kein Reporter.« Sie trat näher zu ihm. »Tu ihm das nicht an, Angel. Er ist nicht wie du. Er ist schnell verletzt.«
    Nicht wie du, Angel. Gott, sie kannte ihn überhaupt nicht. Andernfalls würde sie Angel DeMarcos dreckiges kleines Geheimnis kennen, nämlich das, dass er der am leichtesten verwundbare lebende Mensch auf Erden war. »Ganz ehrlich. Was ist? Bist du mit ihm verheiratet oder was?«
    Sie seufzte. »Schlaf ein wenig, Angel.«
    Dieses unerwartete Ausweichen brachte ihn durcheinander. Sie hatte seine Frage nicht beantwortet und ihr Schweigen erfüllte ihn mit Zweifeln. Was, wenn sie Francis wirklich geheiratet hatte? Oder mit ihm zusammenlebte oder seine große und einzige, wahre Liebe war?
    Angel hatte dies nie in Erwägung gezogen. In all diesen Jahren hatte er sich Francis als den perfekten Gemeindepfarrer vorgestellt und dass Madelaine wegen des Verlustes ihrer ersten Liebe dahinkümmerte. Aber Madelaine verzehrte sich nicht vor Kummer - sah nicht aus, als ob sie sich je deshalb verzehrt hätte. Vielleicht hatte er sich in Francis ebenso geirrt wie in ihr. Vielleicht hatte sein Bruder das Priesterseminar sausen lassen und war an den Stadtrand gezogen. Vielleicht verkaufte er Cadillacs bei dem Gebrauchtwagenhändler an der Ecke...
    Nicht ein einziges Mal in all diesen Jahren war Angel der Gedanke gekommen, dass er eine weit offene Tür hinter sich zurückgelassen haben könnte und dass Francis -

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