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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Weile vergessen hatte, dass sie überhaupt existierten. Bis zu einem Tag wie diesem, als seine Unzulänglichkeiten freigelegt wurden.
    Seine Gedanken flogen wie die Schnur eines Anglers durch die gähnende Dunkelheit des Zimmers. Die Jahre wichen vor ihm und nahmen ihn mit zurück, immer weiter zurück.
    Es war ein atemberaubend schöner Sommerabend gewesen, eine Woche, bevor er Madelaine verraten hatte. Er erinnerte sich deutlich daran - ein Mitternachtshimmel mit dem bläulichen Weiß eines Vollmondes, dem Rauschen von Ahornblättern über ihnen und den fernen Geräuschen eines Jahrmarktes.
    Komm, Angel, geh mit mir auf das Riesenrad. Ich bin noch nie auf einem gewesen ...
    Er hörte deutlich, wie zärtlich ihre Worte waren, an seinem Ohr geflüstert, erinnerte sich an das sanfte Zupfen ihrer Hand, als sie ihn mit sich zog.
    Es war ein Riesenrad wie kein anderes gewesen. Er spürte den Sitz unter sich erbeben, schwanken, hörte das Quietschen, als es sie hoch und höher brachte, immer höher, hinein in den sternübersäten Himmel.
    Als er nach unten schaute, sah er eine völlig neue Welt. Verschwunden war der Flitter des Jahrmarktes, der Schmutz unter den gleißenden Lichtern und die schäbige Billigkeit der Gewinne aus den Losbuden. Stattdessen sah er es so, wie sie es sah. Lichter, Bewegung. Magie.
    Er hielt sie in dieser schwankenden Gondel fest, klammerte sich an sie, begehrte sie mit all der angestauten Verzweiflung eines siebzehnjährigen Jungen, der zum ersten Mal in seinem Leben verliebt ist. Seine Hand war über ihren Arm geglitten, hatte die Weichheit ihrer Haut gespürt und die plötzliche Gänsehaut, die seine Berührung auslöste.
    Daraufhin wandte sie sich zu ihm und dieser Augenblick war in das ermattete Organ eingeprägt, das sein Herz war -ihr vom Wind zerzaustes Haar, ihre vor Liebe leuchtenden Augen, ihr Gesicht, von hinten erleuchtet von einer Decke aus Sternen und Mondschein. Ich liebe dich, Angel DeMarco.
    Er erwiderte die stumme Erklärung, spürte das demütigende Brennen von Tränen, die er nicht fortwischte. In dieser Sekunde fühlte er sich bei ihr sicher, sicher genug, um zu weinen, und sie beide wussten es.
    Danach spazierten sie Hand in Hand die breite Gasse entlang und Angel war wieder von dem Zauber all dessen hingerissen. Er erinnerte sich, was für ein Gefühl es gewesen war, in dieses Phantasieland gespült zu werden. Eine berauschende, benommen machende Zeit für einen Jungen, der in einem baufälligen Wohnwagen der falschen Seite der Stadt aufgewachsen war mit einer Mutter, die Alkoholikerin war.
    Er gab sein Geld an einer Bude nach der anderen aus, gewann Stofftiere und ein Weinglas und ein billiges Pfeil-und-Bogen-Set. Aber es war der letzte Gewinn, an den er sich am deutlichsten erinnerte.
    Die Ohrringe, flüsterte sie ihm zu und deutete auf ein Paar grellroter Metallreifen. Er wusste sofort, warum sie sie wollte -sie waren so knallig und billig, dass Alex entsetzt sein würde, wenn er sie in ihrem Besitz fand. Bei ihr, mit ihren Perlen und Diamanten und Smaragden, das arme kleine reiche Mädchen, das nie ein Schmuckstück vom Jahrmarkt besessen hatte.
    Es kostete ihn acht Dollar in Fünfundzwanzigcentstücken, um ihr die Ohrringe endlich in die Hand legen zu können. Aber der Blick, den sie ihm schenkte, war jeden Cent wert.
    Danach spazierten sie zum Carrington Park und streckten sich unter einer hundertjährigen Eiche aus, eng umschlungen, in inniger Umarmung, während sie zum Nachthimmel hinaufstarrten. Sie sprachen von immer und ewig, vertrauten sich Geheimnisse an und machten einander Versprechungen, träumten laut von ihrer Zukunft.
    Er hielt sie, küsste sie und schwor, immer für sie da zu sein.
    Die Morgendämmerung spülte ihre Nacht in rosa und purpurnen Farbtönen davon. Als sie sich zum Gehen erhoben, nahm Madelaine die Ringe von ihren Ohren ab und starrte darauf. »Ich kann sie nicht mit nach Hause nehmen. Mein Vater... er kontrolliert meine Sachen.«
    Er griff nach ihnen. »Ich werde sie aufbewahren.«
    »Komm, wir lassen sie hier. Auf diese Weise wird ein Teil von uns immer unter diesem alten Baum existieren. Wenn wir alt sind, können wir mit unseren Enkeln hierher zurückkommen.«
    Ach, er konnte sich noch daran erinnern, an die überwältigende Liebe, die er in diesem Augenblick für sie empfunden hatte.
    Sie wickelten die billigen roten Ohrringe in eines von Madelaines teuren, mit Monogramm bestickten Taschentüchern und vergruben ihren Schatz am Fuße

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