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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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des Baumes.
    Danach schaute sie ihn an und ihre Augen waren feucht von Tränen. »Ich muss jetzt heimgehen«, flüsterte sie.
    Als er sie das nächste Mal sah, saß sie auf der wackeligen alten Couch seiner Mutter und erzählte ihm von dem Baby.
    Er wusste, dass er damals die falschen Dinge gesagt hatte, aber er hatte nicht gewusst, was er sagen sollte. Er war so verdammt verängstigt. Eine Woche später rief er bei ihr zu Hause an und legte auf, als ihr Vater sich meldete. Schließlich fuhr er zu ihrem Haus und sah die eisernen Gitterstäbe, die vor ihrem Schlafzimmerfenster angebracht worden waren. Und er wusste, was geschehen war: Alex hatte herausgefunden, dass sie ein Baby erwartete.
    Er hatte kehrtmachen und davonlaufen wollen, einfach nur weg, weg. Er hätte es fast getan, doch dann sah er etwas - einen Schatten, der durch das helle Licht in ihrem Schlafzimmer ging - und dachte an diesen Augenblick auf dem Riesenrad. Ich liebe dich, Angel.
    Die Erinnerung daran gab ihm den Mut, sein Fahrrad abzustellen. Er schlug den Kragen gegen den strömenden Regen hoch, ging über den Weg zu der breiten Haustür und klopfte laut.
    Ein Schlurfen von Schritten war zu hören, ein Klicken von Metall auf Metall. Dann öffnete sich die Tür.
    Und Gott stand im Türrahmen, trug einen Anzug von Brooks Brothers und hielt ein Martiniglas in der Hand. Angel hatte noch nie zuvor einen Mann gesehen, der so groß und überwältigend war, so beängstigend. Er hatte eine Stimme, die wie ein Nebelhorn in der Dunkelheit dröhnte. So, du bist also der kleine Spaghettifresser, der meine Tochter gevögelt hat.
    Der Rest der Begegnung war so verschwommen wie immer, in einem Nebel von Scham und Bedauern. Statt an die tatsächliche Abfolge der Ereignisse, erinnerte er sich nur an Bruchstücke ihrer Unterhaltung, an Worte, die wie Rasierklingen durch sein Herz und seine Seele schnitten.
    Wer glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du hier einfach an meine Tür klopfst, als ob du hierher gehörtest? Du bist nichts. Nichts.
    Mit jedem Wort, das wie ein Schlag ausgeteilt wurde, fühlte Angel, dass er immer kleiner und kleiner wurde, bis am Ende überhaupt nichts mehr von ihm übrig geblieben war.
    Was kostet es, Junge, dich aus ihrem Leben verschwinden zu lassen? Eintausend Dollar, fünftausend, zehntausend? Wie wär's, wenn ich deine betrunkene Mutter rausschmeiße? Glaubtest du, ich wüsste nicht, dass sie in meiner Fabrik arbeitet? Die Welt ist voller Überraschungen, nicht wahr?
    Es dauerte eine Minute, bis Angel die Bedeutung der Worte verstand. Alex bot ihm einen Ausweg ...
    Zehntausend Dollar, Junge. Denk doch mal nach ...
    Er wollte nicht darüber nachdenken, versuchte, es nicht zu tun, aber das Angebot brachte ihn in Versuchung.
    Du bist kein Held, Junge. Nimm das Geld.
    Angel schloss seine Augen, hörte, sah, fühlte dies alles wieder, diesen Augenblick, der ihn für immer geprägt hatte. Er hätte Alex nicht in das Haus folgen sollen, aber er hatte es getan. Er hätte nicht in dieses dunkle, in Schatten getauchte Büro gehen sollen, aber er hatte es getan. Er erinnerte sich plötzlich an dies alles - an das Geräusch der Schreibtischschublade, die sich öffnete, an das Ratschen des Schecks, als Alex ihn aus seinem Heft riss.
    Angel dachte jetzt an die Augenblicke, die Sekunden, in denen er hätte nein sagen können. Bis zum letzten Herzschlag, als er den Scheck in seiner Hand hielt und all diese Nullen gesehen hatte.
    Alex hatte Angels Unsicherheit gespürt, sie gerochen und mit dem untrüglichen Instinkt des Jägers zum Todesstoß angesetzt.
    Was wirst du Madelaine denn bieten können? Ein Leben in einem schäbigen Wohnwagen, ein Bier zu deinem Abendessen vorm Fernseher nach der Arbeit? Und was wird aus dir? Willst du den Rest deines Lebens damit verbringen, wie deine Mutter Toilettenpapierrollen vom Band zu reißen? Oder wirst du nehmen, was ich dir anbiete, und aus dieser Stadt verschwinden?
    Angel hatte an seine Eltern gedacht - dreißig Jahre, die sie am Fließband gestanden hatten, nur um nach Hause zu kommen und sich zu besaufen und ihren Sohn zu verprügeln, dass ihm Hören und Sehen verging. Sein Vater war vor seinem vierzigsten Geburtstag an Alkoholvergiftung gestorben.
    Alex fuhr unerbittlich fort, wedelte mit dem Scheck vor Angel. Ich habe eine Million Burschen wie dich in meinem Leben gesehen. Du bist nichts, bringst es zu nichts. Du bist nicht gut genug, um ihre scheißeverschmierten Schuhe abzulecken.
    Angel versuchte es.

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